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Unzählige einsame Bergseen, an denen kaum jemand fischt, warten fast überall in Irland auf wanderfreudige Angler. Die Forellen sind nicht gross, aber beisswillig, kampfstark und wunderbar gezeichnet. Hier sind wahre Schätze zu entdecken.
Durch Irland zu wandern, ist etwas ganz Besonderes. Da ist das Karge der Berge, das Sanfte des Moors und das Wilde des Meeres. Das Moor ist voller Pflanzen und Farben: Baumwollgräser, Farne, rötlich und gelblich schimmernde Moose und natürlich das Heidekraut, das im August blüht, so dass manche Berghänge aussehen, als wäre ein lilafarbener Teppich ausgerollt worden. Bei jedem Schritt schmatzt es unter einem, und natürlich bleibt kein Schuh trocken. Immer wieder versinkt man bis zum Knöchel in einer Pfütze oder im Torf, weshalb ich im Sommer am liebsten barfuss gehe, so wie ein Hobbit. Es gibt ja keine Steine, der Untergrund ist weich. Ich mag es, die Moose mit meinen Füssen zu spüren und wenn der Torf sie wie eine zweite Haut umgibt.
Und dann sind da diese verträumten Bergseen, in denen kaum jemand fischt. Grosse Fische sind nicht zu erwarten, dafür aber hungrige. Und das moorige Wasser macht kleine, dunkle Schönheiten aus ihnen. Viele dürften noch nie in ihrem Leben eine Fliege gesehen haben. Wo gibt es das noch in Europa? Und über Bäche sind die meisten Seen mit dem Meer verbunden, so dass sich vielleicht doch mal ein Lachs oder eine Meerforelle in die Einsamkeit verirrt?
Deshalb packe ich beim Wandern immer eine Fliegenrute ein. Dazu noch eine Fliegenbox, ein Messer und Vorfachschnur, das reicht. Auch plane ich die Wanderungen so, dass man an einem See vorbeikommt, was im Westen Irlands nicht allzu schwer ist. Fast alle Seen kann man googeln. Das ist vor allem deshalb wichtig, um herauszufinden, ob man eine Erlaubnis braucht (meistens nicht). Bachforellen hat es fast immer. Gibt es Lachse oder Meerforellen, benötigt man zusätzlich noch eine staatliche Seatrout and Salmon Licence (siehe QR-Code). Ist man an grösseren Forellen interessiert, sollte man nach flachen, nicht zu grossen und krautreichen Seen suchen, mit möglichst nur einem einmündenden Bach. Je schlechter die Laichbedingungen und je nahrungsreicher der See, umso weniger zahlreich, dafür aber umso grösser werden die Forellen sein.
Am besten fischt man Lochstyle, also mit drei Nassfliegen am Vorfach mit 0,22er-Mono. Ich lasse zwischen jeder etwa 80 cm Abstand. Zwei Fliegen fische ich am Zügel (englisch: dropper), eine am Schnurende (point). Es gibt in englischsprachigen Fachmagazinen erhitzte Debatten darüber, welche Fliege man ganz oben (bob fly), welche in der Mitte und welche am Ende fängt. Die Grundidee ist, am ersten Zügel eine etwas grössere und buntere Fliege zu fischen, die die Neugierde weckt. Am Schnurende fische ich meist eine eher kleine und unauffällige Fliege. Wie gesagt, wählerisch sind die Forellen meist nicht.
Bewährt hat sich am ersten Zügel eine buschige Claret Bumble (auch eine sehr gute Lachs- oder Meerforellenfliege) oder eine Black Zulu in den Grössen 10 oder 12; in der Mitte fische ich gern eine Bibio oder einen Green Peter in Grösse 12 und am Point eine Black Pennel oder eine Alexandra in 12 oder 14. Je nachdem, wie die Fische reagieren, variiere ich Farben und Grössen.
Sehr gut ist regnerisches, mildes und windiges Wetter, worauf man in Irland meist nicht allzu lange warten muss. Fischt man an einem kraut- oder schilfreichen See, kann sich auch die Angelei mit der Trockenfliege lohnen. Setze mal einen saftigen Daddy Longleg mitten zwischen die Schilfhalme: Es kann passieren, dass eine halbpfündige Brownie den vermeintlichen Leckerbissen hemmungslos wegschmatzt. Und dann gibt es einen wilden Tanz, über und unter Wasser. Allerdings muss man sehr vorsichtig agieren, die Wildfische sind scheu. Als Rute nehme ich am liebsten eine 6er in 10 Fuss mit einer Schwimmschnur oder einer Intermediate; damit behalte ich auch bei starkem Wind die Kontrolle beim Wurf, und die Fliegen lassen sich sicher übers Heidekraut lupfen. Für den Fall, dass es mal sonnig und windstill ist und die Fische abgetaucht sind, packe ich mir ein kleines Stationärröllchen mit 0,2er-Mono, ein paar 1er-Mepps-Spinner in Schwarz und Gold und kleine Wobbler mit Einzelhaken ein. Das hat auch meinen Kindern sehr grossen Spass gemacht.
Übrigens schmecken die Moorforellen aus dem rötlichen, aber klaren Torfwasser ausnehmend lecker! Drei, vier 20er-Brownies auf Stöcken überm Feuer gebraten sind ein köstliches Mahl.
Bernd Taller
Wundervoller Beitrag. Genau so habe ich diese faszinierende Fischerei auch erlebt.