![[Einsteiger Winterfischen |] 6 Regeln für den Erfolg](/assets/cache/600/600/media/Artikel/2022/11/winter/IMG_9641-erweitert.jpg)


01 | 06 | 2021 | Praxis | ![]() | ![]() |
01 | 06 | 2021 | Praxis |
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Der Zander gibt uns immer wieder Rätsel auf. Doch verschiedene Studien brachten interessante Daten und Fakten zum Zander ans Licht. Dr. Wolfgang Schulte, Biologe und Fischer, verrät Dir, wie Zander wirklich ticken und wie Du mit diesem Wissen mehr Fische fangen kannst.
Schon vor vielen Jahren warf ich am Rheinufer meine Spinnrute aus. Am Ende des Stahlvorfachs rotierte damals nicht selten ein Spinnerblatt. So auch an jenem Abend Ende der 1990er-Jahre: Ich kurbelte einen Mepps-5-Kupfer durch die angetrübten Fluten und spürte mit einem Mal den ersehnten Ruck in der Rute. Es dauerte nicht lange und mein bis dato wahrscheinlich grösster Rheinzander kam bockend zur Wasseroberfläche. Sein Kopf war massig, der Fisch hatte gewaltige Dimensionen. Doch dann passierte das Unfassbare: Der seitlich im Maul gehakte Kapitale wälzte sich – und der Drilling schlitzte aus. Sekunden später war der Fisch auf Nimmerwiedersehen im Rhein verschwunden.
Seit diesem Tag sehe ich Zander mit anderen Augen. Und meine Faszination für diese, sicherlich auch aus kulinarischer Sicht, herausragende Fischart, dauert bis heute an. Grund genug, hier einmal eine Reihe von teils neueren Daten und Fakten rund um den Zander vorzustellen, die für das moderne Zanderfischen durchaus von Bedeutung sind.
Der Zander ist der grösste im Süsswasser lebende Barschartige Europas und erreicht eine Körperlänge von maximal 130 Zentimetern (max. 19 Kilogramm). Ein 1990 in Deutschland gefangenes Exemplar soll 18,6 Kilogramm gewogen haben, aber leider fehlen alle weiteren Daten. In der «Petri-Heil»-Hitparade führt ein Zander von 104 cm und 23 Pfund, gefangen 2016 im Lago Maggiore von Jürg Scherrer.
Zander sind wärmeliebende und schnell wachsende Fische. Deshalb beliefern derzeit vor allem zentralasiatische und nordafrikanische Länder den Weltmarkt mit Aquakultur-Zanderfilets. Wer bei der Herkunft genauer hinschaut, findet oft Angaben wie «Netzabfischung aus stehenden Gewässern in Kasachstan».
Im Rahmen der Aquakultur fand man heraus, dass Zander bei einer Wassertemperatur von rund 24 Grad Celsius unter optimaler Futterausnutzung am besten abwachsen. Da verwundert es auch nicht, dass zum Beispiel im Rhein bei extremem Niedrigwasser und Wassertemperaturen von 26 oder 27 Grad Celsius vor allem mit Wobblern und Gummifischen zahlreiche Zander gefangen werden.
Erkenntnis: Auch bei sommerlich-hohen Wassertemperaturen lohnt der Gang ans Zandergewässer, vor allem in der Dämmerung und nachts!
Einschlägige Tabellen geben uns grobe Hinweise zum Verhältnis «Alter-Länge-Gewicht» (siehe Kasten «Zander-Grössentabelle»). Die Realität sieht bisweilen aber etwas anders aus. Denn neben diversen anderen Parametern spielen auch Nahrungsangebot und Fressverhalten eine Rolle: Je früher ein Jungzander von der anfänglichen Kleintier-Kost zu einer vorwiegend fischfressenden Lebensweise (inklusive Kannibalismus) übergeht, desto rasanter ist sein Wachstum.
Belege lieferte wiederum die Aquakultur. Dort fiel nämlich auf, dass einzelne Fische im Aufzuchtbecken inmitten ihrer normalgrossen Jahrgangskollegen plötzlich enorm abwuchsen. Den Grössenvorsprung dieser Kannibalen holten die anderen Individuen in späteren Jahren nicht mehr auf!
Erkenntnis: Es ist also gut möglich, dass in Naturgewässern, in denen nur mittelgrosse Zander gefangen wurden, auch der eine oder andere Kapitale herumschwimmt. Diese Exemplare haben schon als Jungfische den Grundstein für die späteren Bodymasse gelegt.
Das maximal erreichbare Gewicht des Zanders dürfte bei rund 20 Kilogramm liegen. Doch wie schwer ist ein Zander bei welcher Grösse? Wir haben mehrere hundert Fangmeldungen aus verschiedenen Gewässern zusammengetragen und Durchschnittswerte ermittelt.
