29 | 02 | 2016 | Diverses | 1 | 8487 |
29 | 02 | 2016 | Diverses |
1 8487 |
Mit «Forellen-Toni» an Basels «Bach»
Seine geschmückte Kapitänsmütze legt er wohl nur zum Schlafen ab, sein Schnauz erinnert ein wenig an Soldat Läppli, und sein Spitzname hängt mit einer Tätowierung zusammen: Anton Hofer, auch bekannt als «Forellen-Toni», sticht unter den Fischern der Stadt Basel heraus. Auch dank seines Einsatzes für den Rhein als Fischereigewässer, wie Martin Pütter erfahren hat.
Der Tätowierung auf seiner linken Brust verdankt Anton Hofer seinen Spitznamen «Forellen-Toni».
Aufmerksamen Lesern von «Petri-Heil» ist der Name Anton Hofer sicher bereits einige Male aufgefallen. Der 63-jährige Basler ist Stammgast in der Rubrik «Fangmeldung» dieses Magazins, seit 2012 hält er den Schweizer Rekord für Barben – der 93 Zentimeter lange Fisch aus dem Rhein wog 14,9 Pfund. Damit hatte Forellen-Toni damals seinen eigenen Rekord aus dem Jahr davor verbessert. Wer solch grosse Fische fängt, muss also etwas wissen über den «Bach», wie die Basler den durch ihre Stadt fliessenden Rhein schlicht nennen.
Seit fast 60 Jahren am «Bach»
«Ich fische, seit ich sechs Jahre alt bin, hauptsächlich im Rhein, aber ab und zu auch in der Hochsee», sagt er – fast 60 Jahre an Erfahrung also. Das Hochseefischen übt er unter anderem während seiner alljährlichen Ferien im November aus, wenn er mit seiner Frau, einer gebürtigen Thailänderin, einen Monat in ihrer Heimat verbringt.
Aber der Rhein ist sein Hausgewässer, und seit einigen Jahren ist der selbständige Lüftungsmonteur im Ruhestand täglich am Bach zu finden – sei das zum Fischen mit der Rute (damit fing er auch an) oder mit dem Galgen (was er zusätzlich seit sieben Jahren bestreitet).
Mitglied nur mit Forellen-Tattoo…
Bevor er in der Schatztruhe seiner Erinnerungen kramt, muss Forellen-Toni eine besondere Frage beantworten: Woher kommt der Spitzname? «Vor über 30 Jahren hatten ich und ein paar Fischerfreunde einen etwas informellen Verein ins Leben gerufen. Bedingung für alle Mitglieder war die Tätowierung einer Forelle auf dem Körper – Arm, Schulter, Rücken, wo auch immer.» Tonis Forelle ist auf seiner linken Brust. Die Tätowierung hat er natürlich noch, aber der Verein existiert nicht mehr. «Nur vier Mitglieder von damals leben noch.»
Er erinnert sich weiter: «Als ich 15 oder 16 war, fischten viele Leute bei der Mittleren Brücke auf Kleinbasler Seite, mit ganz langen Ruten. Dort war einer der ‹Nasenstriche› – die Stellen, an denen Nasen laichen.
Auch auf Kleinbasler Seite der Wettsteinbrücke war einer dieser Nasenstriche – das hat sich nun auf Höhe des ehemaligen Kinderspitals verlagert.»
Kapitale Fische im Rhein
Überhaupt habe der Rhein grosse Fische. «Ich hatte Fische gehakt, die den Haken aufbogen oder ihn brachen.» Einem Galgenfischer-Kollegen habe ein Wels gar das Netz zerrissen, so gross war der Fisch. «Der hatte knapp zwei Meter», schätzt Hofer.
Das Problem: Die grossen Fische seien unerreichbar, «die stehen alle weit draussen, in der Fahrrinne für die Schiffe.» Seine persönlichen Bestmarken, neben der eingangs erwähnten Schweizer Rekord-Barbe: Aal 125 cm, Hecht 100 cm, Wels 110 cm und Zander 82 cm.
