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18 | 09 | 2020 | Praxis | ![]() | ![]() |
18 | 09 | 2020 | Praxis |
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Im Spätsommer gibt es in Bächen und kleinen Flüssen keine schönere Methode als das Fliegenfischen mit der Trockenfliege. Wer achtsam pirscht, präzise wirft und die Fliege geschickt führt, erlebt viele spektakuläre Attacken und fängt oft deutlich mehr als seine Kollegen mit Spinn- und Naturködern.
Manche meiner Fliegenfischerfreunde werden meine Offenheit nicht allzu sehr schätzen, aber eigentlich ist es kein Geheimnis. Das Fischen mit der Trockenfliege ist weit mehr als eine ästhetische Spielerei. Es ist oft die erfolgreichste Strategie überhaupt, um Forellen im Bach zu überlisten. Das gilt besonders jetzt im Spätsommer, wenn das Wasser klar ist, und das Krabbeln, Hüpfen und Flattern am Gewässerrand seinen Höhepunkt erreicht.
Wenn der Tisch so reich gedeckt ist mit sechsbeinigem Protein, dann liegt es nahe, dass eine überzeugende Imitation fängig sein muss. Da ein grosser Teil dieses natürlichen Buffets auf dem Wasser oder hilflos gefangen im Oberflächenfilm treibt, ist eine Trockenfliege die logische Köderwahl. Nur das Original ist manchmal noch verführerischer. Ein klassisches Beispiel ist die Heuschrecke an der Tipprute. Aber was, wenn die Fische Ameisen fressen? Die Trockenfliege hat im Vergleich zum Lebendköder zudem den Vorteil, dass man nicht nach jedem Fehlbiss oder Untermässer neu beködern muss.
Ein weiterer grosser Vorteil – vor allem in wirklich wilden Bächen – ist das deutlich geringere Hänger-Risiko. Wo Spinner, Wobbler oder eine Zapfenmontage sich andauernd in Totholz und zwischen Steinen festsetzen, gleitet die Trockenfliege nonchalant über diese Hindernisse hinweg. Mit ein wenig Wurfgeschick und Führungsqualitäten treibt sie sogar unter überhängenden Ästen und Grashalmen ganz nahe am Ufer entlang. Genau dort, wo gierige Farios auf den nächsten Happen lauern.
Das klingt alles überzeugend und aufregend! Bevor jetzt die Euphorie unvernünftig gross wird, ein kleiner Dämpfer. Ganz so einfach ist es nicht, bis man es hinkriegt, dass die Trockenfliege all ihre Vorteile ausspielt. Es braucht durchaus technisches Können, um mit der nötigen Präzision zu werfen und die Fliege fängig zu führen.
Das passende Gerät erleichtert diese Aufgabe. Bewährt hat sich bei mir eine Rute der Gewichtsklasse 4. Mit der Zeit habe ich längere Ruten schätzen gelernt, obwohl sie manchmal mühsam und sperrig sind, wenn man sich durchs Uferdickicht kämpft oder Büsche und Äste den Wurfraum einschränken. Eine Rute mit 9 oder sogar 10 Fuss (270 bzw. 300 cm) bietet dafür ein massives Plus bei der Kontrolle der Schnur, und das ermöglicht netto viel mehr fängige Driften.
Angeboten wird die Trockenfliege an einem verjüngten Vorfach (monofil oder geflochten) von 180 bis 270 Zentimeter Länge mit einer Vorfachspitze, die je nach Fliegengrösse und Gegenwind etwa 50 bis 100 cm lang ist. Das Ziel ist es, dass sich das Vorfach bei einem gelungenen Wurf ganz harmonisch ausrollt und die Fliege «wie eine Schneeflocke» auf dem Wasser landet. In den meisten Fällen ist ein hochwertiges 0,14er-Monofil die beste Wahl.
Wir halten kurz fest: Die Trockenfliege ist im August und September eine sehr attraktive Option für die Bachforellenpirsch. Der Begriff Trockenfliege ist zugegeben ziemlich unscharf. Etwa so ähnlich hilfreich, wie wenn auf einer Menükarte stehen würde: Fleisch mit Beilage.
Natürlich geht es genauer. Nach zwanzig Jahren an den Bächen und Flüssen des Alpenraums habe ich ganz klare Anforderungen an eine Bachfliege:
Als Anfänger stand ich oft ratlos am Ufer und hatte keinen Schimmer, welchem der 157 Muster aus meiner übereifrig zusammengekauften und durch freundliche Gaben von Fischerkollegen erweiterten Sammlung ich in diesem Moment Vertrauen schenken sollte. Mittlerweile habe ich meine Auswahl markant reduzieren können und so sind die ratlosen Momente seltener geworden.
Mit diesen drei Fliegentypen lassen sich alle wichtigen Futtertiere überzeugend imitieren und in turbulentem, aber auch in ruhigem Wasser erfolgreich anbieten.
Um zu entscheiden, wer nun tatsächlich die Rolle des Fario-Verführers an der Vorfachspitze spielen darf, ist aufmerksame Beobachtung die beste Grundlage.
Das Tagesmenü der Forellen unterscheidet sich ganz erheblich nach Region, Höhe über Meer, Saison, Wetter, Tageszeit und der Ökologie des Gewässers.
Die wichtigsten Beutetiere, die Forellen an der Wasseroberfläche fressen, sind Köcherfliegen, Eintagsfliegen und Steinfliegen, Ameisen, Käfer, Heuschrecken und Schnaken. Manchmal findet man im Magen eines gefangenen Fischs auch Wespen, Bienen oder einen Schmetterling. Entsprechend den hauptsächlich verfügbaren oder bevorzugten Tierchen (das stimmt oft nicht überein!) wählt man Grösse und Farbe der Fliege.
In meiner Box überwiegen schwarze, dunkelgraue und braune Muster in den Grössen 10 bis 14. Alle mit gut sichtbarer Signalkomponente in fluoreszierendem Pink oder Orange. Sie erfüllen an neun von zehn Fischertagen ihre Aufgabe.
Sind die Forellen heikler, habe ich in meiner Box einige Grashüpfer in Braun, Gelb und Grün Nr. 10, gelbe Steinfliegen in Nr. 14 und dunkle Steinfliegen in Nr. 8, und ein paar Eintagsfliegen Nr. 12 und Nr. 16 in Hellgrau und Oliv sowie Ameisen in Rot oder Braun in Nr. 14.
Wollen die Fische partout nur Ameiseli und Käferli in Nr. 18, dann gibt es einen eleganten Trick. Man verwendet eine gut sichtbare Fliege als Bissanzeiger und knüpft in ihren Hakenbogen ein weiteres Vorfach von 20 bis 50 Zentimeter Länge. An dessen Ende kommt die kleine Verführerin, die ganz unauffällig gebunden sein darf. Das wirkt manchmal Wunder.
Selbstverständlich beisst die schönste Forelle des Tages dann doch an einer völlig unerwarteten Stelle auf den «Bissanzeiger». Eine spannende Facette mehr dieser wunderbar aufregenden Fischerei – jetzt, ganz aktuell, und für die meisten Petri-Heil-Leserinnen und Leser praktisch vor der Haustür!
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