


03 | 01 | 2022 | Praxis | ![]() | ![]() |
03 | 01 | 2022 | Praxis |
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Im ersten Teil dieser Serie haben wir Euch das wesentliche Zubehör zur Rutenschleppfischerei vorgestellt. Nun geht es darum, wie damit umgegangen wird. Schliesslich sollen die Köder am richtigen Ort in der gewünschten Tiefe angeboten werden. Und erfolgt ein Biss, wollen wir den Fisch auch sicher landen können. Auch dafür braucht es Know-how und schliesslich viel Übung.
> Schleppfischen mit Ruten | Teil 1
> Schleppfischen mit Ruten | Teil 3
Hat man die Ausrüstung vorbereitet und das Boot zum Rutenschleppen eingerichtet, steht man erst am Anfang. Denn auch das Rutenschleppen will gelernt sein. Damit sich Euer Lehrgeld in Grenzen hält und Ihr möglichst direkt auf einem guten Niveau einsteigen könnt, fassen wir das Wichtigste zum Umgang mit den Ruten, der Beschwerung und dem Einholen der geschleppten Zügel zusammen. Mit dem Ziel, dass Ihr die Köder auf Tiefe bringen und die Bisse schliesslich auch verwerten könnt. Je nach Gewässer, Zielfischarten und persönlichen Vorlieben variieren jedoch die technischen Details und Strategien stark. Das Erarbeiten einer auf Euch, Euer Boot, Euer Gewässer und Eure Zielfische optimierten Rutenschleppfischerei können und wollen wir Euch nicht abnehmen.
Darstellung eines möglichen Arrangements auf Seeforellen, um via Downrigger und Schleppgewichten die Köder in zwölf unterschiedlichen Tiefen gleichzeitig anzubieten.
Die Distanzen und Zügellängen der Sideplaner bezüglich deren Position gegenüber dem Boot und die Abstufung der befischten Tiefen müssen so gestaltet werden, dass sich die geschleppten Leinen nicht in die Quere kommen. Und zwar auch dann nicht, wenn Kurven gefahren oder Fische gedrillt werden. Beim Schleppen mit vielen Sideplanern gilt der Grundsatz: Je weiter aussen eine Leine ist, desto flacher und leichter (weniger Schleppgewichte) wird sie geführt. Je näher zum Boot, desto tiefer beziehungsweise stärker beschwert werden die Zügel. Ist auch ein Downrigger im Einsatz, sind dessen Schnüre in der Fahrtlinie des Bootes schliesslich am tiefsten. Zusätzlich verringert wird die Wahrscheinlichkeit des Leinen-Überkreuzens, indem die äussersten Zügel am längsten sind und die Distanzen von Planer zum Köder gegen das Boot verkürzt werden. Am kürzesten sind schliesslich die Leinen des Downriggers. Ziel eines solchen Arrangements (siehe Beispiel-Schema) ist es, dass die Köder oder schliesslich Fische mit ausreichend Sicherheitsabstand über und hinter den anderen Schnüren hinter das Boot in die Fahrtlinie manövriert werden können. Den tiefsten (Downrigger) Zügeln geraten sie schliesslich auch nicht mehr in die Quere, wenn sie in die Nähe und nach oben geholt werden. Von einem Ausbringen der Köder und Leinenlängen bloss «nach Bauchgefühl» ist abzuraten. Einige Profis bereiten ihr ganzes Setup zum Rutenschleppen sogar auf einem grossen Sportplatz vor, wo sie auf den Meter genau die Schnurlängen und Vorfächer vorbereiten. Beispielsweise mit farbigen Bindfadenstücken in der Rutenschnur lassen sich genaue Positionen markieren, um schliesslich am Wasser während des Ausbringens den Sideplaner genau an der richtigen Stelle in die Schnur zu hängen. Rund 15 bis 20 Meter monofiles (Fluorocarbon) Vorfach hat sich bewährt. Manche Rutenschlepper setzen auch auf eine durchgehende Nylonschnur als Hauptschnur bis zum Köder. Die Rollenbremsen sollten so eingestellt werden, dass ein Fisch nach dem Biss Schnur nehmen und der ganze Zügel zusammen mit dem Planer weiter nach hinten «rutschen» kann. Aber immer noch so hart, dass der Selbsthakeffekt bestehen bleibt.
