


08 | 01 | 2021 | Praxis | Reisen | ![]() | ![]() |
08 | 01 | 2021 | Praxis | Reisen |
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Forellenbarsche sind spektakuläre Kämpfer und neugierige Räuber. Peter Schenk zeigt Verhaltensweise und die wichtigsten Köder für die faszinierenden Bass in Südeuropa.
Mein Topwaterköder, ein grosser LC Sammy in Naturfarben, landet dicht neben dem Felsabbruch. Regungslos liegt er da, ein, zwei, drei Sekunden. Ich stelle mir vor, wie er von gierigen Blicken von unten beobachtet wird. Ich verpasse dem Köder ein paar leichte Twitches. Mein Sammy verschwindet in einem mächtigen Schwall – mit einer winzigen Verzögerung setze ich den Anhieb. Der Bass hängt. Es folgt eine Serie spektakulärer Sprungeinlagen, bis ich ihn am Boot per Maulgriff landen kann. Ein schöner 45er wird fotografiert und rasch wieder zurückgesetzt. Topwaterfischen gehört zu den spannendsten Methoden überhaupt.
Der Forellenbarsch Micropterus salmoides ist der grösste Vertreter der Sonnenbarsche. In den USA nennt man ihn Largemouth Bass, er ist nahe mit dem Smallmouth Bass verwandt, dem eigentlichen Schwarzbarsch. Oft wird in Europa mit «Schwarzbarsch» der Largemouth bezeichnet, der hier deutlich verbreiteter ist als der «echte» Schwarzbarsch. Wenn in Übersee vom «Bass-Fishing» gesprochen wird, sind meistens beide Arten gemeint, schliesslich bietet auch der kaum kleinere Smallmouth eine äusserst attraktive Fischerei. Doch die grössten Bass sind fast durchwegs Largemouth Bass, sprich Forellenbarsche. Der offizielle IGFA-Rekordbass aus Japan liegt bei imposanten 10,13 kg und 73,7 cm. In Europa erreichen Forellenbarsche niemals diese Dimensionen. Fische ab 50 cm gelten als kapital, Fische um 60 cm sind sehr selten! Richtig grosse Bass werden zum Beispiel in Florida, Kalifornien und Mexiko gefangen. Dies ist auch gleich ein Indiz für die Lebensansprüche: Bass sind Warmwasserfische und wachsen in warmen Klimazonen wesentlich besser ab. Neben den Klimaansprüchen haben Forellenbarsche eine grosse Vorliebe für Unterwasserstrukturen: Barschberge, Felsblöcke, Steilabbrüche, versunkene Bäume und Mauern sowie Wasserpflanzenfelder werden gerne als Unterstände angenommen. Aus diesem Grund profitieren Bass wie kaum eine andere Fischart von den Eigenschaften der Stauseen: Hier finden sie jede Menge Totholz und altes Gemäuer. Wenn das Gewässer zusätzlich noch eutroph ist, also ein dichtes Nahrungsaufkommen an Plankton, Krebsen und Kleinfischen hat, gedeihen Bass besonders gut und wachsen entsprechend rasch. Besonders günstige Umstände bieten nahrungsreiche Kalksteingewässer (zum Beispiel viele spanische Stauseen). Wenn das Wasser im Frühjahr über 20 °C erreicht hat, beginnt die Fortpflanzung. In Sonnenbarschmanier wird eine Laichgrube geschlagen und die Nachkommen eine gewisse Zeit lang von beiden Eltern bewacht.
Die wohl faszinierendste Form des Bassangelns findet wie beim Trockenfliegenfischen an der Wasseroberfläche statt. Topwater begeistert, weil man dem Bass beim Biss zuschauen kann. Topwaterköder gibt es (wie alle Bass-Köder) in unterschiedlichen Formen, mit Propellern, als Froschimitat, als Popper oder als Stickbait. Letzterer ist ein schaufelloser Wobbler, der bei richtiger Animierung in einem Zick-Zack-Kurs läuft. Auf diese sogenannte «Walk the dog»-Technik möchte ich genauer eingehen: Nach dem Wurf lassen wir den Köder kurz ruhen und strecken die Leine. Gar nicht selten erfolgt bereits jetzt schon ein Biss. In dem Fall ist ein Anhieb angesagt. Falls kein Biss kommt: Mit der gesenkten Rute verpassen wir dem Köder einen Twitch. Dabei entsteht etwas lose Leine und der Köder stellt sich quer. Jetzt wird sachte und wenig gekurbelt. Dann folgt der nächste Twitch, der Köder stellt sich auf die andere Seite quer, usw. In einen Rhythmus gebracht, vollführt der Stickbait eine schöne Zickzackbewegung. Ganz wesentlich: Das Einkurbeln der losen Schnur erfolgt immer leicht verzögert und behutsam. Sonst stellt sich der Köder nicht richtig quer. Es macht Sinn, nach fünf bis sieben Twitchbewegungen den Köder kurz ruhen zu lassen. Bisse erfolgen oft in der Nähe des Ufers und bei Strukturen. Zwischen dem Boot und den Angelstellen muss ausreichend Distanz liegen, damit wir die Fische nicht vergrämen. Weites und präzises Werfen möglichst nah an Unterstände oder ans Ufer ist essenziell. Topwaterköder fische ich darum am liebsten mit der Stationärrolle und einer dünnen Geflochtenen. Ideale Verhältnisse für die Topwaterfischerei finden wir am ehesten bei warmem und ruhigem Wetter, frühmorgens und abends, wenn der See ungestört ist. Dann sind die Chancen gut, dass die Fische hoch stehen und aktiv sind.
