07 | 05 | 2016 | Praxis | 0 | 8051 |
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Schleppfischen auf Wels
Unaufhaltbar breiten sich die Welse auch bei uns aus. Immer mehr Fischer interessieren sich für die schleimigen Giganten. Gezieltes Schleppfischen auf Wels wird indes noch wenig praktiziert, obwohl diese Methode sehr wirksam sein kann!
Meine Zanderrute in der Hand haltend, schleppe ich quer über den morgendlich stillen See. Die geflochtene 0,15er-Schnur überträgt die Wobbel-Bewegungen des bewährten Rapala Deep Tail Dancers auf die Rute – ein vertrautes Gefühl. Mein Köder spielt in acht bis zehn Metern Tiefe – bis der «Hänger» kommt.
Ich wende das Boot und fahre – dabei Leine einholend – auf die Hängerstelle zu. Nur befindet sich diese mittlerweile nicht mehr am selben Ort! Die Rute beginnt sich bis zur Belastungsgrenze zu krümmen, dumpfe Schläge lassen einen Riesenfisch erahnen. Bestimmt kein Zander, vielleicht ein kapitaler Hecht? Oder gar ein Wels?
Dann plötzlich erschlafft die Leine, der Widerstand ist weg und meine Enttäuschung gross. Meinen Lieblingswobbler bin ich los… Ich untersuche das Vorfach. Mein 0,30er-Fluorocarbon ist weit hinauf mit einer zähen Schleimschicht verklebt und das abgerissene Ende massiv aufgeraut. Klare Indizien, dass hier ein grosser Wels im Spiel war.
Welse auf dem Vormarsch
In der Schweiz waren die Welse ursprünglich im Gewässersystem des Seelands sowie im Bodensee-Rhein heimisch. In Österreich lag ihr Verbreitungsschwerpunkt im Donau-System und in Deutschland ebenfalls in den grossen Fluss-Systemen. In den letzten Jahren mehren sich die Fangzahlen überall, und es tauchen immer wieder Fangmeldungen aus vormals welsfreien Gewässern auf. Hecht-, Zander- und Karpfenfischer machen vermehrt Kontakt mit den Bartelträgern. Welse sind europaweit eindeutig im Vormarsch! Leider auch durch illegalen Besatz haben sie zahlreiche neue Gewässer erreicht. Sind diese neuen Reviere zudem warm, nährstoff- und fischreich, etabliert sich der Wels meist erfolgreich.
Dass Welse Grundfische sind, stimmt nur für die Ruhephasen. Hungrige Welse lauern nicht wie Hechte an einem Standplatz, sondern suchen aktiv schwimmend nach Beute. Welse haben einen ausgeprägten Rhythmus mit Ruhephasen, in denen sie träge auf dem weichen Gewässerboden liegen, und Aktivitätszeiten mit ausgedehnten Streifzügen und Beutejagd. Als Schleppfischer suchen wir gezielt diese aktiven Welse.
Interessant ist, dass die aktiven Phasen zu jeder Tageszeit stattfinden können – auch bei Helligkeit und heissem Sonnenschein. Ganz bestimmt sind auch die Nächte für die Welsfischerei interessant, aber hier gilt es, sich an die gesetzlichen Bestimmungen zu halten. Bemerkenswert ist auch die Beobachtung, dass sich die aktiven Phasen der Welse innerhalb weniger Tage komplett verschieben können.
Gerät für starke Gegner
Wenn wir viele Welse im Revier haben und diese mit der Schlepptechnik gezielt befischen wollen, müssen wir uns auf grosse und starke Gegner einstellen. Aber bitte nicht übertreiben! Die Rute braucht absolut kein Modell «Besenstiel» zu sein. Eine kräftige Schlepprute um 100 Gramm Wurfgewicht reicht. Bestückt mit einer robusten Multirolle und einer Geflochtenen mit 20 Kilo Tragkraft kann auch ein grosser Wels gelandet werden. Dieses Gerät ist ja durchaus auch für Hechte einsetzbar. Und es macht absolut Sinn, sich auf Hecht und Wels gleichzeitig auszurichten, da sich diese Arten das Revier oft teilen.