Generell bewegt sich das Tempo beim Schleppfischen im Süsswasser zwischen 2 und 5 km/h. Je nach Zielfischen, den Ködern im Einsatz und der Jahreszeit wird das Tempo angepasst. Auf Hecht, Zander oder Wels ist das Tempo eher langsamer (zwischen 2 und 3,5 km/h), auf Seeforellen können es auch mal flotte 4,5 km/h und mehr sein. Im kalten Wasser des Winterhalbjahrs wird langsamer geschleppt als bei aktiven Fischen im sommerwarmen Wasser. Hat man (endlich) alle Köder im Wasser und befindet sich im richtigen «Schleppmodus», bleibt noch die Wahl der Schlepproute. Da gibt es unterschiedliche Taktiken und Vorlieben: Manche mögen das Fahren parallel zur Uferlinie, andere bevorzugen das zufällige Kreuzen der offenen Seefläche im Freiwasser, und besonders strategische Fischer setzen auf das Abfahren einer durchdachten Route mit Blick auf die Tiefenkarte und Struktur des Gewässers. Erfolgen Bisse, lohnt es sich so oder so, die betreffenden GPS-Punkte auf der Echolot-Karte zu speichern. Denn wie die Erfahrung vieler Schleppfischer zeigt, gibt es Zonen im See, die «heisser» sind als andere. Statt nur gerade Linien zu fahren, erhöht das Fahren von Kurven die Chancen zusätzlich. Denn das vergrössert die «beackerten» Flächen und verleiht den Ködern ein abwechslungsreicheres Spiel. Unregelmässigkeiten lösen oft den Anbiss eines Verfolgers aus.
Generell lohnt es sich, beim Freiwassserschleppen die Köder in unterschiedlichen Tiefen anzubieten. Im Sommer eine besonders heisse Zone ist die Sprungschicht (Thermokline), welche auf dem Echolot oft als horizontale «Plankton-Wolke» erkennbar ist. Um die Köder effektiv runter zu bringen, kommt man nicht um das Anbringen von Gewichten herum. Ob in Form von Wickelbleien, einhängbaren Schleppbleien, Birnenbleien oder Schlepp-Paravanen ist Geschmackssache. Von Vorteil sind sicher Gewichte, die sich flexibel montieren und während des Drills möglichst rasch, und ohne die Schnur zu verletzen, entfernt werden können. Ein allgemeingültiges Verhältnis von Gewicht und der damit erreichten Tiefe lässt sich kaum definieren, da mit der verwendeten Schnurdicke, der Form des Schleppgewichts, dem Widerstand und Aktion des Köders, dem Tempo und der Länge des Zügels viele verschiedene Faktoren mitwirken.