Alter | Länge | Gewicht |
1 Jahr | 20 cm | 150 g |
2 Jahre | 36 cm | 500 g |
3 Jahre | 45 cm | 750 g |
5 Jahre | 60 cm | 1600 g |
7 Jahre | 70 cm | 3200 g |
9 Jahre | 80 cm | 5000 g |
11 Jahre | 86 cm | 6600 g |
13 Jahre | 92 cm | 7400 g |
15 Jahre | 95 cm | 8700 g |
20 Jahre | 106 cm | 12 500 g |
25 Jahre | 120 cm | 17 000 g |
In der Literatur findet man immer wieder den Hinweis, dass der Zander «bedingt durch sein relativ kleines Maul» eine Vorliebe für kleine Fische habe. Dies mag in der warmen Jahreszeit örtlich sicher zutreffen. Aber bereits als Jungfische vertilgen Zander bisweilen überraschend grosse Beute. Daher passiert es beim Spinnfischen immer wieder, dass rund 20 Zentimeter messende Jungzander sogar Wobbler und Gummifische angreifen, die mehr als die Hälfte ihrer eigenen Körperlänge ausmachen!
Für den Rhein bei Bonn ergaben von mir durchgeführte Magenkontrollen bei 48 adulten, zwischen 2017 und 2020 entnommenen Zandern Folgendes: Bei gut einem Drittel der Fische war der Magen leer. In den Mägen der übrigen Zander fanden sich meist Schwarzmeergrundeln (teils mehrere Exemplare; Länge 5 bis 12 cm). Weissfischbrut wurde nur einmal nachgewiesen. In den Mägen von Zandern (68 cm, 71 cm), die in den Monaten November und Januar entnommen wurden, fanden sich relativ grosse Beutefische: Ein Schuppenkarpfen (15 cm), eine Nase (26 cm) und ein Brachsmen (28 cm).
Erkenntnis: Diese Beobachtungen machen deutlich, dass Zander, besonders in der kalten Jahreszeit, auch relativ grosse Beutefische fressen. Kein Wunder, dass in diesem Zeitraum nicht selten Kunstköder attackiert werden, die rund 15 Zentimeter messen.
Seit jeher sind die «Restlicht verstärkenden Glasaugen» in der Zanderliteratur ein Thema. In der Tat hat der Zander wegen seiner ausgezeichneten Sehfähigkeit bei extrem schwachen Lichtverhältnissen und bei steigender Wassertrübung anderen Raubfischen gegenüber einen grossen Vorteil. Dies liegt vor allem am «Tapetum lucidum», einer Zellschicht, die man auch in den Augen vieler anderer nachtaktiver Tiere findet. Beim Zander hat diese Schicht besondere Ausmasse und findet sich in allen Teilen des Auges.
2009 wurde die Empfindlichkeit der Fotorezeptoren von Zandern auch im Hinblick auf verschiedene Lichtspektren untersucht. Dabei stellte sich heraus, dass das Zanderauge über Stäbchen mit einem Absorptionsmaximum von ca. 530 Nanometer (1 Nanometer = 1 Millionstel Millimeter) und zwei Zapfentypen mit Absorptionsmaxima von 530 und 603 Nanometer verfügt.
Was das bedeuten soll? Ganz einfach: Zander können Grün- und Gelbtöne besonders gut wahrnehmen! Tatsächlich wurden von meinen 48 Rheinzandern rund 71 Prozent vornehmlich nachts mit UV-aktiven, grün-gelben Wobblern/Gummifischen gefangen. Das Gros dieser Wobbler verfügte zudem über einen orangen Bauch.
Erkenntnis: Für das nächtliche Spinnfischen mit Wobblern und Gummifischen oder tagsüber bei starker Wassertrübung, sind Grün- und Gelbtöne eine sichere Bank. Und: Vorsicht mit der Kopflampe! Nie nachts in Richtung des Spots leuchten.
Unter Wasser breitet sich der Schall bis zu fünfmal schneller aus als in der Luft. Dass Fische gut hören, ist daher kein Wunder. Der Zander besitzt dafür zwei vordere Schwimmblasenhörner, die ähnlich wie das Labyrinth-System unserer Ohren funktionieren.
Während das Seitenlinienorgan auf das Vibrieren eines Spinnköders reagiert, kann der Raubfisch das Geräusch eines rasselnden Wobblers ebenfalls orten. Damit sind wir bei der Streitfrage, ob «laute» oder «leise» Kunstköder (ohne Rassel) beim Zanderfischen besser fangen. Dazu kann ich sagen, dass 87,5 Prozent der von mir untersuchten Zander, die auf einen Wobbler bissen, mit einem Rassel-Wobbler überlistet wurden!
Erkenntnis: Wer sich zum Beispiel auf knirschendem Kies nachts unachtsam bewegt, riskiert, dass er zumindest im nahen Umfeld seine Zielfische vergrault.
Generell gilt, dass Zander grosse, angetrübte Gewässer mit mehreren Metern Tiefe bevorzugen. Mittlerweile gibt es eine Reihe von Untersuchungen zum Verhalten markierter und mit Sendern ausgerüsteten Zandern.
Typische Standplätze in Seen sind demnach Scharkanten und Unterwasserberge; in Kanälen tiefe Bereiche an Spundwänden und Schilfkanten.
