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24 | 10 | 2019 | Reisen | 0 | 24427 |
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Welches ist der grossartigste Fisch? Vom Finesse-Eglispezialisten bis zum «Heavy-Duty»-Welsangler gibt es die unterschiedlichsten Antworten. Robin Melliger hat seinen «perfekten» Fisch in Florida gefunden: den Tarpon.
Als ich das erste Mal die brachialen Sprünge, die der Tarpon in atemberaubender Eleganz vollführt, mit grossen Augen auf YouTube bestaunte, war mein nächstes Ziel sogleich festgelegt. Der Fang eines Tarpons! An diesem Ziel kann ich mich seither festhalten, denn der Fang meines ersten Tarpons war erst der Anfang. Cyril Chauquet leistete damals einen grossen Beitrag an meine heranwachsende Passion. Wem der Name Cyril Chauquet etwas sagt, der weiss, wie verrückt und raffiniert dieser Fischer auf Reisen ist. Die Folge in seiner Serie «Angebissen», in der er auf die silbernen, damals mir unbekannten Torpedos angelte, hat mich besonders beeindruckt. Die kraftvollen Sprünge und das silbern schimmernde Schuppenkleid dieses Fischs fesselten mich. Bald schon träumte ich vom Fang eines Tarpons und den damit verbundenen Abenteuern.
Zurück ins Jahr 2015: Angelguide Aaron Snell schiebt mich in seinem leichten Flatsboat (flach gebautes Boot mit wenig Tiefgang) mithilfe eines drei Meter langen Carbonstocks den flachen Bereichen (Flats) entlang. Wir halten Ausschau nach Tarpons. Die Reinheit und die Farbenvielfalt des Wassers in Key West sind allein schon Grund genug für die Reise. Nach einer Weile entdecke ich einen Schatten über dem grasigen Meeresgrund. Ich bin frustriert, da ich bisher noch keinen Fischkontakt verwerten konnte. Jetzt sehe ich die Umrisse des enormen Fischs genauer. Das Wasser ist hier nur knapp einen Meter tief. Ich will dem Fisch meinen Gummifisch am Einzelhaken perfekt präsentieren. Trotz zitternden Händen gelingt mir ein gut platzierter Wurf. Tatsächlich wird der Tarpon aufmerksam! Der elegant umherziehende Fisch transformiert sich in einen präzisen Jäger, der seine Beute mit einer unglaublichen Schnelligkeit einsaugt. Ein Anhieb ist überflüssig, der Fisch dreht sich direkt nach der explosionsartigen Attacke um 180 Grad und schiesst pfeilschnell davon. Mein «He's ooooonnnn!!» übertönt die kreischende Bremse meiner Rolle. Man verliert schnell die Kontrolle über seine Emotionen, wenn ein 180 Zentimeter langer Fisch den Gummifisch auf Sicht inhaliert, in knietiefem Wasser davonzieht und sich dann mehrere Meter in die Luft schraubt.
Nach einem nervenzehrenden Kampf konnte ich den 60 Kilogramm schweren Tarpon endlich in meinen Armen halten. Ich war überglücklich und wusste bereits damals, dass ich diesem Fisch auch in Zukunft nachstellen werde. Dieses Jahr war ich dann erneut in Florida und konnte einen weiteren Tarpon mit geschätzten 50 Kilogramm fangen. Mit Abstand mein Lieblingsfisch!
Vom Tarpon (Megalops atlanticus) sind noch nicht viele biologische Fakten bekannt, insbesondere das Laichverhalten beinhaltet einige Fragezeichen. Man nimmt an, dass die Tarpune das Laichgeschäft im offenen Meer vollziehen, die Kinderstube der fingerlangen Tarpune sich jedoch in sauerstoffarmen Gewässerabschnitten befindet. Dank einem lungenähnlichen Organ können Tarpune auch in reinem Süsswasser (backcountry) überleben, wo es dank dem tiefen Sauerstoffgehalt deutlich weniger Feinde gibt. Hier nehmen die Tarpune Sauerstoff auf, indem sie an die Oberfläche kommen und mit ihrem oberständigen Maul einen Atemzug nehmen.