Was in den 1970er-Jahren mit einfachen Gummiwürmern begann, hat bis zum heutigen Tag eine gewaltige Evolution der Köderentwicklung ausgelöst. Die ursprünglich in den USA für Bass entwickelten Techniken wurden erfolgreich auf das gesamte Raubfischangeln ausgedehnt. Weichplastikköder in allen Formen, Farben, Grössen und Inhaltstoffen werden an Jigköpfen, Texas-, Carolina-, Splitshot- und Dropshotrigs gefischt. Ich möchte mich hier auf das Finessefischen mit dem Texasrig beschränken, da es für Bass zweifelsfrei eine Topmethode darstellt. Ich bevorzuge dafür hochmodulierte, rasche Ruten mit feiner Spitze, 5 bis 20 g Testkurve reichen aus. Zahlreiche Bassangler setzen auf durchgehende Fluorocarbonschnur. Besonders in Revieren mit viel Totholz, scharfen Steinen und Muschelbänken macht das durchaus Sinn. Geflochtene (mit Fluorocarbonvorfach) hat den Vorteil, einen extrem sensiblen Kontakt zwischen Köder und Rute zu gewährleisten. Feinste Rutenbewegungen lassen sich problemlos auf den Köder übertragen und verleihen ihm die gewünschte Aktion. Auch die Bisserkennung klappt mit der Geflochtenen sehr gut. Da die Spitze des Offsethakens gut im Plastikköder versteckt werden kann, ist Angeln im Unterwasser-Dschungel möglich.
In leicht verkrauteten und mit Totholz durchsetzten Revieren können Spinnerbaits eine gute Option sein. Gebaut sind sie mit zwei Armen als Kombination von Jig und Spinnköder. Sie sollten mit einem Trailer, zum Beispiel einem kleinen Shad ergänzt werden. Sie können am Grund, im Mittelwasser wie an der Oberfläche angeboten werden. Unterhandwürfe (Flipping casts) minimieren das Einschlaggeräusch und verscheuchen die Fische weniger. Die Fängigkeit kann durch variable Einholgeschwindigkeit erhöht werden. Wird ein Hindernis gestreift, unterbricht man das Einholen für eine halbe Sekunde und reduziert somit die Hängergefahr. Verbogene Drähte sollten immer wieder gerichtet werden. Spinnerbaits sind eher teure Köder, können aber gut auch aus Einzelkomponenten selber zusammengefügt werden.
Gibt es die universelle Bassrute? Nein, denn jede Technik verlangt wieder andere Eigenschaften. Wir brauchen demzufolge mehrere Rutensets. Eine Finesserute für leichtere Texasrigs darf 5 bis 20 g, eine Jigrute für dichte Vegetation 40 bis 60 g Wurfgewicht haben. Wir brauchen nicht zwangsläufig 500 Franken teure Ruten, der heutige Markt liefert tolle Produkte für vernünftige Preise.
Bei den Rollen kommt gerne die Diskussion auf, ob Baitcaster- oder Spinningmodelle besser sind. Meiner Meinung nach haben beide ihre Einsatzbereiche. Die kompakten Jigs lassen sich mit der Multi perfekt ins Holz flippen. Leichte Cranks wirft man bei Gegenwind mit der Stationärrolle markant weiter und präziser.
Geflochtene oder Mono? Ideal ist es, je eine Ruten-Rolle-Kombo bereit zu halten, die dann je nach Angelstelle und -methode eingesetzt werden kann. Die Vorteile von Mono liegen bei der besseren Abriebfestigkeit an Steinen und Holz. Die Vorteile von Geflochtener sind der sensationell gute Kontakt zwischen Angler und Köder.
Bassfischen ist Catch and Release-Angeln. Schwarzbarsche werden kulinarisch von Egli und Zander weit übertroffen. Ich plädiere für einen schonenden Umgang mit diesem Sportfisch. Leider zeigen viele Basstutorials abschreckende Beispiele. Bass sind keine durchwegs einfach zu fangenden Fische. Gerade die Kapitalen werden bei unachtsamem Vorgehen sehr schnell misstrauisch. Der gute Fischer beobachtet, analysiert, probiert aus und tauscht sich mit Gleichgesinnten aus, um stetig weiter zu lernen. In dem Sinne wünsche ich viel Spass und Erfolg.
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