06 | 03 | 2020 | Schweiz | 1 | 6082 |
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Berner Oberland – Fischen im Wandel der Zeit
Unsere Fische leben nicht in einer perfekten Welt. Sie sind auch im Berner Oberland einer breiten Palette von Bedrohungen und Gefahren ausgesetzt. Unser Autor Daniel Ducret ist Präsident des Fischervereins «Highland Fishing» und hat im Rahmen seiner Vereinstätigkeit ein Dutzend Fischer und ihr Engagement für den Lebensraum der Fische portraitiert.
Fischen ist nicht mehr einfach Fische fangen. Fischen ist komplexer geworden. Damit die Fischerei als Ganzes auch in Zukunft funktionieren kann, müssen viele Faktoren zusammenspielen. Hierfür gibt es wohl keine besseren Ratgeber als gestandene Fischer unserer Region, die sich teils ein Leben lang intensiv mit ihrem Hobby auseinandersetzen. Sie sind die besten Beobachter, die schärfsten Kritiker, zugleich die umfassendsten Experten und schliesslich auch ein wichtiger Bestandteil der Geschichte und Gegenwart der Berner Oberländer Fischerei. So verschieden sie auch sind – alle haben das gleiche Interesse: Einen gesunden Fischbestand im Berner Oberland. Zu den Befragten zählen aktive und ehemalige Vereinspräsidenten, Fischereiaufseher, Vertreter von Gewässerschutzorganisationen, Gewässerökologen und SaNa-Instruktoren.
Vom Nahrungserwerb zur Entspannung
Zur Fischerei kommt man seit eh und je zumeist in jungen Jahren. Mit der Leidenschaft wird auch viel Wissen und fischereiliche Tradition vom Vater an den Sohn weitergegeben. Noch vor 50 Jahren wurde die Fischerei im Berner Oberland fast ausschliesslich mit der Absicht ausgeübt, am Ende des Tages auch etwas auf dem Teller zu haben. Die grosse Mehrheit der Gesellschaft war besonders während des 2. Weltkriegs und in der Nachkriegszeit nicht vermögend und konnte sich teures Fleisch kaum leisten. Da kam eine kulinarische Abwechslung in Form von Fisch immer recht. Man konnte kurz nach der Arbeit fürs Abendessen schnell zwei Äschen oder drei Forellen fangen. Der damalige Fischreichtum verleitete auch einige dazu, ihr Sackgeld oder den Lehrlingslohn aufzubessern, indem sie die Fänge den lokalen Restaurants verkauften. Saisoneröffnungen wie die der Bachforelle, Äsche und des Hechts trugen quasi einen
Heiligenstatus. Diesen Tagen wurde regelrecht entgegengefiebert. Später, mit fortschreitendem Alter (und Wohlstand) und dem gleichzeitigen Rückgang der Fischbestände wurde das Fischen mehr und mehr zu einer Beschäftigung zwecks Entspannung, ein Ausgleich zum hektischen Berufs-Alltag, fast eine Art Therapie. Seine Zeit mit den Kindern und Grosskindern zu verbringen, Pflege der Kameradschaft und nicht zuletzt Ferien sind häufige Gründe zur Ausübung unseres wunderbaren Hobbys. Schliesslich dominierte auch ein weiterer Gedanke die Fischerei immer mehr: Fischen als Engagement für die Natur und damit verbunden die Aus- und Weiterbildung.
Mobilität & Vielfalt
Was die Ausrüstung angeht, hat sich vieles verändert. Gefischt wurde früher in erster Linie mit Naturködern wie Käse, Würmern, Maden und dem Köderfisch. Als Kunstköder gabs den Löffel – mehr nicht. Die Auswahl von Fischerruten beschränkte sich auf ein bis zwei Modelle und Bambusruten waren noch lange verbreitet im Einsatz. Andererseits gilt das Fliegenfischen seit eh und je als Königsdisziplin. Den Fischertypen, der ausschliesslich an seinem Hausgewässer, oft direkt vor der eigenen Haustür, fischt, findet man je länger desto weniger. Auffällig ist auch, dass vielfach in den in unmittelbarer Nähe liegenden Gewässern gefischt wurde – was mit der damaligen eingeschränkten Mobilität zusammenhängt; man war ja primär zu Fuss oder mit dem Velo und Töffli unterwegs.
