[Schwarzmeergrundeln sind eine Plage:] Essen wir sie!
06 | 10 | 2017 Schweiz | PraxisText & Fotos: Ruben Rod | Robin Hrovatic 012893
06 | 10 | 2017 Schweiz | Praxis
Text & Fotos: Ruben Rod | Robin Hrovatic 0 12893

Schwarzmeergrundeln sind eine Plage: Essen wir sie!

Nicht nur die inzwischen weltweit verbreitete Zebramuschel fand ihren Weg aus dem Schwarzen Meer durch den Rhein-Main-Donau-Kanal zu uns – auch die Schwarzmeergrundeln haben sich in den letzten Jahren bis zum Rhein bei Basel ausgebreitet.


Inzwischen sind im Basler Rhein die beiden Arten Schwarzmundgrundel (Neogobius melanostomus) und die Kesslergrundel (Ponticola kessleri) in grosser Zahl anzutreffen. Man spricht bereits von einer veritablen Plage und befürchtet starke Auswirkungen dieser bodenbewohnenden Raubfische auf das Ökosystem Rhein. Ein Zwischenbericht des Kantons Aargau berichtet vom Vorkommen dieser Grundeln bis hinauf zum Kraftwerk Rheinfelden. Schaffen es die Schwarzmeergrundeln auch noch weiter hinauf in die Aare, die Limmat oder die Reuss? Um dieses Szenario zumindest vonseiten der Fischerei zu verhindern, weist die Fischereiverwaltung beider Basel auf einem Merkblatt die Fischer darauf hin, dass Schwarzmeergrundeln nach dem Fang zu töten sind und nicht als Köderfische verwendet werden dürfen.
Wir beschliessen, uns ein eigenes Bild dieser als dramatisch beschriebenen Situation am Rhein bei Basel zu machen und einen kleinen Beitrag zur Dezimierung der Schwarzmeergrundeln zu leisten. Wir machen uns nachmittags auf nach Basel, wo wir uns unterhalb des Kraftwerks Birsfelden installieren und eine fischereiliche Momentaufnahme der Grundelsituation vornehmen. Die Aussicht auf ein gutes Abendessen motiviert uns zusätzlich, da die kleinen Biester gut schmecken sollen. Damit verstossen wir nicht gegen die Regeln und müssen keine toten Fische irgendwohin entsorgen. So nehmen wir den portablen Grill auch gleich mit ans Wasser. Mit dem Termin haben wir Glück und geniessen bei vollem Sonnenschein einen der letzten Hitzetage.


Einfache Montage

Wir fischen mit einer Montage, die einfacher nicht sein könnte: ein kleines Laufblei (5 - 10 g) gefolgt von etwa 15 cm Vorfach und einem kleinen Wurmhaken (Gr. 12-18) bestückt mit einem halben oder ganzen Kompostwurm. Wir werfen unsere Köder wenige Meter vor unseren Füssen zur nächsten Steinpackung aus. Kaum sind unsere Montagen auf den Grund gelangt, erfolgen die ersten Bisse. Dass das so schnell geht, verblüfft uns dann doch etwas. Können das wirklich schon die gesuchten Schwarzmeergrundeln sein? Oder haben wir gerade zufällig eine Stelle mit vielen Weissfischen getupft, die sich auf unsere Würmer stürzen? Als kurz darauf die ersten Schwarzmundgrundeln an der Montage zappeln, ist der Fall klar: Es sind tatsächlich die berüchtigten Neozoen! Robin fischt an derselben Stelle weiter und befördert eine Grundel nach der anderen ins Körbchen.


Hotspot? Oder ists überall so?

Haben wir auf Anhieb gleich einen Grundel-Hotspot gefunden? Ruben will es genauer wissen und fischt dem Ufer entlang weiter flussaufwärts. Nach einiger Zeit kommt er wieder zurück und meint, dass sich durchgehend genau dasselbe Bild zeigt: Biss folgt auf Biss. Es scheint kaum eine Rolle zu spielen, wohin und wie weit die Montage ausgeworfen wird. Vielmehr sind wir darum bemüht, ein Gefühl dafür zu kriegen, wann und wie der Anschlag erfolgen soll. Denn die Frequenz der Bisse ist wesentlich höher als die aus dem Wasser beförderten Grundeln. Die kleinen und durch hektische Bewegungen auffallenden Räuber scheinen Meister im Würmerabfressen und Hakenabschütteln zu sein. Auch ein Versuch mit kleinen Gummiködern am Mini-Jig führt zu zahlreichen (Fehl-)Bissen. Wer es hier auf andere Arten als Grundeln abgesehen hat, ist nicht zu beneiden. Ständig abgefressene Köder und zahllose Fehlbisse müssen nervtötend sein.

