14 | 04 | 2020 | Schweiz | Praxis | 1 | 19103 |
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Vom Umgang mit Fischabfällen
Das Thema könnte ästhetisch kaum unattraktiver sein – und doch muss jeder Fischer, nachdem er erfolgreich war, sich wohl oder übel die Frage beantworten: Was tue ich mit den Fischabfällen? Um die Anzahl roter Köpfe, für die das Thema regelmässig sorgt, etwas zu reduzieren, macht «Petri-Heil» eine Auslegeordnung und eine Einschätzung für den Umgang mit demjenigen Teil des Fischs, der nach dem Filetieren kaum je fotografiert und herumgereicht wird.
Leserbriefschreiber Martin Gruber ärgerte sich im letzten Herbst darüber, dass von einigen Fischern zunehmend die Fischinnereien im Wasser oder am Gewässerrand entsorgt werden. Nachdem er bekräftigt hatte, dass dies z. B. im Kanton Bern klar verboten sei, fragte er die «Petri-Heil»-Redaktion: «Wie sieht das aber bei uns ‹offiziell› aus? Was sagt das Umweltamt dazu? Und welche Haltung nimmt da der Fischereiverband ein?» Als auch ich eine einschlägige Erfahrung mit einem Polizisten machte, der mich bat, den Fischabfall doch nicht mehr in den See zu werfen, auch wenn es das Gesetz nicht ausdrücklich verbiete, war mir klar, dass auch bei mir Bedarf an Sensibilisierung vorhanden ist und ich mich eingehender mit der Thematik auseinandersetzen muss.
Bundesrätliche Positionierung mit Hintertüre
Der Bundesrat hat im Dezember 2015 eine Verordnung verabschiedet, die Folgendes vorsieht: «Das Entsorgen von Fischabfällen in den Herkunftsseen Seen soll nicht grundsätzlich erlaubt sein.» Weil er nicht formulierte «soll nicht grundsätzlich verboten sein», hat er damit klar seine Präferenz zum Ausdruck gebracht, dass es ihm lieber wäre, wenn die Entsorgung von Fischabfällen möglichst nicht in und an den Gewässern vorgenommen wird. Die Verordnung sieht aber auch vor, dass der Kantonstierarzt Ausnahmen von dieser Regel machen kann. Mit anderen Worten: Der Schweizer Föderalismus lässt es zu, dass die Handhabung dieser Thematik, wie in vielen anderen Bereichen der Fischerei auch, von Kanton zu Kanton verschieden sein kann. Mit dem Hintertürchen Kantonsarzt berücksichtigt der Bundesrat einen kulturellen Unterschied unter den Sprachregionen: Während es in der Romandie gang und gäbe ist, Fischabfälle im See zu entsorgen, haben etwa die Bodensee-Anrainerstaaten und mit ihnen die Kantone Thurgau und St. Gallen in der Deutschschweiz diese Praxis verboten.
Die Haltung des Schweizerischen Fischerei-Verbands SFV
Der SFV war damals im Lenkungsausschuss Anglerausbildung dabei, als das Thema vor der Verordnung von 2015 mit dem Bundesamt für Umwelt BAFU und dem Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BVET besprochen wurde. Er steht nach wie vor hinter der Regelung, wie der Bundesrat sie damals festlegte, und erklärt: «Dass sich der Kantönligeist bei dieser Thematik breit macht, liegt in der Natur der Grundfesten der Schweiz, an denen wir nicht rütteln wollen. Gesetz ist Gesetz und an dieses hat sich jeder Fischer zu halten, auch in Bezug auf die Entsorgung der Fischabfälle.»
