14 | 03 | 2016 | Praxis | 0 | 16531 |
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Die Speisekarte der Bachforelle
Um beim Fliegenfischen auf Bachforellen Erfolg zu haben, ist es entscheidend zu wissen, was die Farios gerne fressen. Bernd Kuleisa beschreibt die wichtigsten Nährtiere der Bachforelle und mit welchen Fliegenmustern man sie am besten imitiert.
Vier Kategorien von Nährtieren sind für Forellen interessant.
- Wasserinsekten
- Landinsekten
- Futterfische
- Sonstige Nährtiere
Fangen wir ausnahmsweise mal hinten an, denn das Thema ist schnell erledigt. Sonstige Nährtiere sind Lebewesen, die nur selten den Weg in den Forellenmagen finden. Frösche, Egel, Lurche und Mäuse. Vielleicht schauen Sie erstaunt, weil ich Mäuse genannt habe? Ja, ich schwöre es, ich habe einmal eine Bachforelle gefangen, die eine Wasserspitzmaus im Magen hatte! Und die Forelle war gar nicht einmal so gross.
Die Regel sind solche räuberischen Untaten aber nicht, denn Forellen können sich nur von Dingen dauerhaft ernähren, die regelmässig vor ihrem Maul erscheinen. Diesen wichtigen Tierchen wenden wir uns jetzt zu.
Wasserinsekten
Wir tasten uns vorsichtig in einen Bach oder Fluss vor. Dort, wo die Strömung lebhaft grössere Steine umspielt, halten wir inne. Wir heben einen Stein auf und drehen ihn um. Nichts zu sehen? Na, dann versuchen wir es mit dem nächsten. Aha! Einige fragile Tierchen wimmeln umher. Es sind Larven, die hier ihr Zuhause haben. Manche huschen davon, einige bleiben fest am Stein kleben. Dies sind Larven der Köcherfliege. So haben wir, mit etwas Glück, auf einen Blick die beiden wichtigsten Wasserinsekten gesichtet. Die flinken Larven der Eintagsfliege (Nymphen) und die Larven der Köcherfliege. Diese Wasserinsekten sind für Forellen besonders wichtig, weil sie zahlreich in vielen Spielarten am Grund unserer Gewässer lauern. Worauf lauern sie? Auf den Moment, an dem sie ihrer wahren Bestimmung folgen und aus dem Wasser steigen, um zu geflügelten Insekten zu werden. Diese Verwandlung geschieht oft massenhaft an warmen Tagen des Frühlings, des Sommers, des Herbstes. Sogar im Winter kann es zu diesem Phänomen kommen, einem so genannten Schlupf. Dieses Wort ist magisch für jeden Fliegenfischer!
Nehmen wir einmal den Lebenslauf einer Eintagsfliege unter die Lupe. Wie gelangt die Nymphe in das Wasser? Dies geschieht durch die Eiablage des geflügelten, erwachsenen Insektes in das betreffende Gewässer. Vorsichtig nähert sich die Eintagsfliege dazu der Oberfläche und legt die Eier ab. Bald nach dieser Handlung endet das Leben der Eintagsfliege, sie verliert an Kraft und stirbt. Mit seitlich ausgebreiteten Flügeln treibt sie dahin; sie ist hilflos, selbst wenn noch etwas Leben in ihr sein sollte. Die Forellen lassen sich natürlich nicht lange bitten…
Diese absterbende Form der Eintagsfliege nennt man Spent; ein Name, den man sich merken sollte. Er gibt einen guten Anhaltspunkt, wenn man passende Imitationen sucht. «CDC Spent» sind da beispielsweise im Regal des Fachgeschäftes zu sehen. Aus dem, was wir bisher gelernt haben, lässt sich zusammenfügen, was das bedeutet. Es ist eine Imitation einer absterbenden Eintagsfliege (Spent), gebunden mit Entenbürzelfedern (CDC).
Wir folgen weiter dem Lebenszyklus der Eintagsfliege. Aus dem zu Boden sinkenden Ei entwickelt sich die Nymphe; sie richtet sich am Flussgrund ein. Natürlich sucht sie Schutz, den sie unter Steinen, an Wasserpflanzen und an totem Holz findet. Manche Nymphen verlieren im Laufe ihres Lebens den Halt, treiben ab oder werden frei gespült. Unsere Forellen haben darauf ein waches Auge und sind deshalb immer bereit, eine Nymphe zu fressen. Dies, lieber Leser, bitte merken! Aus diesem Grund sind Nymphen aus unserer Fliegendose nicht wegzudenken. Sie sind selbst an kalten Tagen für unsere Zielfische attraktiv. Die Regel lautet: Wenn die Fische nicht steigen, fischen wir in Grundnähe – mit der Nymphe!
