


03 | 11 | 2020 | Praxis | ![]() | ![]() |
03 | 11 | 2020 | Praxis |
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Das Schleppfischen ist hierzulande die effektivste Methode, um zuverlässig grosse Fische zu fangen. Daniel Ducret erklärt alle wichtigen Punkte, auf die es beim Schleppen ankommt.
Eigentlich ist das Schleppfischen ja ganz einfach. Man nimmt ein Boot, zieht ein paar Köder hinterher und kreuzt wahllos auf dem See herum, während man das Wetter und das Panorama geniesst. Und tatsächlich laufen die Köder selbstständig neben, hinter oder unter dem Boot her, doch das Schleppfischen ist eine komplexe, spannende und mit beachtlichem Aufwand verbundene Art des Fischens. Als Belohnung winken dafür die grossen und besonders begehrten Fische. Es sind dies die Seeforellen und kapitale Freiwasser-Hechte, die für Uferfischer zumeist unerreichbar in den blauen Weiten unserer Voralpenseen ihre Runden ziehen.
Ein gewichtiger Vorteil des Schleppfischens liegt in der Anzahl der Köder, welche gleichzeitig gefischt werden können. Je nach Kanton dürfen pro Patent bis zu zehn Köder aufs Mal gefischt werden. Damit kann ein grosser Gewässerabschnitt systematisch in verschiedenen Wassertiefen bis zu 50 Meter Tiefe befischt werden – also überall dort, wo sich unsere Zielfische aufhalten. Trotzdem ist damit der Fangerfolg noch lange nicht garantiert. Nur eine ständige Auseinandersetzung mit der Natur, mit den Fischen, deren Nahrung und momentanen Aufenthaltsbereichen bringt die gewünschten Erfolge. Dazu gehören auch gute Wetter- und Gewässerkenntnisse und ein systematisches Vorgehen. Durch die Erfahrung mit jeder einzelnen Schlepptour steigen die Erfolgschancen und es kommt der Moment, an dem der Schleppfischer diese Art der Fischerei nicht mehr missen will. Dazu gehört auch der Austausch mit Gleichgesinnten: Gute Ausfahrten bleiben unvergesslich und das angeregte Gespräch über fängige Köder, Gewässerstellen, Beobachtungen und Fanggebiete ist auch beim Schleppfischen nicht wegzudenken.
Das Schleppfischen hat eine lange Geschichte und wird in alten Angelbüchern als ehrwürdige Angeltechnik dargestellt. Die Fischer unter unseren Vorfahren hatten schon vor vielen tausend Jahren das Bedürfnis, ihre Fänge und Methoden den Mitmenschen auf Höhlenmalereien und in Form von geschnitzten Kunstwerken mitzuteilen. In der vorchristlichen Kunst der Ägypter und Griechen findet man die ersten dokumentierten Schleppangler oder Meerfischer mit Ruten. Münzprägungen vor über 2000 Jahren und später Bilder in Büchern haben viele Fischereierlebnisse für die heutige Zeit erhalten. Auch bei den Ureinwohnern Nordamerikas war das Schleppfischen seit jeher bekannt. Ihr Zielfisch war in erster Linie der Lachs. Sie knoteten aus Haaren geflochtene Schnüre an ihre Paddel. Ihre Köder waren kunstvoll aus Knochen bearbeitet und gerieten durch die Ruderbewegung in reizvolle Bewegungen. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts wird die Fischerei mit Rute und Rolle und künstlichen Ködern auf Raubfische ausgeübt. Es waren vor allem Skandinavier, welche sich der Spezialisierung, Erweiterung und Entwicklung der Ausrüstung annahmen. Erste Köder, vergleichbar mit den heutigen Wobblern, stammten aus Finnland. Die Finnen schnitzten diese aus Holz, bemalten sie und versahen sie mit einer Tauchschaufel. Durch ihre typischen, einen kranken Beutefisch imitierenden Bewegungen verleiten sie viele Raubfische zum Anbiss und wurden schnell auch zu einem kommerziellen Erfolg. Noch heute findet man viele Marken skandinavischen Ursprungs. Die Erfindung des Downriggers, Planerboards, der Tiefseerolle usw. haben dann die Schleppangelei in den letzten Jahrzenten revolutioniert. Heute wird das Schleppfischen auf Salz- und Süsswasser betrieben, zu kommerziellen Zwecken und als Freizeitbeschäftigung – und das auf der ganzen Welt.