Schwimmerin und Kajak «gefangen»
Auf die Frage, an welche aussergewöhnlichen Fänge er sich besonders erinnere, zählt Forellen-Toni zwei Beispiele auf. «Einmal habe ich eine Frau an Land gezogen, die im Rhein schwimmen war. Ich hatte gesetzt, und die Schnur hatte sich um ihre Hand gewickelt. Ich hab ihr zugerufen, wo sie ans Ufer schwimmen soll, bin ihr gefolgt und hab sie dann von der Schnur befreit. Sie sagte mir, sie sei zum allerersten Mal im Rhein schwimmen gewesen, und dann passiere ihr so was.»
Ein anderes Mal hatte Forellen-Toni – ungewollt – ein Kajak zum Kippen gebracht. Auch hier hatte sich das Boot in der Schnur verfangen. «Das dauerte einen Moment, bis es sich wieder kehrte. Ich hatte fast schon gedacht, es sei etwas passiert.»
«Sommer-Fischen kannst du vergessen»
Dies war das einzige Mal, dass Forellen-Toni mit Booten auf dem Rhein Probleme hatte. Er ist selber auch (Passiv-)Mitglied bei den Wasserfahrern des Fischerclubs Basel, «die kennen mich alle und weichen aus, wenn sie sehen, dass ich fische. Und auch die Kajaks weichen aus, wenn ich ihnen zurufe, dass ich fische.» Etwas anders sieht es mit den Schwimmern aus. «Im Sommer kannst du das Fischen im Rhein hier vergessen. Dann lohnt es sich mit der Rute höchstens ganz früh am Morgen.»
Auch das Galgenfischen sei im Sommer erschwert. «Solange die Schwimmer mit genügend Abstand zum Ufer schwimmen, gehts ja. Und die Schwimmer sollen den Rhein ja auch nutzen dürfen.» Aber manche würden so nahe am Ufer vorbei schwimmen, dass sie Gefahr laufen, in die Schnur zu geraten – oder sie gingen direkt dort ins Wasser, wo ein Galgenfischer das Netz ins Wasser gelassen hatte. «Einen hab ich gewarnt – wenn er das nochmals mache, würde ich das Netz hochziehen.»
Seiner Meinung nach sollte das Rheinufer auf Kleinbasler Seite zwischen Schaffhauserrheinweg und dem Kraftwerk Birsfelden den Fischern vorbehalten sei. «Das Ufer dort ist ohnehin Naturschutzgebiet. Es hatte früher auch Tafeln, auf denen geschrieben stand, dort nicht baden zu gehen. Aber die werden immer wieder weggerissen.»
Fässer voller Aale
Hofer besass auch mal drei Jahre lang das Berufsfischerpatent für den Rhein und fischte dabei mit Grundschnüren, «aber das wurde wegen der Schwimmer dann verboten – dabei sind die so weit draussen und so tief, dass die Schwimmer nie in ihre Nähe kommen.»
Die Methode war jedoch erfolgreich: «Ich habe früher Fässer gefüllt mit Aalen.» Die hat er dann auch selber geräuchert – heute ist er froh, wenn er überhaupt mal einen fängt.
Und wenn, dann kommt ein solcher Aal in den Basler Zoo. Vor zwei Jahren hat er damit begonnen, Fische für das Vivarium dort zu liefern. Auch eine 2,5 kg schwere Schleie, die er mit dem Galgennetz aus dem Rhein gezogen hat, schwimmt nun im Zoo.
Zander-Liebhaber
Nur Zander, die erhält der Zoo nicht – die isst Hofer selber. Sein Rezept: Den Fisch häuten und filetieren, die Filets in Portionenstücke schneiden und dann mit einer Kräuterbutter in der Pfanne braten. Was übrig bleibt, kommt in die Tiefkühltruhe. Seine Fische seien ohnehin begehrt, erklärt er.
Ein Angestellter der Stadtreinigung Basel erkundige sich oft, ob Toni einen Fisch für ihn hätte, der Präsident des Rheinbads Breite (das keine 100 Meter von seinem Galgen entfernt ist) nimmt praktisch alles, was Toni dort fängt und nicht für sich selbst braucht.
