![Ganzheitliche Revitalisierung von Kleingewässern [| Teil 1]](/assets/cache/600/600/media/Artikel/2022/03/revitalisierung/IMG_1485.jpg)


24 | 02 | 2025 | Praxis | Reisen | ![]() | ![]() |
24 | 02 | 2025 | Praxis | Reisen |
![]() ![]() |
Wenn die Bäume wieder grün werden und die Tulpen das Leben bunt machen, steigt bei mir das Fliegenfischerfieber. Zwar sind die Flüsse noch kalt und die Forellen träge, doch für mich gehört der zeitige Frühling zur besten Forellenzeit des Jahres. Was Du jetzt am Fluss beachten musst, erfährst Du hier.
Auf dem Weg ins Chiemgau scheint die Welt unterzugehen. Der Schneeregen fällt so dicht, dass der Verkehr fast zum Stehen kommt. Na, denke ich, da haben wir uns ja ein tolles Wochenende zum Saisonstart mit der Fliege ausgesucht! Doch in Siegsdorf sieht es besser aus. Es ist nur leicht bewölkt, und der Wasserstand ist normal. Glasklar fliesst die Weisse Traun zu unseren Füssen. Und – sie steigen! Bei gerade mal acht Grad.
Mein Blick schweift prüfend übers Wasser – und schon entdecke ich Eintagsfliegen mit grünen Körpern und hellgrauen Flügeln: Baetis rhodani. Es ist ein richtig fetter Schlupf. Wie kleine Segelboote treiben sie auf der Oberfläche. Und schwupp – schon ist wieder eine in einem Forellenmaul verschwunden … Der Schlupf dieser Fliegen im März und April ist ein Höhepunkt des Fliegenfischerjahres. Er ist konstanter als derjenige der Maifliege, ausserdem sind Baetis rhodani nicht so gross, weshalb die Forellen länger hungrig bleiben. Und oft schlüpfen sie den ganzen Tag über, meist zwischen 10 und 17 Uhr.
Der Zug ist flach, das Wasser mässig durchströmt. Im Frühling stehen die Forellen gern an solchen Stellen und pflücken sich ohne hohen Energieaufwand die kleinen Proteinbömbchen von der Oberfläche. Einige Fische sind fleissig am Steigen, doch sie sind eher klein.
Da entdecke ich in ganz flachem Wasser eine mächtige Regenbogenforelle, ein grosses Männchen. Schwebend steht sie über dem Kies, nur an der pinkfarbenen Flanke erkenne ich sie. Und wenn ihr schnabelartiges Maul die Wasseroberfläche durchbricht und sich ruhig über eine Fliege schiebt.
Mein Herz schlägt schneller, als ich eine Large Dark Olive in Grösse 12 an das 0,16er-Vorfach knüpfe. Im Frühling fische ich alles eine Nummer grösser als im Sommer. Die Forellen sind hungrig, ausserdem haben sie wegen der Schonzeit ein halbes Jahr keine Angler gesehen. Während im Sommer hier nur eine flussab treibende Trockenfliege in Grösse 16 am 0,12er-Vorfach Aussicht auf Erfolg hat, verzeihen es die Fische im Frühling, wenn das 0,16er-Vorfach über sie treibt.
Es ist fast zu einfach: Der zweite Wurf sitzt perfekt, die graugrüne Fliege treibt direkt auf die Forelle zu, die öffnet das Maul, Anhieb … Danach eilt sie mit Volldampf flussabwärts. Die 5er-Rute ist gefordert, doch der grosse Haken und das nicht allzu schwache Vorfach sind eine sichere Bank. Nach fünf Minuten liegt der Halbmeterfisch im Feumer. So schön kann es im Frühling sein!
Am nächsten Morgen fällt das Aufstehen schwer. Schon am Vortag hatte der Regen begonnen – und hörte in der Nacht nicht auf. Als wir an der Deutschen Traun stehen, ist das Wasser stark gestiegen und brauntrüb. Sichttiefe vielleicht dreissig Zentimeter, Temperatur knapp über null. Mist. Wenn ich heute einen Fisch fange, kann ich zufrieden sein.
An die Trockenfliege ist jetzt nicht zu denken. Ich knüpfe eine dunkle Nymphe in Grösse 12 mit einem kupfernen Messingkopf ans 0,16er-Vorfach und nehme bewusst kein Tungsten, denn ich möchte flach, unmittelbar am Ufer, fischen. Viele Angler machen im Frühling den Fehler, dass sie die Forellen in den tiefen Zügen vermuten. Doch warum sollten sie sich im Tiefen in der harten Strömung das Leben schwer machen? Auch bei einem Schlupf ist es für sie viel einfacher und energieschonender, die Nymphen oder Emerger im flachen, ruhigeren Wasser zu futtern. Deshalb suche ich Innenkurven, wo das Wasser langsam ins Tiefe abfällt. Ich wate nicht, sondern fische zunächst flussauf in unmittelbarer Ufernähe.