Endlose Ködervarianten mit verschiedenen Lauftiefen, Farben, Grössen usw. machen unsere Freizeitbeschäftigung nicht unbedingt einfacher. Ein allgemeingültiges Erfolgsrezept sucht man entsprechend vergebens. Ein Nachteil des Schleppfischens gegenüber dem aktiven Fischen mit der Rute ist die kleinere Flexibilität. Wer seinen Köder wirft und aktiv führt, kann bei jedem Wurf seine Geschwindigkeit, Tiefe, Köderführung und das Ködermodell anpassen. Beim Schleppfischen nimmt das Ausprobieren verschiedener Modelle, Schnurlängen, Bleie usw. viel mehr Zeit in Anspruch. Hat man an seinem Gewässer endlich mal den Dreh raus, heisst dies noch lange nicht, dass dieselbe Abstimmung an einem anderen Gewässer ebenso funktioniert. Kommt hinzu, dass Wassertemperatur, Sichtigkeit, Jahreszeit, Sprungschicht, Futterangebot und vieles mehr einen wesentlichen Einfluss darauf haben, welche Modelle gerade fangen oder eben nicht. Dabei ist es so, dass eigentlich jeder Köder seine Fische fängt. Die Kunst ist es, diese zur richtigen Zeit, am richtigen Ort, bei richtigen Bedingungen mit der richtigen Schleppgeschwindigkeit anzubieten. Das Finden «seiner» Lieblingsschleppmethode(n) und deren Köder kann viele Stunden, Tage, Wochen, Monate, ja sogar Jahre dauern – doch es lohnt sich, diese Zeit zu investieren. Und hier kommt einer der Hauptvorteile des Schleppangelns zum Zug: Wer mit mehreren Anbiss-Stellen unterwegs ist, kann eine grosse Palette unterschiedlicher Köder in unterschiedlichen Wassertiefen anbieten.
Es gilt, die Köderwahl auf das vorhandene Futterangebot anzupassen. Raubfische lassen sich oft überlisten, indem wir unsere Fischimitate der Grösse und Farbe den aktuell vorhandenen Futterfischen anpassen und entsprechend anbieten – und das in der Tiefe, wo diese sich gerade aufhalten. Das Schöne daran? Auch das funktioniert regelmässig nicht. Darum können an solchen Tagen gerade leuchtende Köderfarben die Räuber zu einem Biss verleiten. Wer eine Statistik führt und die nötige Geduld aufbringt, wird sich seine erfolgreiche Variante erarbeiten. Spätestens wenn der erste Meterhecht oder die erste 10-pfündige Seeforelle gefeumert ist, wird man sich daran erinnern.
Ist das gewünschte Schlepptempo erreicht, können die Köder ins Wasser gelassen werden. Dabei kann ihr Laufverhalten in der gewählten Geschwindigkeit kurz neben dem Boot getestet und allenfalls korrigiert oder ausgewechselt werden. Sind alle Köder draussen, werden die vielversprechenden Stellen angesteuert.
In jedem Gewässer gibt es Bereiche, in denen sich wenig bis keine Fische aufhalten. Studien zeigen, dass sich 90 Prozent der Fische in 10 Prozent des Gewässers befinden – und dies unabhängig davon, ob es sich um ein überschaubares, pflanzenreiches Biotop oder um einen glasklaren, grossflächigen Voralpensee handelt. Mit der Verwendung einer Gewässerkarte können vielversprechende Stellen gezielt angesteuert und mehrmals befahren werden. Markierungspunkte an Land wie Bergspitzen, Schiffländen, markante Bäume und Gebäude, dienen dabei als Navigationshilfen. Mit einer modernen Navigations-Ausrüstung lassen sich die Tiefe des Gewässers sowie die Standorte der Beute- und Raubfische ermitteln. Mit dem Echolot werden Untiefen, Kanten, Krautbänke, Unterwasserberge, Felsvorsprünge und Flachwasserbereiche ausfindig gemacht. Mit den Angaben über die genaue Wassertiefe unter dem Boot können wir entlang der Kanten, oberhalb von Krautbänken oder in der Sprungschicht fischen. Auf GPS-Karten lassen sich Routen aufzeichnen und können Fischkontakte markiert werden. Es lohnt sich, fängige Stellen erneut anzusteuern, dies auch im Freiwasser, wo es keine direkten Anhaltspunkte wie Kanten oder Untiefen für Fische hat. Das Fahren im leichten Zickzack-Kurs ist in jedem Fall empfehlenswert. Oftmals folgt in einer Kurve der erhoffte Biss. Dies hängt damit zusammen, dass unsere Köder von den Räubern beobachtet oder sogar verfolgt werden. Sobald sich eine Unregelmässigkeit im Laufverhalten ergibt – der Köder kurz sinkt, anhält, verlangsamt oder beschleunigt – entschliesst sich der Raubfisch zur Attacke.