Fang-Tipps von Kormoranen
Die besten Stellen am Rhein in Basel verrät er auch gern: «Überall, wos Kies hat. Fische lieben Kiesuntergrund.» Beispiele: Für Aale sei dies beim ehemaligen Kinderspital, oder auf Höhe des Münsters.
Auch für Barben sei es auf Höhe des alten Kinderspitals gut, sowie beim Hafen. Und er rät: «Schau, wo die Kormorane sind. Dort sind immer Fische.» So gesehen hätte die Plage für die Fischer doch auch eine gute Seite – wenn da nicht noch andere Seiten wären.
Versandung des Rheins
Nur, kiesige Stellen sind zunehmend schwer zu finden im Basler Rhein – das bringt Forellen-Toni auf die Palme. Seit gut zwei Jahren macht vor allem die Versandung zu schaffen. «Das tötet den Laich der Fische, die dort abgelegt haben, aber auch Kleinlebewesen wie Insektenlarven und Bachflohkrebse», erklärt er.
Und schildert, welche Ausmasse es bei ihm genommen hat. Er hat bei seinem Galgen eine Fischreuse (Galgenfischer in Basel dürfen auch mit Reusen fischen), die 150 x 50 x 50 Zentimeter misst, und «die war eines Tages unter einem Meter Sand begraben.» Daher lautet sein Urteil für die Fischerei letztes Jahr: «2015 war ein schlechtes Jahr, sowohl mit Galgen als auch mit Rute – alles wegen des Sandes. 2014 war etwas besser, aber auch eher mässig.»
Widersprüchliche Begründungen für Sand
Laut Tiefbauamt Basel-Stadt sei dieser Sand von der Birs gekommen (die etwas mehr als einen Kilometer oberhalb seines Galgens in den Rhein mündet). Das jedoch findet Hofer lachhaft. «Der kommt vom Ausbaggern bei der Schiffsschleuse beim Kraftwerk Birsfelden», ist er sich sicher und wurde daher aktiv: Er hat an das Amt für Umwelt und Energie des Kantons geschrieben, an das Tiefbauamt BS, an Regierungsrat Hans-Peter Wessels (Vorsteher des Bau- und Verkehrsdepartements) sowie an das Kraftwerk Birsfelden.
Sand und Kies müssen im Fluss bleiben
Dessen Direktor, Sascha Jäger, lud Forellen-Toni sogar zu einem Treffen ein, um das Problem zu besprechen. Das Kraftwerk Birsfelden, so Jäger, habe jedes Jahr die Verpflichtung, die Zufahrt zur Schleuse für die Rheinschiffe frei zu halten. Den Auftrag dazu erhält ein externes Unternehmen. Geschiebe müsse nach dem Gewässerschutzgesetz im Fluss bleiben – Sand und Kies könnten nicht mehr, wie früher, verkauft werden.
Wie Jäger erklärt, erfolgt die Verklappung des ausgehobenen Sandes gemäss Auflagen des Tiefbauamtes verteilt über mehrere Stellen im Rhein.
Die Bilder, die Forellen-Toni gemacht hat, scheinen seiner Behauptung jedoch recht zu geben: «Ein grosser Teil des Sandes wird seit zwei Jahren so verklappt, dass er sich im Uferbereich ablagert.» Und eines scheint für ihn klar: «Jeder gibt dem anderen die Schuld.»
Fischergalgen aufheben?
Das Tiefbauamt stellt sogar die Frage, «ob Fischergalgen an gewissen Standorten nicht gar aufgehoben werden sollten.» Die Basler Fischer – mit ihnen Forellen-Toni – würden nun gerne wissen, was Basels Stadtbildkommission und die Denkmalpflege dazu meinen. Für Forellen-Toni hat das Problem mit der Versandung noch eine weitere Konsequenz: «Ich träume schon davon.»
Daniel Wintenberger
Wo lebt er heute