26 | 12 | 2022 | Schweiz | Praxis | 0 | 11612 |
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Schweizer Top-Gewässer für Seeforellen
Als «Königin der Alpenseen» gilt die Seeforelle. Sie bringt jeden Schweizer Petrijünger zum Träumen und früher oder später in Versuchung. Wo lohnen sich die berüchtigten tausend Würfe, um sich den Traum vom grossen Silberschatz zu erfüllen?
Das wichtigste Seeforellen-Datum der Deutschschweiz ist der 26. Dezember. Am Stephanstag sind auf einen Schlag der Vierwaldstättersee samt Urnersee, der Walensee, der Zugersee und der Zürichsee zum Fischen auf den silbernen Räuber eröffnet. Längst am Auswerfen sind zu diesem Zeitpunkt die Petrijünger am Lac-de-Joux, wo die Saison bereits am 16. Dezember beginnt. Auch im Tessin ist man am 20. Dezember noch vor Weihnachten auf den beiden Seen. Am Bodensee geht es am 10. Januar los und am 17. Januar an den grossen Westschweizer Seen Genfer- und Neuenburgersee. Am längsten währt die Vorfreude im Kanton Bern, wo die Seeforellenpirsch erst am 1. Februar eröffnet wird.
Der Eröffnungstag ist an den grossen Alpenseen ein besonderes Datum und zum Saisonauftakt ziehen hunderte Boote zum Seeforellenschleppen die Runde auf den Seen. Nach wie vor ist diese traditionsreiche und ausgefeilte Schleppfischerei die populärste und vermutlich effektivste Methode, um an die im Freiwasser umherziehenden Räuber zu kommen. Aber auch das Spinn- und Uferfischen ist nicht zu unterschätzen. Jedes Jahr fangen versierte Spinnfischer vom Ufer aus ihre Forelle und übertreffen puncto Grösse manchmal sogar die auf dem See schleppenden Kollegen. So oder so braucht das Seeforellenfischen nebst Geschick und Gewässerkenntnis auch viel Geduld und Glück. Es lockt aber ein unvergesslicher Fang: Ein schimmernder Silberbarren voller Kraft, der einen spektakulären Kampf und delikate Gaumenfreuden verspricht.
Forellenland Schweiz
Die Auswertung der «Petri-Heil» gemeldeten «Kapitalen Fänge» von 1961 bis 2022 macht deutlich: Die Schweiz war und ist immer noch ein Forellenland. Nicht mal die kapitalen Hechte reichen den Grossforellen das Wasser. Allerdings ist die Unterscheidung von Bach-, Fluss- und Seeforelle unscharf, und wie wir inzwischen wissen, handelt es sich um Lebensraumtypen ein und derselben Art Salmo trutta («Petri-Heil» berichtete in Ausgabe 10/2020). Doch mit der Trennung von im See gelandeten «Seeforellen» und in Fliessgewässern gelandeten «Bach-», beziehungsweise «Flussforellen» wird man der Sache auch nicht ganz gerecht. Denn die im See lebenden Forellen halten sich vor und nach der Laichzeit in den Zuflüssen auf und werden dort auch gefangen. Man kann davon ausgehen, dass es sich bei den 890 aus dem Rhein und 690 aus der Reuss (!) als «Seeforellen» gemeldeten Fängen zu einem Grossteil tatsächlich um Forellen aus dem Boden- und Vierwaldstättersee handelt. Dasselbe gilt auch für die grossen und blanken Flussforellen aus der Aare, Limmat oder dem Linthkanal. Auch das Umgekehrte gibt es regelmässig: Rotgepunktete «Bachforellen», die im See angelandet werden. Besonders ausgeprägt ist das an den grossen Oberengadiner Talseen und an den Bergseen. Blendet man trotzdem alle kapitalen Forellenfänge aus Fliessgewässern aus, fällt dennoch eine grosse Gewässervielfalt auf. Überdurchschnittlich grosse (See-)Forellen wurden aus 47 stehenden Gewässern gemeldet, davon zu mehr als der Hälfte aus 28 kleineren Seen. Darunter zahlreiche Bergseen und einmal mehr die ertragsstarken Stauseen. Doch handelt es sich oft um gemeldete Einzelfänge von grossen Individuen. Dazu zählt auch der Schweizer Allzeitrekord aus dem Silvaplanersee von Yannik Durand (2001), bis heute die einzige aus diesem See gemeldete kapitale Forelle. Konstanter und in deutlich grösserer Zahl fallen die Fangmeldungen an den grossen Seeforellengewässern aus. Dicke Silberbarren in die «Kapitalen Fänge» unseres Magazins stemmen vor allem Fischer am Zürichsee mit Obersee (181), Zugersee (86), Neuenburgersee (81), Bodensee (78), Thunersee (58), Vierwaldstättersee (54), Walensee (47), Murtensee (27), Genfersee (17) und als Vertreter eines eher untypischen Seeforellengewässers der Sihlsee (11). Dass die Tessiner und Westschweizer Seen deutlich untervertreten sind und einige für gute Seeforellen bekannte Gewässer wie der Lac-de-Joux bisher noch gar nie (!) mit einer kapitalen Seeforelle im «Petri-Heil» vertreten waren, erklären wir mit der Zurückhaltung der betreffenden Fischergemeinde bei Meldungen. Das gilt auch für den Brienzersee (8), welcher sich bei näherer Betrachtung der Fangstatistiken punkto Seeforellen als überraschend ertragreich entpuppt.