Die «echte» Nymphe steigt nur einmal im Leben zur Oberfläche. Dies geschieht vielleicht an einem schönen Frühlingsnachmittag im Mai, das wäre typisch. Der Oberflächenfilm ist eine Schranke, die Nymphe drängelt sich hindurch, der Brustbereich der Nymphe platzt auf und die Flügel entfalten sich. Ein Wunder geschieht – ein völlig anderes Wesen, die so genannte Dun, erscheint. Die Flügel stehen aufrecht, sie sind matt und trübe wie eine Milchglasscheibe. Fassen wir zusammen. Wir sehen ein kleines graues Etwas mit zarten Schwanzfäden, dass sich mit einer Trockenfliege der Grösse 14 gut imitieren lässt. Die klassische «kleine Graue» ist aus diesem Grund die wichtigste Trockenfliege überhaupt!
Da es viele Eintagsfliegen gibt, grosse grünliche (wie die berühmte Maifliege), kleine bläuliche oder mittelgrosse gelbe, sind der Phantasie des Fliegenbinders keine Grenzen gesetzt. Die Forellen fressen jedoch bevorzugt das, was in Massen vorhanden ist und deshalb liegen wir mit einer kleinen grauen Dun sehr häufig richtig.
Das Stadium zwischen dem der Nymphe und der Dun hat einen eigenen Namen. Diese Phase ist zwar kurz, aber für die Fischerei sehr wichtig. Die Rede ist vom Aufsteiger oder Emerger! Der Brustbereich des Emergers ist wulstig ausgeformt, darin machen sich schon die Flügel bereit, den Brustpanzer zu sprengen.
Wenn der Emerger im Oberflächenfilm klebt, ist er völlig hilflos. Die Forellen wissen das zu schätzen und tun sich gütlich. Imitationen des Emergers sehen zwar ungemein schmucklos und einfach aus, aber sie sind sehr fängig. Ganz wichtig beim Fischen mit dem Emerger ist es, dass die Imitation in den Oberflächenfilm einsinkt – wie das Original. Emerger sind schwer im Auge zu behalten, nur der entstehende Ring informiert uns über den Gang der Dinge. «Forelle hat genommen!» Los Junge, Anhieb!
Was geschieht mit den Duns, die es schaffen, den Forellen zu entkommen? Sie fliegen davon, häuten sich und durchsichtige Flügel kennzeichnen nunmehr das fortpflanzungsfähige Insekt, das Imago genannt wird. Dieses hübsche Wesen trifft sich nun mit anderen. Zum Hochzeitstanz fern des Wassers! Die Feier währt nur kurz, es folgt die Eiablage. Das Ende ist bekannt; das Spent-Stadium steht unmittelbar bevor. Ein kurzes, aber intensives Leben.
Nun zum zweitwichtigsten Wasserinsekt. Im Lebenszyklus der Köcherfliege sind drei Stadien für uns Fliegenfischer von Belang:
- Die Zeit, da sich die Larve am Grund versteckt
- Die Phase der auskriechenden Larve (Puppe)
- Die Periode, in der das geflügelte Insekt aufreizend über das Wasser gleitet, um die Eier abzulegen
Deshalb müssen mindestens drei Muster vom Typ Köcherfliege in jede Box. Nymphen (zum Beispiel Goldkopfnymphen wie die Goldhead Caddis), einige vom Typ Puppe (mein Favorit ist die Superpupa) sowie gut schwimmende Imitationen des schwirrenden Insektes (CDC Fluttering Caddis).
Steinfliegen sind ebenfalls wichtige Wasserinsekten. Diese Tierchen ähneln der Köcherfliege, aber die Unterscheidung fällt durch ein besonderes Kennzeichen leicht. Betrachtet man beide Tiere in der Ruhephase, dann wird deutlich, dass die Köcherfliege ihre Flügel dachartig an den Körper legt, die Steinfliege hingegen flach wie bei einem Bungalow.
Das Erscheinen von Steinfliegen ist selten so bestimmend für die Fischerei wie der Schlupf von Eintagsfliegen oder das massenhafte Schwirren der Köcherfliegen. Einige Steinfliegenimitationen habe ich trotzdem immer dabei; man weiss ja nie! Gewässer mit hoher Wasserqualität sind Voraussetzung für das Überleben dieser Insekten; Steinfliegen sind deshalb ein Bio-Indikator für saubere Umwelt. Ich sehe sie deshalb immer wieder gern!
Weitere Wasserinsekten, die wichtig werden können, sind Mücken! Es gibt berühmte Muster, meist sehr kleine auf Haken der Grösse 18, 20 oder noch winziger gebunden, die man haben sollte. Wenn Sie in Seen fischen, müssen einige Minifliegen vom Typ Black Gnat oder Buzzer mit!
Libellen, Wasserkäfer, Ruderwanzen. Sie alle sind ebenfalls in der Box des perfekten Fliegenfischers zu finden. Aber wer ist schon perfekt? Ehrlich gesagt, ich trage sie seit Jahren mit mir herum und benutze sie fast nie. Dafür sind andere dauernd am Vorfach: die kleine Graue, die CDC Caddis, die Superpupa, meine Goldkopfnymphen und Emerger. Also bitte nicht erschrecken vor den vielen Fliegen, die es gibt! Man muss sie nicht alle haben.