Tarpune können bei einer Maximallänge von zwei Metern bis zu 150 Kilogramm schwer werden. Mit dieser Körpergrösse haben sie nur Haie und Menschen als Feinde. Haie haben gegen den bis zu 60?km/h schnellen Tarpon jedoch die schlechteren Karten. Die beiden Räuber teilen seit über 100 Millionen Jahren die Gewässer, wie fossile Funde beweisen. Tarpune können bis zu 80 Jahre alt werden.
In Miami konnte ich ein spannendes Gespräch mit Captain Russell Kleppinger führen, der eng mit den Biologen der Marine University of Miami zusammenarbeitet. Russell erzählte mir, dass Tarpune hochentwickelte Augen haben, die alles andere im Ozean in den Schatten stellen. Nebst einer beachtlichen Weitsichtigkeit ist es dem Tarpon möglich, mehr als 100 Millionen Farben unterscheiden zu können. Der Mensch hat gerade mal ein Wahrnehmungsvermögen von ungefähr einer Million verschiedenen Farben. Die grossen Augen lassen sehr viel Licht zur Netzhaut durch, was den Tarpon zu einem exzellenten Nachträuber macht.
Zwischen Angeltourismus und Katzenfutter
In Amerika ist der Tarpon geschützt und man verliert sofort seinen guten Ruf in der Fischerszene, wenn man einen dieser begehrten Fische tötet. Der Tarpon bringt viele Fischer aus aller Welt nach Florida. In Brasilien sieht das leider ganz anders aus. Dort werden Tarpune entnommen und als Katzenfutter weiterverarbeitet. Die Schuppen werden als Schmuck verkauft oder als heilende Zutat gegen Asthma verwendet.
Doch zurück zur Fischerei. Tarpune haben eine harte Maulpartie und sind folglich sehr schwer zu haken. Ich empfehle starke und scharfe Circle Hooks. Diese Circle Hooks kann man dann am Gummifisch (z.?B. dem schlangenähnlichen «Hogy») mittels einer kleinen Drehfeder befestigen. Es empfiehlt sich, ein Vorfach von mindestens 80 Zentimeter zu verwenden (z.?B. 50?kg Fluorocarbon), welches an einer starken Hauptschnur (mind. 200 Meter 25?kg Geflochtene) mit einem Bimini-Knoten befestigt wird. Die Rolle muss über ein qualitativ hochwertiges Bremssystem verfügen. Die Rute sollte ein Wurfgewicht von 80 bis 150?g aufweisen, damit man auch leichte Köder genau werfen kann und den Tarpon trotzdem in weniger als einer halben Stunde ans Boot kriegt, um eine Übermüdung des Fischs (und des Fängers) zu verhindern.
Eine gute Präzision beim Werfen ist entscheidend. Der Köder muss nahe an den Fisch herangeworfen werden, um beim Tarpon den gewollten Instinkt auszulösen. Man sollte jedoch vermeiden, hinter den Fisch oder direkt auf den Fisch zu werfen. Die Köderführung variiert und ist situationsabhängig. Ich hatte mit einer eher langsamen Twitch-Führung des Hogy-Köders am meisten Erfolg. Man verliert von zehn gehakten Fischen ungefähr deren sechs. Wenn ein Tarpon springt, muss man unbedingt seine Rutenspitze zum Fisch bewegen, so wird die Wahrscheinlichkeit deutlich reduziert, dass der Fisch den Haken abschüttelt.
Ich empfehle einen Guide zu buchen, um die limitierte Zeit auf dem Wasser optimal nutzen zu können. Seit einigen Jahren bin ich mit Captain Aaron Snell befreundet. Aaron ist ein professioneller Fischerguide in Key West. Er hat sich auf die Kunstköderfischerei auf Tarpon spezialisiert und ist auch ein passionierter Fliegenfischer. Für weitere Informationen kann man mich auf Facebook anschreiben oder sich direkt per Mail an ihn wenden: keywestfishingguide@gmail.com. Ebenfalls ein super Tarponguide ist Russell Kleppinger, der auf Facebook gefunden werden kann.
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