Zuger- und Vierwaldstättersee vorne
Vergleicht man die Seeforellenerträge aus der Fischereistatistik (Durchschnitt der Jahre 2015 bis 2019, fischereistatistik.ch) miteinander, fällt auf: Die Abschöpfung der Seeforellenbestände durch die Berufs- und Angelfischer fällt teils sehr unterschiedlich aus. Und nicht immer haben die Berufsfischer die Nase vorn, denn an acht der achtzehn erfassten grossen Seen sind die Angelfischer effizienter beim Fang der mobilen Freiwasserjäger. Besonders ausgeprägt trifft das auf den Genfer-, Vierwaldstätter-, Zuger-, Thuner-, Brienzer- und Walensee zu. Unverkennbar besser als die Angelfischer schneiden die Berufsfischer hingegen am Neuenburgersee, Bodensee, Zürichsee und erstaunlicherweise am Lac-de-Joux ab. Auch am Bielersee fangen die Berufsfischer auf einem tieferen Zahlenniveau deutlich mehr Seeforellen. Am Greifensee wiederum sind es die Angelfischer, die hier auf einem tiefen Niveau bessere Silberbeute machen als die Netzfischer. Mögliche Gründe für diese Unterschiede dürften vielseitig sein: regionale Unterschiede der Fischer und ihrer Vorlieben, das Verhalten und die Schwimmtiefe der Seeforellen, eine mehr oder weniger genaue Erfassung der Fänge … So oder so sind die Statistiken mit Vorsicht zu geniessen und entsprechen oft nicht den tatsächlichen Verhältnissen auf und unter Wasser. Sich darauf einen Reim machen und sich zu den berüchtigten tausend Würfen motivieren lassen kann man trotzdem.
Hierzu ein spannender Anhaltspunkt sind die Forellenfänge in Bezug auf die Seefläche. An der Spitze ist der Zugersee mit knapp 15 Seeforellen auf einen Quadratkilometer, gefolgt vom Vierwaldstättersee (14) und überraschenderweise dem Brienzersee auf dem sensationellen dritten Platz mit knapp dreizehn Forellen, ohne die zahlreichen Untermassigen mitgezählt! Auch der vergleichsweise kleine Ägerisee ist in den Top Ten und sticht die bekannten Seeforellenseen Zürich-, Neuenburger- und Bodensee aus. Gerade für den Uferfischer dürften die Chancen auf eine Traumforelle an einem der zahlreichen kleineren Alpenseen daher besser stehen als an den riesigen Wasserflächen.