Ein wichtiges Nährtier habe ich noch vergessen. Den Flohkrebs! Er ist nicht zu unterschätzen. Fängige Imitationen gibt es im Fischereiartikelhandel zu kaufen.
Landinsekten
Nun zu einer anderen Gruppe, den Insekten, deren Lebensraum weniger feucht ist. Nehmen wir dazu einmal an, es sei Sommer. Es krabbelt, wimmelt und grimmelt überall. Käfer, Ameisen, Raupen, Wespen, Heuschrecken, Brummer. Man fasst sie unter der Bezeichnung Landinsekten zusammen. Viele von ihnen erleiden im Laufe des Lebens einen Unfall. Eine Wasserlandung. Dies geschieht bei Käfern durch Fehltritte, bei Ameisen ist es meist der Wind, der sie auf dem Hochzeitsflug erwischt und auf das Wasser weht. Die Fische wissen das. Die meisten Forellen meiden im Sommer zwar das offene Licht, sie lauern jedoch aufmerksam im Schatten der Ufervegetation oder unter Baumwurzeln. Ihr Blick ist nach oben gerichtet. Für eine leckere Zwischenmahlzeit machen sie durchaus eine kurze Visite zur Oberfläche. Besonders dann, wenn das Futter direkt vor dem Versteck ins Wasser fällt.
Welche Imitationen sollte man in der Fliegendose haben? Nun, ich fische bevorzugt mit Käfern und Ameisen. Ganz selten tritt der Fall ein, dass beide Muster versagen. Standard, also ein Muss für den Fliegenfischer im Hochsommer, ist eine gute Käferimitation. Viele Kollegen benutzen dafür ein Allroundmuster, zum Beispiel die gute alte Red Tag oder eine Black Zulu. Mir macht es Spass, mit Imitationen zu fischen, deren Körper aus Schaumstoff (Foam) besteht und die in erstaunlich «echter» Weise die natürlichen Vorbilder imitieren. Solche Foam-Fliegen gibt es im Fachhandel zu kaufen und allein der Besitz dieser lustigen Gesellen macht soviel Spass, dass ich in diesem Fall ausnahmsweise mal zu naturalistischen Mustern mit hohem Kunststoffanteil greife. Schauen Sie sich die wilde Krabbelhorde einmal an. Die sehen einfach klasse aus, oder? Und was noch wichtiger ist: Sie gefallen auch den Fischen.
Zur Sommerzeit sind Landinsekten nicht nur an Bächen wichtig. An Talsperren und Seen, die inmitten von Wäldern liegen, wehen häufig Ameisen auf das Wasser. Und wer nun keine passende Imitation anbietet, der geht als Schneider nach Haus. Es ist erstaunlich, wie fixiert die Forellen in solchen Momenten auf die Silhouette einer Ameise sind. Das kann zu einer selektiven Nahrungsaufnahme führen; ich habe es selten so eindrucksvoll erlebt wie bei Ameisen. Man fängt nichts, bis man etwas mit «schlanker Taille» anbietet.
Probieren Sie es! Landinsekten-Imitationen geben der Pirsch zur Sommerzeit die besondere Würze.
Futterfische
«Insekten sind ja ganz nett», spricht die grosse Bachforelle, «aber satt werde ich davon nicht!» Wir alle wissen es: Bachforellen sind Raubfische. Forellen haben alle Möglichkeiten, Kleinfische zu packen und zu verschlingen, denn sie sind flink, stark und mit scharfen Zähnen ausgestattet. Spinnfischer greifen zu Wobblern, Spinnern und anderen Ködern; sie haben eine reiche Auswahl und sind deshalb in der Regel erfolgreicher als wir Fliegenfischer. Das muss man ehrlich zugeben. Uns bleibt eine Waffe, der Streamer, nur er kann die deftige Kost imitieren, die eine Raubforelle bevorzugt.
Ein Versuch lohnt sich unbedingt! Das Fischen mit der Trockenfliege und Nymphe, nennen wir es mal das feine Fischen, ist eine Freude. Aber wer grosse Forellen will, muss derber fischen und sich mit dem Streamer befassen. Dickere Vorfächer, stärkere Ruten, beschwerte Fliegen sind gefragt. Nicht jedem liegt das. Einsteigern rate ich zu kleineren Streamern, Hakengrösse 2 bis 6, die noch gut mit einer 6er-Rute zu werfen sind.
Möchten Sie eine Empfehlung für ein Allroundmuster? Gern. Ich habe immer einige Goldkopfstreamer mit Marabouschwanz (Fritz Goldhead, Grösse 10) dabei. Die kann man noch gut mit einem lockeren Rollwurf ausbringen und die Erfolge, die ich im Laufe der Jahre damit hatte, können sich sehen lassen. Nun aber ran ans Wasser – jetzt wird gefischt!
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