Die Positionen der Wissenschaft
Professor Christoph Vorburger, Leiter Abteilung Aquatische Ökologie der Eawag, geht davon aus, dass das Hauptargument gegen die Entsorgung von Fischabfällen am Gewässer ein ästhetisches ist. In unserem dicht besiedelten Land seien die Gewässerufer beliebte Erholungsräume, die niemand durch einen Haufen stinkender Fischköpfe verschmutzt sehen wolle. Abgesehen von der Ästhetik seien Fischkadaver für das Gewässer selbst relativ unproblematisch. Sie stellten eine Ressource dar, die von vielen Tieren (Krebse und andere Invertebraten, Fische, Vögel) genutzt und darum ziemlich schnell abgebaut würden. Einen möglichen negativen ökologischen Effekt beim Ablagern von Fischabfällen am Gewässerufer sieht er darin, dass Gewässerufer Nistplätze für bedrohte Vögel böten, deren Bruterfolg bedroht sei, wenn die Dichte an Prädatoren (Krähen, Möwen, Raubvögel, Raubsäugetiere wie Füchse und Katzen) durch die Abfälle erhöht sei. Als Beleg dafür zitiert er eine australische Studie, die diesen Zusammenhang beweisen konnte: zslpublications.onlinelibrary.wiley.com/doi/abs/10.1111/acv.12133
Fischabfälle als Futter für Kormorane
«Petri-Heil»-Redaktor Andrin Krähenbühl, seines Zeichens auch Biologe an der Eawag, bestätigt, dass es weitgehend ästhetische Argumente sind, die gegen ein Ausbringen von Fischabfällen an unseren Gewässern sprechen. Er fügt aber noch Bemerkenswertes hinzu. In der Berufsfischerei haben in den letzten Jahren wiederholt kontroverse Debatten über die grossen Mengen an Fischabfällen stattgefunden. Eine vom BAFU beauftragte Studie der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaft ZHAW von 2010 hat ergeben, dass zum Beispiel die Menge von 100 Tonnen Fischabfall pro Jahr am Neuenburgersee zu einer Zunahme des Kormoranbestands geführt haben. Dies sei insbesondere widersinnig, weil ja die Fischerei von Bund und Kantonen Massnahmen verlangt, um die Kormoranbestände besser kontrollieren, beziehungsweise reduzieren zu können. Weiter gibt Andrin Krähenbühl zu bedenken, dass durch das Einbringen von standortfremden Abfällen (z. B. durch Köderfische oder zugekaufte Fische von Berufsfischern) die Ausbreitung von Parasiten und Fischseuchen möglicherweise begünstigt wird.
Die Einschätzung der «Petri-Heil»-Redaktion
An erster Stelle steht einmal mehr die gewissenhafte Lektüre der kantonalen beziehungsweise gewässerspezifischen Vorschriften. Die Vielfalt hierzu ist aufgrund des angesprochenen Kantönligeistes gewohnt hoch, weshalb an dieser Stelle auch keine detaillierte Übersicht erfolgt. Weil die Regularien schweizweit transparent und online mittlerweile sehr einfach vom Handy aus einsehbar sind, gibt es da vonseiten der Fischer auch keine Entschuldigungen. Theoretisch kann jeder Fischer auf sein Recht pochen, wenn die Vorschriften es nicht ausdrücklich verbieten, Fischabfälle im Gewässer zu entsorgen. Das Recht ist aber ein schlechter Ratgeber, wenn es darum geht, die gesellschaftliche Akzeptanz für unsere Leidenschaft, die weiterhin hoch ist, aufrechtzuerhalten. Es ist schliesslich nicht jedermanns Sache, einen Fisch auszunehmen oder zu filetieren. Wer diese Bilder nicht erträgt, sollte im Sinn einer Vermeidung von verletzten Gefühlen auch vor den Überresten dieser Tätigkeit geschützt werden. Natürlich kann ein Gewässer in der Regel gut mit Fischresten oder toten Fischen umgehen, wenn deren Menge nicht über das gewässerspezifische Mass hinausgeht. Die Fische verlassen das Gewässer ja auch nicht, wenn sie eines natürlichen Todes sterben. Dennoch gibt es, wie erwähnt, gute Gründe, auf das Ausbringen von Fischabfällen in Gewässern zu verzichten. Wo das Entsorgen von Fischabfällen nicht explizit verboten ist, kann allenfalls eine Entsorgung von kleineren Mengen Fischabfall in tieferem Wasser oder unter grösseren Steinen vertretbar sein, um die negativen Effekte dieser Praxis zu minimieren. Vielleicht einfach nicht gerade dann, wenn eine Touristengruppe oder Primarschulklasse zugegen ist. Letzthin konnte ich beobachten, wie ein Fischer einem anderen unaufgefordert einen Zeitungsbogen angeboten hat, um ihn unter den Fisch zu legen, als dieser daran war, beim Fisch den Kiemenschnitt anzusetzen. Nur, damit dieser keine unschöne Blutlache auf dem Steg hinterlässt. Es sind diese kleinen Gesten, die dafür sorgen, dass wir unserem Hobby noch lange mit Begeisterung nachgehen können.
Bei uns dürfen die Fischer den gefangenen Fisch nicht an Ort und Stelle filetieren! (Nur ausnehmen)lnnereien können ins Gewässer zurückgegeben werden,es sei denn Bandwürmer oder etwelche andere Krankheiten werden festgestellt! In diesem Falle empfehlen wir die Innereien unter Steine zu legen oder zu vergraben !Begründung : Mindestmasskontrolle( ganzer Fisch)