In der Kälte sind die Fische träge. Deshalb mach ich zehn, zwölf Würfe, bis ich einen Schritt weitergehe. Lange Würfe braucht es nicht, mehr als sieben Meter Fliegenschnur habe ich selten draussen. Ich fische einen engen Fächer, beginne parallel zum Ufer bis zur Kante der Hauptströmung, nicht tiefer als fünfzig, sechzig Zentimeter. Immer wieder driftet die Nymphe am Grund entlang. Oft habe ich es beim Sichtfischen beobachtet, dass die Nymphe viele Male an der Forelle vorbeitreiben muss, bis sie sich zum Nehmen entscheidet. Und je kälter es ist, umso öfter muss der Fisch die Fliege sehen. So ist es heute auch: Nach acht Würfen an derselben Stelle zuckt mein Bissanzeiger kurz. Anhieb, yes! Ein dumpfer, schwerer Widerstand. Grosse Fluchten macht der Fisch nicht. Er flieht auch nicht in die harte Strömung, sondern zieht Kreise im Uferbereich. An die zwei Pfund hat die Bachforelle. Das trübe Wasser hat ihre roten Punkte zum Leuchten gebracht.
Eine weitere Bachforelle und eine Stunde später habe ich die Innenkurve abgefischt. Gerade ging ein Schneeschauer runter. Weil die Fische heute nicht im ganz Flachen, sondern etwas tiefer an der Kante stehen, knüpfe ich einen ein Meter langen schnellsinkenden Schusskopf an die Fliegenschnur. Ich möchte die Innenkurve noch einmal flussab und nah am Grund befischen. Dazu knüpfe ich eine schwere Tungstennymphe mit Grösse 8 ans kurze Vorfach. Ich werfe flussab in die Hauptströmung und gehe zwei Schritte, damit Schusskopf und Nymphe absinken können. Dann zieht die Strömung die Nymphe langsam die Kante hoch. Strippen muss man nicht, die Nymphe soll sich ja möglichst langsam bewegen. Beim Herumtreiben erfolgen die meisten Bisse. Ist die Schnur parallel zum Ufer, strippe ich langsam ein. Vier, fünf Mal werfe ich, dann mache ich einen Schritt weiter. Auch hier gilt: langsam fischen, den Köder mehrmals an derselben Stelle anbieten. Nach dem dritten Schritt bleibt die Nymphe an der Kante hängen. Ein Stein? Ich schlage an, träge Schläge. Wie ein nasser Sack hängt der Fisch in der Strömung. Kurz darauf liegt wieder eine gut vierziger Bachforelle im Uferkies. Sie hat gar keine roten Punkte und sieht wie eine irische Browntrout aus.
Am Nachmittag wird das Wasser wieder sichtiger. Da entdecke ich in einem Kehrwasser auf der anderen Seite eine steigende Forelle. Ich haste zur nächsten Brücke. Mit der Trockenen ist es halt doch feiner als mit der flussab gefischten schweren Nymphe. Als ich am Platz bin, sammelt der Fisch immer noch fleissig Baetis rhodani auf. Ein paar Mal treibt meine Large Dark Olive über den Platz, bis sie die Bachforelle nimmt. Die hat schon den Frühling im Blut: Sofort zieht sie in die Hauptströmung, die Fliegenschnur knattert von der Rolle. Es dauert eine Weile, bis ich die Bächerne vom Grund lösen kann. Eine knapp 50er trocken erwischt! Glaub mir: Sowas gelingt am ehesten im zeitigen Frühling.
Keine Kommentare (Kommentare erscheinen erst nach unserer Freigabe)
Wir verwenden Cookies, um Ihnen das bestmögliche Erlebnis zu bieten und die Relevanz unserer Kommunikation mit Ihnen zu verbessern. Ihre Präferenzen sind uns wichtig, wir verwenden nur die Daten, für die Sie uns Ihre Zustimmung erteilt haben. Ausgenommen die unbedingt erforderlichen Cookies, welche... Mehr anzeigen für die Funktionalität für die Webseite notwendig sind.
Für weitere Informationen zu unseren Datenschutzrichtlinien lesen Sie bitte unsere Datenschutz- und Cookie-Richtlinien. Weniger anzeigen