Zunehmender Wohlstand, Mobilität und mehr Freizeit haben dazu geführt, dass viele Fischer immer mehr Gewässer befischen. Heute ziehts den einen oder anderen Fischer auch regelmässig ins Ausland zum Fischen. Die Hotspots sind Norwegen, Schweden, Österreich und Slowenien. Für eine touristisch attraktive Gegend wie das Berner Oberland ist die gestiegene Mobilität ebenfalls mit einem Zuwanderungseffekt verbunden, mit all seinen positiven und negativen Begleiterscheinungen.
Grössere Fische?
Natürliche Gewässer mit wenigen Wanderhindernissen waren Grundlage für die guten Fischbestände. In Kombination mit den zahlreichen ungeklärten Abwässern vor der Inbetriebnahme der Kläranlagen gab es Flüsse und Seen voller schnellwachsender Fische, die im ungeklärten Wasser haufenweise Nahrung fanden. Deswegen war auch der durch den Menschen verursachte Druck auf die Fische früher kleiner. Es gab nicht nur mehr Nahrung in den Gewässern, sondern auch weniger Leute, die auch viel weniger Freizeit am Wasser verbrachten. In den letzten Jahrzehnten verlagerte sich das Angeln immer stärker von der Bach- bzw. Fluss- zur Seefischerei. Auch die Bergseefischerei hat deutlich an Bedeutung gewonnen, was auf den grösseren Fischbesatz im Arnen-, Engstlen-, Öschinensee usw. zurückzuführen ist. Viele Fischer haben ihr Repertoire erweitert oder verändert. Hatte man früher eine Lieblingsmethode, sind es heute tendenziell mehrere – vor allem mangels Fischbeständen in den Flüssen, aber auch weil der heutige Wohlstand mehr Möglichkeiten eröffnet.
Konsequenzen für Fischer
Das Leben als Fischer ist also deutlich komplexer geworden. Das richtige Betreiben der Fischerei hängt nicht mehr nur von der Köderwahl ab. Es ist wichtiger denn je, dass Fischer sich organisieren und informieren und dass auch in Zukunft weiterhin intensiv mit Dachorganisationen und Fachleuten zusammengearbeitet wird. Jeder Fischer sollte in einem lokalen Fischereiverein sein. Zwar sind Fischereivereine nicht verpflichtet, einen Beitrag zu gesunden Gewässern, ansehnlichen Fischbeständen oder zu sachkundlichen Ausbildungen zu leisten. Jedoch sind genau dies die Hauptgründe für die Daseinsberechtigung der Fischer. Andersherum, und da kommt auch die Politik ins Spiel, gilt genauso: Ohne Fische keine Fischereivereine und ohne Vereine keine Bachputzeten, keine Revitalisierungen, keine SaNa-Kurse und allgemein weniger Engagement für die Natur. Der Erhalt der Fischvielfalt und somit der Fischbestände ist auch deshalb eine Aufgabe von kantonalen Ämtern und der Politik.
Uneinigkeiten
Weiter besteht das Bedürfnis, über Erweiterungen von Schongebieten, Besatz und Put & Take-Gewässern zu sprechen. Vielleicht muss über weitere, aber gezielte Fangmoratorien oder sogar komplette Fangverbote diskutiert werden. Oder auch das im Ausland oft betriebene Catch & Release ist ein Thema. Haben schonende Fangmethoden einen positiven Einfluss auf den Bestand? Wie siehts aus mit dem Besatz von Regenbogenforellen? Ein riesiges Thema, zu dem schweizweite Seminare und Podiumsgespräche stattfinden. Bei Kontroversen sind sich nun mal nicht alle einig – was nicht negativ zu werten ist. Im Gegenteil: Unstimmigkeiten regen zur Diskussion an und so zur intensiven Beschäftigung mit einer Thematik. Dies führt auch in anderen Bereichen des Lebens regelmässig zu einer verbesserten Situation. Wieso nicht in der Fischerei?