In Flüssen und Strömen halten sich Zander tagsüber meist neben der Hauptströmung in tiefen, ruhigen Rinnen sowie im Bereich anderer Ausspülungen auf. Dies ändert sich in stehenden und fliessenden Gewässern jedoch mit zunehmender Dunkelheit. Oftmals jagen Zander dann in flachen Uferbereichen oder an Steinpackungen und Buhnen – und das nahezu ganzjährig. Je dunkler es wird, desto flachere Bereiche suchen sie auf!
Nicht selten lauern sie zudem an Strömungskanten. Bei Hochwasser werden meist ufernahe, ruhige Standplätze, zum Beispiel im Bereich von Kehrwassern, eingenommen. Hotspots sind dann strömungsarme Uferbereiche an Rampen, Anlegern und Buhnen, ferner Buchten, Altarme, Häfen und Hafeneinfahrten.
Und an frostfreien Tagen ist das Spinnfischen auf Zander vor allem in den Abend- und Nachtstunden produktiv, an kalten Tagen oder bei Frost eher die Mittagszeit (12 bis 15 Uhr). Gut gefangen wird oftmals im Juni nach der Laichzeit und im Zeitraum September bis Januar. Grosse Exemplare werden häufig in der kalten Jahreszeit gelandet. Heisser Tipp: Insbesondere Kanten im Bereich von tiefen Rinnen und Senken sind Grosszander-Topspots.
Erkenntnis: Fangstellen und Fangzeiten ändern sich beständig im Gang der Jahreszeiten, im Hinblick auf Wetter- und Hochwasserperioden sowie im Tagesgang (Hell-Dunkel-Zyklus). Kontinuierlich erfolgreiches Zanderfischen ist daher meist keine leichte Übung, sondern eine Mischung aus Faktenwissen, Beharrlichkeit und Intuition.
Gemeint sind deutlich ansteigende Fangquoten bei bestimmten Wetter- und Luftdruckverhältnissen. Folgt man den Überlegungen des Fischers und Sporttauchers Hans Kathmann, dann kann man trotz einkammriger Zander-Schwimmblase das Thema «Luftdruck» getrost ad acta legen. Dagegen gehen bei warmen, windstillen Wetterlagen in Angler-Netzwerken und Angelshops signifikant häufig Fangmeldungen ein.
Erkenntnis: Ich bin mir sicher, dass windstilles, (schwül-)warmes Wetter und milde Herbst-/Wintertage die Fangquoten beim Zanderfischen kurzfristig deutlich ansteigen lassen.
65 Prozent der gemeldeten Zander-Riesen aus Strömen, Flüssen und Seen wurden mit Kunstködern gefangen (46 Prozent auf Gummifisch, 6,7 Prozent auf Wobbler, der verbleibende kleine Rest auf Twister und Blinker). 35 Prozent der Meterzander nahmen Naturköder (28 Prozent Köfi und Fischfetzen, 7 Prozent Tauwurm, Wurm- und Madenbündel).
Mitte der 2000er-Jahre kamen Fischkundler zu dem Ergebnis, dass Zander bei grellen Lichtverhältnissen und klarem Wasser kaum jagen würden. Dazu fällt mir die folgende, kleine Geschichte ein: Ende August 2018 sah ich im Rhein einen stattlichen Fisch im glasklaren Wasser rauben. «Das ist ein Rapfen», sagte ich zu meiner Frau, und warf einen naturfarbenen Bomber-Wobbler aus. Kaum war er im Wasser, schoss direkt vor uns der Raubfisch an die Oberfläche und schnappte den Köder. Erst kurz vor der Landung wurde klar, dass der Rapfen in Wahrheit ein guter Zander war, der offenbar von der immer wieder zitierten Lichtphobie seiner Artgenossen keinen blassen Schimmer hatte.
Erkenntnis: Keine Regel ohne Ausnahme. Auch das sollte man immer im Hinterkopf behalten.
Und jetzt wünsche ich Dir einen tollen Saisonstart!
Gummifisch/Shads: Zander pirschen sich meistens nah an die Beute heran, öffnen dann blitzschnell das Maul und saugen sie förmlich ein. Dabei muss sich der Köder falten können. Aus diesem Grund sind beim Zanderangeln schlanke, weiche Softbaits eine gute Wahl.
Führung des Wobblers: Eine betont langsame Führung des Wobblers durch ultra-langsames «Einleiern» führt beim Zanderfischen oft zum Ziel. Ähnlich wie beim Faulenzen kann man den Wobbler zudem wie folgt führen: Zwei Umdrehungen mit der Rollenkurbel – Pause (kleiner Spinnstopp) – zwei Umdrehungen – Pause und so weiter. Geheimtipp, falls gar nichts läuft: Twitchen! Manchmal funktioniert nur diese Technik.
Stahlvorfach: Zander sind nicht vorfachscheu! Vor den Wobbler montiere ich deshalb immer ein Stahlvorfach (Länge 30 cm, Tragkraft 10 kg), denn in vielen Zandergewässern schwimmen Hechte. Im November 2020 nahm einer meiner bis dato grössten Flusshechte einen nächtlich eingeleierten Zanderwobbler.
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