 Vor dem Kraftwerk beissen die kleinen Biester wie wild. Ist dies ein Grundel-Hotspot, oder ist es überall so?

Vor dem Kraftwerk beissen die kleinen Biester wie wild. Ist dies ein Grundel-Hotspot, oder ist es überall so?

 Eigentlich egal wo – offensichtlich ist der Rhein ein einziger, grosser Schwarzmeergrundel-Hotspot. Beängstigend!

Eigentlich egal wo – offensichtlich ist der Rhein ein einziger, grosser Schwarzmeergrundel-Hotspot. Beängstigend!

 Die Kleinen sind richtige Profis im Abknabbern der Köder und im Hakenabschütteln. So kann leider nicht jeder Fisch, der beisst, auch gelandet werden.

Die Kleinen sind richtige Profis im Abknabbern der Köder und im Hakenabschütteln. So kann leider nicht jeder Fisch, der beisst, auch gelandet werden.


Genug gefangen

Nach ungefähr zwei Stunden Zupfen wird uns langsam etwas langweilig. Der anfängliche Reiz durch die hohe Bissfrequenz nutzt sich recht schnell ab. Rubens Puls geht einmal kurz in die Höhe, als es plötzlich eine unerwartet heftige Gegenwehr gibt und ein grosses Rotauge seine silbernen Flanken zeigt. Bei diesem einzelnen alteingesessenen Rheinfisch bleibt es aber: alle weiteren Fische sind ausnahmslos Schwarzmundgrundeln. Als rund 40 davon im Körbchen liegen, haben wir uns an der neuen Art sattgesehen und legen die Ruten beiseite. Bei einem kühlen Bier diskutieren wir über diese Grundelschwemme. Der Fangerfolg wird uns je länger je mehr unheimlich. Wo so viele Grundeln leben, dürfte weniger Platz und Nahrung für andere Arten sein. Ob es noch Groppen gibt in diesem Rheinabschnitt? Die Prädatoren des Rheins wie Hecht, Wels, Egli oder Rapfen sind offensichtlich nicht in der Lage, diese Grundelbestände in Schach zu halten. Wir machen eine kleine Hochrechnung ausgehend von den befischten Stellen und stellen uns vor, wie viele der invasiven Grundeln es wohl im Rhein haben muss. Es müssen Millionen sein.
Noch etwas nachdenklich bereiten wir den Grill fürs Abendessen vor. Die Grundeln rüsten wir recht schnell, indem wir den Kopf abschneiden und mit einem Handgriff ausnehmen. Auf ein aufwendiges Schuppen oder gar filetieren der kleinen Fische verzichten wir. Nachdem die vorbereiteten Fische mit der Marinade benetzt sind, stecken wir sie direkt auf Spiesschen und ab damit auf den Grill. Nachdem wir sie goldbraun und knusprig gegrillt haben, geht es ans Probieren. Wir nehmen das noch zwischen den Zähnen spürbare Rückgrat und einige Gräte (es sind erstaunlich wenige!) in Kauf und kauen das Ganze einfach wie ein gutes Stück Fleisch. Das beherzte Hineinbeissen wird belohnt: staunend bemerken wir, dass die Schwarzmeergrundeln echt gut schmecken! Wir probieren einige Variationen und stellen fest, dass die brüchigen Knochen noch weniger stören und der Geschmack fantastisch ist, wenn man die Stücke in Bratspeck gewickelt grilliert. Weiteres zum Grillieren der Grundeln auf Seite 56 (Petri-Heil 10/2017, Gaumenfreuden).


Nächstes Jahr mit Familien

Nachdem wir die Grundelspiesschen und die letzten kühlen Biere mit Blick auf den abendlichen Rhein genossen haben, denken wir bereits an den nächsten Sommerabend am Rhein.
Nächstes Jahr kommen wir wieder mit der Gewissheit, am Rhein etwas zu fangen und anschliessend einen leckeren Grillplausch zu zelebrieren. Warum nicht inklusive Familie? Kinder und Jungfischer haben sicher den Plausch beim Grundelzupfen, und die Grundelspiesschen können noch mit einigen Bratwürsten ergänzt werden. Wir Fischer müssen eben einfach das Beste aus jeder Situation am Wasser machen.

 

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