Was die Fischer am meisten beschäftigt
Aus meinen Umfragen ergaben sich vier Bereiche, die in Zukunft noch wichtiger werden dürften:
- Ausbildung: Es braucht gut ausgebildete Jung- und Neufischer, deren Verhalten den Vorgaben entsprechen.
- Gewässerschutz: Es braucht geeignete Lebensräume in Form von möglichst natürlichen Gewässern, um die natürliche Verlaichung möglichst vieler Fischarten sicherzustellen.
- Öffentlichkeitsarbeit: Die Bevölkerung muss über die Hobbyfischerei aufgeklärt und sensibilisiert werden. Sie muss wissen, dass sich Fischer für Gewässer einsetzen und oft am Wasser stehen. Sie sind permanente Beobachter der Natur und melden u. a. Gewässerverschmutzungen und Fischsterben.
- Politisches Engagement: Um unsere Interessen durchzusetzen, darf die Beteiligung am politischen Geschehen nicht vernachlässigt werden.
Wir brauchen eine Lobby
Das politische und öffentlichkeitswirksame Engagement wird als entscheidend für die Zukunft der Fischerei eingeschätzt. Eine starke Fischerlobby ist zentral, damit die Gewässerschutzvorgaben zeitgerecht umgesetzt werden. Hier könnten die grössten Erfolge erzielt werden. Es wird allgemein festgestellt, dass andere vergleichbare Organisationen der Fischerei um Längen voraus sind, so z.?B. im Bereich des Vogel- und Naturschutzes. Hier gibt es einen grossen Interpretationsspielraum. Ist es, weil Fische unter Wasser schlecht sichtbar sind und andere Tierarten den «Jöh-Effekt» bei uns Menschen viel ausgeprägter auslösen? Ist der Fisch ein undankbares Tier für Eigenwerbung? Oder sind die anderen Organisationen einfach besser organisiert und treten geschlossener in der Öffentlichkeit auf? «Es müssen Allianzen geschmiedet werden», lautet eine oft wiederholte Forderung. Es lohnt sich auf jeden Fall, andere Organisationen genauer zu betrachten, vielleicht Vorgehensweisen zu übernehmen oder allenfalls eine Zusammenarbeit zu prüfen. Um das nötige Gewicht bei Themen wie Pestizidbelastung und Wasserkraftwerke zu erlangen, ist ein Zusammenrücken unabdingbar. Es braucht vermehrt den Gedanken «Miteinander und nicht Gegeneinander», denn alle sind sich einig: Bei natürlichen Gewässern gibt es nur Gewinner.
Eduard Huber
Ich bin der Meinung, dass das Fangmindestmass drastisch erhöht werden muss. So wie das auch in Schweden gemacht wird. Wir brauchen viele Catch & Release strecken. Mehr als zwei Forellen am Tag sollte man nicht entnehmen dürfen und überhaupt sollten bei allen Fischarten weniger Fische behändigt werden dürfen. In diesen Bereichen sind wir anderen Ländern noch weit hinterher ( Schweden, Kanada, Oesterreich und andere. Keine Tageskarten , Wochen oder Monatskarten ohne SaNa Ausweis. Und vor allem sollten wir keine Politiker wählen wie ein Albert Rösti, der die Konzessionen für Kraftwerke einfach durchwinkt, ohne auch nur eine einzige Auflage für die Betreiber. Einer der Aussagen trifft wie, Zitat "Für die paar Fischschwänze geben wir nicht so viel Geld aus" Zitat Ende. Es ging dabei darum Anlagen bei den Wasserkraftwerken zu Bauen bei denen die Wndernden Fische umgeleitet werden, so dass Sie nicht in die Turbinen geraten. Fischtreppen helfen dabei gut , aber nur beim Aufsteigen der Fische nicht aber wenn Sie zurück kommen, also Bach oder Flussabwärts. Also liebe Fischerkameraden, es gäbe noch so einiges, die oben genannten Ausführungen wären aber eine große Hilfe und würde zur Nachhaltigkeit beitragen.