17 | 05 | 2021 | Praxis | 0 | 8991 |
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Einhand-Fliegenschnüre
Die Schnur bringt die Fliege zum Fliegen
Es gibt mittlerweile eine extrem grosse Auswahl an Fliegenschnüren. Die passende Schnur zu finden, wird scheinbar immer schwieriger. Wir versuchen mit diesem Artikel Licht ins Dunkel zu bringen und das Thema Fliegenschnüre für Einhandruten etwas detaillierter zu erklären.
Beim Fliegenfischen werden je nach Zielfisch und Fliegenköder verschieden starke Fliegenruten und verschieden schwere Fliegenschnüre verwendet.
Grundsätzlich werden Fliegenruten und -schnüre in Schnurklassen unterteilt. Ähnlich wie das Wurfgewicht einer Spinnrute hilft uns diese Angabe bei der Auswahl von passender Rute und Schnur.
Zum Begriff «Schnurklasse»
Die Schnurklassen haben ihren Ursprung in den 1960er-Jahren in Nordamerika, als die Industrie immer mehr Kunststoff-Schnüre herstellte und Seidenschnüre mehr und mehr an Bedeutung verloren. Die «American Fishing Tackle Manufacturing Association» kurz AFTMA entwickelte das heute noch verwendete Klassifizierungssystem für Fliegenschnüre und Ruten. Dabei definierte sie, dass das Gewicht der Fliegenschnur auf den ersten 30 Fuss also 9,15 m die Schnurklasse bestimmt. Wieso auf dieser Länge? Die Antwort ist eigentlich ganz einfach. Man ging davon aus, dass ein durchschnittlicher Fliegenfischer beim Wurf 9,15 Meter Fliegenschnur in der Luft hat. Die AFTMA wurde mittlerweile durch die AFFTA (American Fly Fishing Trade Association) ersetzt, das System ist jedoch geblieben.
Bei uns ist wohl die Schnurklasse 5 am weitesten verbreitet; gerade für die Forellenfischerei wird diese oft als gute Allround-Klasse verwendet. Laut dem AFFTA-Standard sollten diese Schnüre der Klasse 5 auf den ersten 9,15 Meter zwischen 8,7 und 9,5 Gramm schwer sein. Im Vergleich dazu ist die Schnurklasse 10 auf der gleichen Länge bereits zwischen 17,5 und 18,8 Gramm schwer. Diese Gewichtsangaben beziehen sich auf Schnüre für Einhandfliegenruten, für Zweihandschnüre gibt es eine separate Klassifizierung, da diese in derselben Schnurklasse deutlich schwerer sind. Üblicherweise wird die Angabe der Schnurklasse mit einem einfachen #-Zeichen abgekürzt, heute auch Hashtag genannt.
Welche Schnurklasse brauche ich?
Diese Frage beschäftigt wohl jeden, der seine erste Fliegenrute kaufen will. Aber auch bei der zweiten oder dritten Rute stellt sich diese Frage immer wieder. Wie bei jeder Art der Fischerei muss ich mich fragen, für was ich die Rute einsetzen will. Es liegt auf der Hand, dass wir, um einen Tarpon oder Lachs zu fangen, eine deutlich stärkere Rute, das heisst höhere Schnurklasse, brauchen als fürs Forellenfischen. Aber nicht nur der Zielfisch, sondern auch die Art der Befischung kann einen grossen Unterschied machen. Ob wir am Bach auf Forellen «Zäpfeln» oder mit einer Ultralight-Rute spinnfischen, stellt grundsätzlich unterschiedliche Anforderungen an das verwendete Gerät. So ist das auch beim Fliegenfischen. Der Trockenfliegenfischer rüstet sich mit einer leichteren Schnurklasse aus als derjenige, der gerne mit schweren Nymphen und/oder dem Streamer am selben Gewässer unterwegs ist. Ähnlich dem Wurfgewicht der Spinnrute lassen sich mit höherem Fliegenschnurgewicht auch schwere oder buschige Fliegen besser werfen. So sind beispielsweise die gängigsten Schnurklassen für die Fliegenfischerei auf Hecht #8 bis #10. Dies liegt nur begrenzt an der Grösse des Hechts, viel bedeutsamer ist hier der verwendete Köder. Ein Hechtstreamer kann zwischen 8 und 20 cm lang sein und wird mit viel Material gebunden. Dadurch ist er deutlich schwerer und weist hohen Luftwiderstand auf. Mit einer Schnurklasse 5 oder 6 ist er kaum zu werfen. Das Gewicht der höheren Schnurklassen ermöglicht das Fischen mit solch grossen Fliegen, nicht die stärkere Rute.
