10 | 01 | 2022 | Schweiz | 1 | 5785 |
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Kompetenzzentrum Fischerei
Seit 10 Jahren gibt es das Kompetenzzentrum Fischerei mit Sitz in Bern. Was überhaupt macht eigentlich das Kompetenzzentrum? Und wo steht es zwischen Eawag, BAFU, FIBER und Verbänden? «Petri-Heil» hat mit dem Leiter Adrian Aeschlimann gesprochen.
Im vierten Stock eines schmucklosen Bürogebäudes an der Wankdorffeldstrasse in Bern ist das Kompetenzzentrum Fischerei eingemietet. Auch wenn Fisch- und Flussfotografien die Wände schmücken, scheinen Gewässer, Angelhaken und Wathosen hier weit weg, stattdessen dominiert nüchternes und zweckdienliches Büromobiliar. Zusammen mit dem Netzwerk Anglerausbildung, dem Bernisch Kantonalen Fischerei-Verband BKFV und dem Schweizerischen Fischerei-Verband SFV teilt man sich hier das Personal, die Büroräumlichkeiten und eine gemeinsame IT-Infrastruktur. Das Kompetenzzentrum Fischerei ist eine Genossenschaft; verschiedene Verbände, aber auch der 111er Club und «Petri-Heil» sind Anteilhaber. Hier werden also «verschiedene Projekte, Mandate und Dienstleistungen rund um die Fischerei» gebündelt. Gegründet vor ziemlich genau zehn Jahren ist das Kompetenzzentrum mittlerweile den Kinderschuhen entwachsen. Musste früher zeitenweise der 111er Club finanziell aushelfen, konnte das Zentrum zu einer selbsttragenden Grösse wachsen.
Mit den Behörden reden
Kopf des Kompetenzzentrums Fischerei ist Adrian Aeschlimann. Einst Mediensprecher des BAFU, hat er eine Weiterbildung zum Geschäftsführer gemacht und leitet jetzt die Geschicke des Kompetenzzentrums. «Ich bin kein Biologe, sondern komme aus dem Journalismus, der Kommunikation und zuletzt der Verwaltung. Projektmanagement, Moderation und Vermittlung sind meine Stärken. Ich möchte direkt mit den Leuten arbeiten», sagt Aeschlimann über sein Profil. Konkret bedeutet dies, dass die Anliegen der Fischerei in die Köpfe der Verwaltung getragen werden. «Dabei geht es nicht um die Gesetze, sondern um deren Umsetzung. Gesetze werden in der Politik gemacht und da nimmt der SFV Einfluss. Wir hingegen konzentrieren uns auf den Austausch mit den Behörden, mit den Ämtern, die diese Gesetze umsetzen.» Als Beispiel erwähnt Aeschlimann die Revitalisierung der Fliessgewässer. «Das Gesetz gibt eine Frist von 80 Jahren vor für die Revitalisierung von Fliessgewässern und das ist viel zu lange, angesichts der sich rapide bemerkbar machenden Klimaerwärmung. Sie zwingt uns dazu, hier wirklich vorwärts zu machen.» So gab es Anfang 2018 eine Ausschreibung für Pilotprojekte zur Anpassung an den Klimawandel. Das Kompetenzzentrum Fischerei dokumentierte also, wie man Wasserbau, Revitalisierungen und Hochwasserschutz so ausgestalten kann, dass sie trotz Klimawandel fischgerecht sind.
«Das Projekt Fischgerechter Wasserbau ist bald abgeschlossen. Die Aussage ist: Wir brauchen mehr Schatten, mehr Holz und weniger Steine. Wir brauchen Kolke und einen rücksichtsvolleren Gewässerunterhalt, bei dem nicht alles immer wieder auf null runtergestutzt wird.» Dieses Projekt lief in Zusammenarbeit mit den Kantonen Aargau, Bern, Freiburg, Baselland, St. Gallen und Uri; bei den Diskussionen wurden auch die kantonalen Fischerei-Verbände miteinbezogen. «Jetzt haben wir wasserbauliche Empfehlungen, die erstens ganz nach unserem Sinn und zweitens breit abgestützt sind, vom SFV, vom Bund und den Kantonen. Das ist festgehalten und publiziert. Damit haben wir etwas Handfestes. Und bei den Hochwasserschutz-Ingenieuren kann jetzt die Fischerei auf die Beschattung bestehen.»
Damit hat man ein deutlich grösseres Gewicht als Initiativen von Einzelkämpfern. «Auch Herrigels Bücher dienten uns als Inspirationsquelle. Im Rahmen des Projekts haben wir diese Forderungen quasi so übersetzt, dass sie auch bei den Behörden einen konstruktiven Widerhall finden.»