Als Anhaltspunkt kann man eine 0,3 mm dicke Schnur von rund 50 Metern ab Sideplaner und eine Perlmuttspange nehmen: 10 g für 2 - 3 m, 20 g für 3 - 5 m, 50 g für 4 - 7 m, 80 g für 7 - 10 m, 100 g für 10 - 14 m, 160 g für 14 - 16 m und 300 g für 16 - 19 m. Möchte man von seinem Arrangement genau wissen, wie tief es läuft, muss man sich etwas einfallen lassen. Der Berner Oberländer Marco Pfenninger und seine Kollegen haben das Temperaturprofil von der Oberfläche bis in die Tiefe gemessen und anschliessend Thermometer an den Zügeln geschleppt. So haben sie von den Temperaturen auf die Wassertiefe geschlossen und eine auf ihre Ausrüstung zugeschnittene Tabelle von Zügellängen, Gewichten und Tiefen ermittelt. Möglichkeiten bieten sich auch mit dem Echolot. Beispielsweise indem ein in Zügellänge hinterherfahrendes zweites Boot via Sonar die Wassertiefe der geschleppten Köder festhält. Oder man fährt in flachere Zonen und stellt fest, ab welcher Tiefe sich Bodenkontakt einstellt. Das sollte man allerdings nicht mit wertvollen Ködern tun … Um in Tiefen von mehr als 20 m zu kommen, braucht es schliesslich Gewichte von 500 g und darüber. Das bringt Planerboards an ihre Grenzen und für das Rutenschleppen in der Tiefe sind Downrigger schliesslich die bessere Lösung. Als Verbindung zum 2 - 5 kg schweren, möglichst stromlinienförmigen und drehungsfreien Schleppblei kommt oft ein Drahtseil zum Einsatz. Doch auch starke Geflochtene mit Tragkräften von 100 kg und mehr eignen sich gut. Ist der Köder und dessen Zügel im Wasser, wird die Rutenschnur via Release-Clip fixiert und mit dem Gewicht des Downriggers in die Tiefe gebracht (siehe Schema). Die Bremse wird während des Herunterlassens so eingestellt, dass sich die parabolischen Downriggerruten durchbiegen und die Schnur straff gespannt ist, während die Rolle Leine freigibt. Wird die Schnur zu locker abgelassen, entsteht im Wasser sofort ein grosser «Schnurbogen», der den Wasserwiderstand erhöht und den direkten Kontakt zum Clip und zu einem Fisch erschwert. Damit die Rutenschnur während des Absenkens und mit dem zunehmenden Druck des Wassers nicht vorzeitig herausrutscht, braucht es möglichst starke und hochwertige Auslöse-Clips. Das ist auch wichtig, damit es den «hakensetzenden» Ruck beim Biss gibt. Hat man die erwünschte Tiefe erreicht, wird die Rollenbremse wieder angezogen und die Schnur noch gefühlvoll nachgezogen, um eine optimale Spannung der Downriggerrute einzustellen. Hängt schliesslich ein Fisch in der Tiefe, wird die Schnur freigegeben und die durchgebogene Rute schnellt hoch. Nun kann der Drill mit direktem Kontakt beginnen.
Installation eines Downriggers mit zwei Ruten. Die Rutenschnüre mit den Ködern werden via Release-Clips fixiert. Erfolgt ein Biss, rutscht die Schnur aus dem Clip und man steht mit der Rute direkt in Verbindung mit dem Fisch aus der Tiefe.
Hängt das Gewicht eines Fischs am Zügel, «tanzt» der betreffende Sideplaner schliesslich «aus der Reihe» und wird nach hinten versetzt (siehe Skizze unten). Bei grossen Fischen kann das sehr explosiv erfolgen und manchmal wird ein Planerboard gar unter Wasser gezogen. Zuerst wird das Tempo etwas verringert (nicht anhalten!) und mit Gefühl und langsamen Pump-Bewegungen wird der Planer des betreffenden Zügels an den anderen Zügeln vorbei in die Fahrtlinie des Boots gebracht. Manche Schleppbrettchen haben auch eine Auslösefunktion, sodass sie sich nicht mehr im Wasser querstellen und sich leichter in die Fahrtlinie holen lassen. Das hat aber auch Nachteile, etwa bei einem Fehlbiss oder wenn man verfangenes Treibgut abschütteln möchte. Eher abzuraten ist insbesondere von solchen Modellen, die auf der Leine frei zu rutschen beginnen und schliesslich den Drill bis zur heiklen Endphase empfindlich stören. Schliesslich wird der Planer an gespannter Schnur vorsichtig aus dem Wasser gehoben und abgenommen. Nun steht die Rute direkt mit dem Fisch in Verbindung. Allenfalls gilt es nun, die Bremse etwas weicher zu stellen. Drillt man einen starken (und grossen) Fisch, der in die Tiefe und seitwärts strebt, wird es dennoch problematisch mit den anderen Schnüren im Wasser. Hat man ihn auf einer inneren Rute (direkt am Boot) oder am Downrigger, kann man die anderen Rutenhunde etwas weiter hinauslassen und damit auf Distanz bringen. Befindet man sich über tiefem Wasser, kann man zudem die Downriggerzügel tiefer absenken und damit aus der potenziellen Verwicklungszone bringen. Ist aber möglicherweise der Fang des Lebens dran, lohnt es sich, zuerst die anderen Leinen reinzuholen, ehe man den Fisch in Reichweite zu pumpen beginnt. Hat man den Fisch schliesslich ans Boot gebracht, sollte man ihn stets von hinten feumern. Schon mancher gute Fang ist verloren gegangen, weil sich Haken auf der Aussenseite des Netzes verfangen haben.