Wenn Du auf der Suche nach einer neuen Rute bist, kannst Du Dich an folgender Faustregel orientieren:
- #2 bis #4 Fischen mit Trocken-, Nassfliegen und leichten Nymphen
- #4 bis #6 Fischen mit Trocken-, Nassfliegen, Nymphen und leichten Streamern
- #6 bis #8 Fischen mit schweren Nymphen und Streamern #8 bis #12 Fischen mit Hechtstreamern und/oder Salzwasserfischerei
Natürlich ist diese Liste nicht abschliessend; es gibt mittlerweile viele Spezialausführungen von der Klasse 000 bis #16. So sind der Fliegenfischerei fast keine Grenzen mehr gesetzt.
Verschiedene Typen von Fliegenschnüren
Im gut sortierten Fachhandel gibt es innerhalb einer Schnurklasse eine Vielzahl verschiedener Schnüre, meist sogar vom selben Hersteller. Wieso nun das, wenn doch das Gewicht durch die AFFTA vorgegeben ist? Um verschiedene Einsatzzwecke abzudecken, sind die Schnüre verschieden konzipiert. Um das zu erklären, müssen wir den Aufbau einer modernen WF-Schnur etwas genauer anschauen.
Heutzutage sind wahrscheinlich weit über 90% der verkauften Fliegenschnüre sogenannte Weight Forward (WF)-Schnüre. Das bedeutet, dass das Hauptgewicht der Schnur im vorderen Bereich liegt; dieser bildet eine Keule – auch «Head» (Kopf) genannt. Der hintere Teil besteht nur noch aus einer «Running Line» (Laufschnur), welche man in der Regel beim Werfen nicht oder nur einen kurzen Teil ausserhalb des Rutenspitzenrings hat.
Die Länge dieser Keulen kann stark variieren. Handelsübliche Schnüre haben eine Keulenlänge zwischen 8 (Shortbelly) und 16 (Longbelly) Metern. Fischt man hauptsächlich auf kurze Distanzen, bietet sich eine kurze Keule an. So kann mit wenig Schnur die Rute optimal geladen werden, was gerade an kleinen Gewässern mit viel Bewuchs und wenig Platz für den Rückwurf einen enormen Vorteil bietet. Die Nachteile mit derselben Schnur an einem grossen Fluss oder Bergsee mit viel Platz liegen auf der Hand. Bei weiten Würfen lässt sich die Runningline kaum kontrollieren, weder in der Luft beim Wurf noch beim Menden, wenn die Schnur bereits auf der Wasseroberfläche liegt. Ebenso sind für Rollwürfe auf grössere Distanzen Longbelly-Schnüre klar im Vorteil.
Für Ruten, die wir gerne und oft benutzen, führen wir diverse Schnüre für verschiede Einsatzgebiete mit uns. So entscheiden wir aufgrund des Gewässers, welche Schnur und Rolle wir mit im Gepäck haben. Ersatzspulen sind dabei um einiges kostengünstiger, als für jede Schnur eine eigene Rolle anzuschaffen. Sich so stark zu spezialisieren, ist in den meisten Fällen jedoch gar nicht nötig. Mit einer guten Allroundschnur mit einer Kopflänge von etwa 11 bis12 Meter ist man für viele Situationen gut ausgerüstet.
Schnüre testen lohnt sich
Wer einmal die Chance hat, verschiedene Schnüre mit der eigenen Rute zu testen, sollte sich das nicht entgehen lassen, die Unterschiede können enorm sein. Oft wird der Schnur zu wenig Bedeutung beigemessen, obwohl sie eines der wichtigsten Elemente beim Fliegenfischen ist. Die beste Rute macht mit einer schlechten Schnur keine Freude am Wasser. Der Handel bietet mittlerweile gute Ruten und Rollen im Preissegment um die 200 Franken an, welche beim Fischen wirklich Spass machen. Da erscheinen 100 Franken für eine gute Schnur als viel Geld. Trotzdem lohnt sich diese Investition! Wir haben noch keine billige Fliegenschnur getestet, die uns überzeugt hat.
> Schnurkunde Teil 2 | Schussköpfe & Sinkschnüre
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