Für Welse würde ein dickes Hardmono-Vorfach reichen, doch wenn schöne Hechte zu erwarten sind, empfehle ich lieber gleich ein 20 Kilogramm tragendes Titanium-Vorfach. So ist man gegen Hechtzähne wie auch gegen die nadelscharfen Bürstenzähne der Welse gewappnet. Beim Welsschleppen dürfen wir zu stattlichen Ködern greifen, die auch ordentlich Druckwellen erzeugen. Grössere Wobbler von Rapala, Musky Mania, Depth Raider, Halco, Mann’s usw. aber auch XL-Gummifische aller Art bringen Bisse. Auch Blinker wie Eff-Zett, Ma-So-Ca, Kuusamo usw. funktionieren.
Farbe und Dekor sind nicht wirklich relevant, da das Sehvermögen der urigen Riesen mit ihren Knopfaugen bescheiden ist. Hier können wir getrost Köder verwenden, die auch Hechte und Zander mögen. Grosse Köderfische am robusten System präsentiert erzeugen neben der Verwirbelung eine attraktive Duftspur, auf die ein Beute suchender Wels aufmerksam gemacht wird.
Welse sind unglaublich wendige Jäger. Bei ihrer arttypischen Körperproportion macht das Schwanzschwert zwei Drittel der Gesamtlänge aus. Dies erlaubt dem Jäger, auch Haken schlagende Beute rasch zu erreichen. Welse sind wie Hechte in der Lage, mit dem grossen Maul blitzschnell ein kräftiges Vakuum hinter der Beute zu erzeugen. Da verschwindet bei einem kapitalen Wels auch ein 30-50 Zentimeter langer Fisch in Sekundenbruchteilen im Rachen!
Köder breit fächern
Für eine erfolgreiche Wels-Schlepp-Pirsch ist schon einige Geduld nötig. Darum lohnt es sich, die Komponenten so zu wählen, dass auch andere Raubfischarten als Beifang möglich sind. Also ist es besser, nicht zu grob und nicht mit übertrieben grossen Ködern zu fischen. Denn nicht überall ist die Welspopulation so dicht wie im spanischen Ebro-System, wo beim Schleppen die Welse bisweilen im Stundentakt beissen.
Da Welse in den Weiten des Sees einzeln umherziehen und es «viel Wasser zwischen den Individuen hat», steigen die Chancen für einen Biss, wenn wir die Köder breit gefächert anbieten. Planerboards erlauben uns, eine breite Spur abzufischen. Wo immer Schwärme von Weissfischen, Egli, Felchen usw. zu finden sind, werden früher oder später auch Welse aufkreuzen. Das kann mitten im See an der Oberfläche, aber unter Umständen auch im flachen Uferbereich sein. Selbst in knapp metertiefem Wasser haben wir Welse von über 2,30 Metern Länge gefangen. In genau der Tiefe, wo der Futterfisch steht, bieten wir unsere Köder an. Die Schleppgeschwindigkeit richtet sich nach dem Köder und bewegt sich zwischen 2,5 und 4 Stundenkilometer.
Welsbisse sind meist recht brachial. Als mit Abstand grösster mitteleuropäischer Süsswasserfisch vermag er sich entsprechend zur Wehr zu setzen. Deshalb müssen Haken, Karabiner und Sprengringe passend dimensioniert und von bester Qualität sein. Welse kämpfen nicht schnell und quirlig wie Gross-Salmoniden, Tarpon oder Nilbarsch. Schwer und wuchtig ziehen sie davon und reissen ausdauernd Schnur von der Rolle. Gegen Ende des Drills lassen sie Luft von der Schwimmblase ab und «machen sich schwer». Die Landung per Welsgriff am Unterkiefer stellt die sicherste und beste Methode dar. Ein robuster Handschuh verhindert blutige Handrücken.
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