Bei einem Biss ist kein Anhieb nötig, zumal das je nach Gerätschaft auch gar nicht möglich ist. Durch die Schleppgeschwindigkeit hakt sich der Fisch von selbst. Das Schlepptempo behält man bei oder drosselt es nur wenig. Damit wird ein Gewirr der anderen Köder vermieden. Während des Drills versuchen grosse Fische oft, in Hindernisse zu flüchten (Holzstämme, Schilf, Uferzonenbereiche usw.). Erfolgt also ein Biss in Ufernähe, ist es ratsam, tiefere Wasserstellen bzw. die Seemitte anzusteuern.
Hat man den Fisch endlich in Bootsnähe, kommt die gefährlichste Phase. Kurz vor dem Feumern starten die Räuber nochmals letzte Fluchtversuche. Beim Feumern liegt auch eine der grössten Fehlerquellen. Der Fisch sollte ruhig neben dem Boot mitschwimmen, bevor das Netz langsam und deutlich hinter dem Fisch ins Wasser eingetaucht wird. Die Rute oder der Drillstock wird jetzt langsam gegen hinten, also entgegen der Fahrtrichtung bewegt, und mit dem Netz gleichzeitig nach vorne geschöpft – dann ist der Fisch im Netz!
Die wohl meistverbreitete und variantenreichste Methode des Schleppens erfolgt mit dem Seehund. Damit lassen sich pro Seite gut fünf Zügel mit Ködern montieren. Seehunde sind so konstruiert, dass sie unter Zug auf Höhe des Boots bleiben. Verwendet man zwei Seehunde, kann man so seine Köder in einer Breite von 50 Metern oder mehr anbieten. Die Schnur, an welcher der Seehund montiert ist, hat fix montierte Karabiner oder Klammern in regelmässigen Abständen montiert, an welchen die Zügel nach und nach eingehängt werden. Die Zügel sind aus robuster Monofilschnur und zwischen 15 und 40 Meter lang. Die meisten Fischer haben sie fixfertig auf einer Zügelrolle aufgerollt. Nun wird abwechslungsweise Zügel um Zügel bei laufender Fahrt montiert. Bisse lassen sich durch ein «V» in der Hauptschnur erkennen. Während bei Seeforellen die Hauptschnur sehr nervös hin und her schüttelt, nimmt es der Hecht eher «gemütlich» und der Knick in der Hauptschnur wird langsam und regelmässig grösser (deutliche Kopfschläge sind erkennbar). Hängt der Fisch an einem der äusseren Zügel, werden die anderen Zügel dieses Seehunds auf die andere Seite umgehängt. Sobald sich der Zügel mit dem Fisch in Griffweite befindet, wird die Schnur von der Hauptschnur getrennt und von Hand – oder bei Kapitalen mit dem Drillstock – eingeholt.
Material Mast, 2 Mastrollen mit ca. 70 m Schnur, Seehund, Bissanzeiger, Zügelrolle und Drillstock
Tipp Die Hauptschnur solltest Du möglichst dünn (jedoch robust) wählen, damit diese nicht durch das zu hohe Eigengewicht bereits zu fest absinkt. Jedoch wird sie durch diese Massnahme für andere Wassersportler schlechter erkennbar und Du solltest eine zusätzliche Markierung anbringen. Damit kannst Du Zusammenstösse vermeiden.
Vorteile
+ einfaches Handling
+ geringe Scheuchwirkung
Nachteile
- benötigt viel Stauraum auf dem Boot
- verhältnismässig hohe Anschaffungskosten
Mithilfe des Schleppbrettchens werden die Köder wie beim Seehund seitlich hinter dem Boot angeboten. Damit unterschiedliche Tiefen befischt werden können, werden einzelne Köder vorbebleit. Dabei sollten die äussersten Brettchen die Köder mit dem flachsten Lauf haben und die tieflaufenden Modelle bei den inneren Brettchen montiert werden. Neben der Bebleiung und Köderform kann die Lauftiefe auch über die Schnurlänge beeinflusst werden. Je länger der Abstand zwischen Brettchen und Köder ausfällt, desto tiefer läuft der Köder. Schleppbrettchen setzen robustes Material voraus, doch das Drillerlebnis ist deutlich intensiver als beim Fischen mit der Tiefseerolle oder dem Seehund. Wenn man einmal einen Biss erlebt hat, wird man süchtig. Die angenehme Ruhe auf dem See wird urplötzlich von der Hektik im Boot unterbrochen.