Hat ein Fisch gebissen, «tanzt» der Sideplaner «aus der Reihe» und verschiebt sich in die Mitte.
Sonniges Hochdruckwetter mit wenig Wind lässt die Herzen von Hechtschleppern meistens höherschlagen. Für Seeforellenfischer darf es hingegen gerne windig sein mit einem lebhaften Wellengang. Aber «ideale Bedingungen» zum Schleppfischen lassen sich nicht verallgemeinern. Dasselbe gilt auch für die Tageszeiten. Da werden je nach Gewässer unterschiedliche Erfahrungen gemacht und jeder hat seine Vorlieben. Und doch gibt es Momente, bei denen es grenzwertig wird. Ist es zu garstig, ist es nicht mehr lustig und schlicht gefährlich. Denn die Fischerei von einem fahrenden Boot aus ist eine lebensgefährliche Angelegenheit, besonders allein und bei winterlichen Temperaturen unter Null (Ausrutschen!). Aber auch an einem schönen Sommertag kann es brenzlig werden. Stets ist auf die anderen Boote zu achten, insbesondere in der Nähe von Häfen und Kursschiffrouten. Besonders heikel sind die Momente des Drills. Auch wenn wir uns stark auf den Fisch fokussieren müssen und alle Hände voll zu tun haben, dürfen wir nicht alles um uns herum vergessen. Um die Sicherheit zu erhöhen, trägt man eine Schwimmweste und hat einen Notfallkoffer inklusive Seitenschneider für Haken am Körper an Bord. Wenn die Hochseefischerei als «gefährlichster Job der Welt» gilt, so dürfte die Schleppfischerei definitiv mehr Risiken bergen als Golfen …
Rutenschleppen kann auch sehr niederschwellig betrieben werden, ohne Sideplaner oder Downrigger mit den Spinnruten und -ködern, die man auch sonst fischt. Einige Spezialisten schleppen gar nie mehr als vier Köder. «Mit noch mehr Ruten behindert man sich meistens nur, und die Fangaussichten steigert man damit keineswegs», so der bekannte Raubfischspezialist Bertus Rozemeijer. Er setzt auf das Schleppen von aktiv mit der Hand gehaltenen Ruten kombiniert mit passiven Ruten in unterschiedlichen Tiefen (siehe Skizze oben). In Norwegen sind nur zwei Leinen zum Schleppen gestattet und man staunt, wie viele und grosse Fische auch auf diese Weise gelandet werden. Es gibt ebenso Strategien im fliessenden Übergang zwischen Spinnfischen und Schleppen, etwa wenn man sich driften lässt und dabei Gummis permanent im Wasser animiert, statt sie einzuholen und immer wieder auszuwerfen.
Systematisches Schleppen für Minimalisten à la Bertus Rozemeijer. Auch ohne Sideplaner lässt sich eine effiziente Schleppfischerei mit Spinnruten von Hand und mit ein paar Rutenhaltern realisieren.
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