Naturgemäss gehe halt nicht alles so schnell, wie man sich das wünsche, erklärt Aeschlimann, «aber wenn ich höre, wie viele kantonale Verwaltungen jetzt bezüglich Klimawandel sensibilisiert sind, dann hat es sich bereits gelohnt.»
Stets neue Projekte
Eine weitere Aufgabe ist der Aufbau des Fischzentrums. «Da sind wir seit 2018 dran und bis Ende Jahr wissen wir, ob es klappt», meint Aeschlimann. «Das wäre schon ein grosser Sprung und würde vieles vereinfachen.» Sollte es am Moossee zustande kommen, hätte man nicht nur eine Anlaufstelle, an welcher alle wichtigen Fäden der Fischerei zusammenkommen würden, sondern auch gleich einen Ort, wo man fischen könnte.
Moderieren gehört auch zu Adrian Aeschlimanns Kompetenzen: 2019 konnte er eine Tagung moderieren zum Thema: «Was ist mit unseren Seen los?» Ein Resultat davon war die Gründung der Plattform Seenfischerei. Ein Zusammenschluss, wo regelmässig Berufsfischer und Hobbyfischer auf Augenhöhe mit Behörden diskutieren. «Vorher hatte man den Berufsfischern kaum zugehört und es gab wenig direkte Gespräche zwischen der Berufsfischerei, den Kantonen und dem Bund.» Jetzt haben die Fischer die Möglichkeit, ihre Anliegen regelmässig einzubringen. Zwar geht es den Berufsfischern vor allem bei der Kormoranproblematik noch zu langsam. Aeschlimann meint dazu: «So läuft das eben in der Politik. Die Mühlen laufen langsam und brauchen Zeit. Doch das Gefäss der Plattform Seenfischerei ist gut und wird seine Wirkung entfalten.»
Ein weiteres Projekt läuft mit der Wyss Academy for Nature: «Die Uni Bern erhebt die Gewässerbiodiversität im Aare-Einzugsgebiet mit dem Ziel, diese zu verbessern trotz Klimawandel. Wo sind die biologischen Nischen und was passiert mit ihnen bei der Erwärmung? Wie muss man Projekte priorisieren, damit die Lebewesen im Wasser etwas davon haben? Auch wenn der fischereiliche Bezug vielleicht nicht auf den ersten Blick erkennbar ist, bedeutet das Projekt am Schluss auch einen Gewinn für die Fischerei.»
Ferner führt das SKF eine Studie über den Klimawandel und seine Auswirkungen auf den Lachs durch und es begleitet den Kanton Uri unter Einbezug der Fischer bei der Umsetzung der nationalen Vorgaben für eine Besatzstrategie. Langsam aber sicher greifen also die Dinge. Allen Projekten ist eines gemeinsam: «Die Fischerinnen und Fischer können sehr viel erreichen, wenn man direkt mit den Behörden kommuniziert.»
Hubert Wnuck
Gute Arbeit.
Die Denaturierung unserer Gewässer, die Wärme- und Abwasserbelastung, sowie die fortschreitende Klimaveränderung, führen unaufhaltsam zur Veränderung der Artenzusammensetzung in unseren Gewässern. Nicht zu unterschätzen sind jedoch, die in folge der Globalisierung der Wirtschaft und des Welthandels, eingeschleppten und eingeführten Neophyten und Neozoen, die unsere einheimischen Arten immer stärker verdrängen und mit eingeschleppten Krankheiten vernichten. Denken wir nur mal an die amerikanischen Edelkrebse (Kamberkrebs, Signalkrebs, roter amerikanischer Sumpfkrebs, Kalikokrebs usw.), die samt Krebspest nach Europa eingeführt worden sind und unsere europäischen Edelkrebse bis heute fast vernichtet haben. Oder die Schwarzmeergrundeln, die sich im Einzugsgebiet des Rheines immer stärker ausbreiten und den abgelegten Laich und die Brut unserer einheimischen Fische wegfressen.
Das Kormoranproblem begann in Baden-Württemberg seit 1997 (damals noch keine Brutpaare) mit stetiger Zunahme der Brutpaare bis 2018 auf über 1250. Diese Höhe ist, mit leichten Schwankungen, auch nach 2020 geblieben. Ich gehe davon aus, dass die Kormoran-Entwicklung in der Schweiz gleich verlaufen ist. Hier müssen die Politiker Mut zeigen, da bei dieser Zahl der Kormoran- Brutpaare kein Fischartenschutz möglich ist, zumal man noch überwinternd Kormorane, und andere fischfressende Prädatoren, wie z.B. Gänsesäger dazu rechnen muss.
Schöne Grüße
Hubert Wnuck