Material Bootsruten und Rolle, Rutenhalter, Planerboards, Schnurlänge 100-200 m (geflochten) pro Rute, Bleie
Tipp Die Schlaufe sollte nicht fix eingeknotet werden, um keine zusätzliche Schwachstelle zu generieren und um möglichst viel Flexibilität zu wahren.
Vorteile
+ grosse befischbare Fläche
+ grosses Drillerlebnis direkt an der Rute
Nachteile
- grössere Scheuchwirkung
- Wetter- bzw. Windabhängigkeit
Der Unterwasserseehund ist ein speziell angefertigtes Kunststoff- oder Holzbrett, welches parallel mit dem Blei absinkt. Es handelt sich hier um eine Kombination aus der Seehund- und Tiefseerolle-Fischerei. Die Köder werden wie beim Fischen mit dem Seehund an einem Zügel an der Hauptschnur befestigt, welche vom Schwimmer seitlich vom Boot weggezogen wird. Der Unterschied zur Tiefseerolle ist nun der, dass die Köder auf der gewählten Tiefe nebeneinander und nicht übereinander laufen. Es wird in einer Wassertiefe von 5 bis 40 m gefischt. Der Einsatz des Unterwasserseehunds erleichtert das Fischen, wenn sich an der Wasseroberfläche viel Dreck befindet oder reger Wassersportverkehr herrscht.
Material Tiefseerolle mit geflochtener Schnur oder Stahllitze, Schleppblei, Unterwasserseehund
Tipp Diese Methode eignet sich sehr gut, wenn die Zielfische alle in derselben Wassertiefe stehen.
Vorteile
+ Schwergewichtsbildung in gewünschten Wassertiefen
Nachteile
- erschwerte Navigation
- schwierige Bissanzeige
Mit der Tiefseerolle wird gezielt auf Fische in grösseren Tiefen gefischt, d. h. 20 bis 50 Meter Wassertiefe. Am unteren Ende an der Hauptschnur, welche aus Stahllitze oder geflochtener Schnur besteht, ist ein massives Blei montiert. Darüber werden die Zügel einer nach dem anderen eingehängt und laufen senkrecht übereinander. Die üblichen Abstände zwischen den Ködern liegen zwischen 3 bis 7 Meter. Je nach Grösse des Fischs wird der Biss durch ein feines, nervöses Zucken des Federbügels bis zur Schnurabgabe der Rolle erkannt. Bei den meisten im Fachhandel erhältlichen Rollen kann der Schnurabzug mit einer Bremse reguliert werden. Die Montage wird nach oben gedreht, bis sich der Zügel mit dem Fisch unmittelbar bei der Tiefseerolle befindet. Die Fische werden oftmals von Hand gedrillt, bei grossen Fischen kann der Zügel analog zum Seehundzügel auf den Drillstock umgehängt werden.
Material Tiefseerolle inkl. Halterung und Hauptschnur, Tiefseeblei, Drillstock und Zügelrolle mit div. Zügeln (Schnüre)
Tipp Montiere einen Stossdämpfer und eine Sollbruchstelle zwischen Blei und Hauptschnur, um einem kompletten Systemverlust vorzubeugen.
Vorteile
+ einfaches Handling
+ lange Lebenserwartung der Ausrüstung
Nachteile
- beschränkte Köderauswahl
- verhältnismässig viele Fehlbisse
Der Downrigger funktioniert nach dem gleichen Prinzip wie die Tiefseerolle. Das Hauptseil wird mittels eines Bleigewichts auf Tiefe gebracht. Die Köder werden dabei vertikal angeordnet. Pro Köder wird eine flexible Rute benötigt. Der Unterschied zur Tiefseerolle liegt darin, dass keine fixen Zügel und Zügellängen verwendet werden, sondern die Ruten mittels eines Clips an die Hauptschnur befestigt und vorgespannt werden. Die Zügellänge wird mittels Schnurablass der Rutenrolle reguliert und im Clip fixiert. Nach einem Anbiss löst die vorgespannte Rute aus dem Clip aus und der Fisch hakt sich dadurch von selbst. Durch den Aufbau des Systems ist der Fisch sofort auf der Rute. Der Downrigger eignet sich, um gezielt die Sprungschicht zu befischen. Meistens kommen pro Rigger zwei Ruten zum Einsatz.
Material Downrigger mit Rutenhalter, eine spezielle Downriggerrute pro vorgesehenem Zügel, Clips und ein Bleigewicht
Tipp Die Montage eines Elastikbands zwischen der Hauptschnur und dem Bleigewicht minimiert die Übertragung von Vibrationen und Schlägen.
Vorteile
+ grosses Bisserlebnis
+ geringer Aufwand
Nachteile
- Platzverhältnisse für Downrigger (Stauraum)
- beschränkte Wasserfläche befischbar
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