Alpine Seeforellen
Die bekanntesten Gewässer in dieser Kategorie sind sicher die drei Oberengadiner Seen Silser-, Champferer- und St. Moritzersee, deren Saison jeweils am 1. Mai beginnt. Im Kanton Graubünden findet man Seeforellen zudem in einigen grossen Stauseen wie dem Marmorerasee, Sufersersee, St. Maria, Lai da Nalps, Lai da Curnera, Zervreila-See, Lago di Poschiavo, Lago di Lucomagno und Lago di Lei. Zu den alpinen Seeforellenspots gehören auch der Innerschweizer Klöntalersee und der Wägitalersee. Als weitere interessante Seeforellenreviere in höheren Lagen gelten auch der Freiburger Schwarzsee, der Waadtländer Lac de Montsalvens und Lac de l`Hongrin und die grossen Tessiner Bergseen (Lago del Sambuco, Lago del Naret, Lago Ritom). Im Kanton Uri gelten der Seewli See, der Seenalper See und der Spilauer See als «Seeforellengewässer», wohingegen es von den Walliser und Berner Bergseen heisst, dass es diesen Forellentyp nicht gibt.
Auf zur Schatzsuche!
Die Seeforelle schwimmt schnell und macht Strecke. Aufmerksam und mit einem feinen Sensorium ausgestattet, durchstreift sie die Weite des Sees auf der Suche nach Beute. Nur selten verweilt sie länger an einem Platz. Dementsprechend erhöht das systematische Schleppfischen unsere Chancen, auf aktive Seeforellen zu treffen und sie zu erwischen. Die Schleppfischerei ist in unserem Land mit Abstand die populärste Methode auf die begehrte Seekönigin. Über Details dieser komplexen Fischerei haben wir bereits mehrfach berichtet, so etwa im ausführlichen Praxisartikel der «Petri-Heil»-Ausgabe 11/2020 oder in der mehrteiligen Serie über das Rutenschleppfischen vor genau einem Jahr. Doch das Schleppen entspricht nicht allen unter uns und das Spinnfischen auf Seeforellen bietet auch ohne das erhoffte Fischerglück eine Garantie für intensive Fischertage. Ausführlich über die Seeforellenpirsch vom Ufer aus hat zuletzt Daniel Luther in der Ausgabe 04/2019 berichtet. Du hast Dich für Dein Eröffnungsgewässer entschieden und möchtest Dich an die «Herausforderung in Silber» wagen? Dann legen wir Dir zur Einstimmung die Lektüre von Nils Andersons Seeforellenbericht in der Ausgabe 1/2021 nahe.
Interview Andrin Krähenbühl
Warum fasziniert die Seeforelle?
Zu Beginn ihres Lebens muss eine Forelle eine wichtige Entscheidung treffen. Soll sie im Bach bleiben oder stromabwärts in einen Fluss oder See wandern? Es ist ein Risiko, aber die Belohnung kann auch gross sein. Sollte sie es schaffen, mit 50 oder gar 70?Zentimetern nach einigen Jahren zum Laichen zu erscheinen, kann sie viel mehr Eier ablegen als eine kleine (Bach-)Forelle, und die Laichgrube kann auch im gröberen Sediment ausgehoben werden. Jene Fische, die im See überleben und lang und schwer werden, sind selten. Sie sind kampfstark und meist auch misstrauischer als die kleineren Artgenossen. Es ist also schon etwas Spezielles, eine Seeforelle nur schon zu sehen, geschweige denn zu fangen.
Wo versuchst Du am liebsten Dein Seeforellenglück?
Für mich bedeutete die Seeforellenpirsch immer schon viel. Das unablässige Werfen hinaus in die Weiten der kalten und tiefen Seen hat etwas Meditatives, gerade weil die Fangchancen schlecht sind. Aber als Seeforellenfischer muss man optimistisch sein und darf die Sache vielleicht auch nicht allzu ernst nehmen. Mit ein paar Kollegen zusammen im Winter den Seeufern im Berner Oberland oder auch am Lac-de-Joux entlangzulaufen, ist einfach schön. Nichts zu fangen ist da eigentlich Standard; was mich auch nicht stört. Alles andere ist Bonus.
Geht es auch mit weniger als 1000 Würfen?
Vom Ufer ist das zwar schwierig, aber mit viel Glück ist alles möglich. Sicher gehören auch gutes Material und etwas Ortskenntnis dazu. Die Köder müssen weit fliegen und die Köderführung muss etwas eingeübt werden. Vor einigen Jahren hatte ich noch mehr Zeit, heute muss ich auch eher auf das Glück hoffen. Wenn man wenig Zeit hat, hilft es manchmal, sich auf die Morgen- und Abendstunden zu fokussieren.
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