19 | 07 | 2019 | Schweiz | 0 | 6669 |
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Gaby Wolf – Tätschmeisterin vom Sihlsee
Gaby Wolf ist eine bekannte Persönlichkeit in der fischenden Schweiz, schliesslich verantwortete sie bis diesen Frühling den Anzeigenverkauf des «Petri-Heil» und ist allen, die in der Szene Rang und Namen haben, ein Begriff. Nun hat sie im Fischereifachgeschäft Sihlsee-Fisch direkt am Sihlsee eine neue Bleibe gefunden.
Zum Empfang schmettert mir ein glockenhelles «Hallo» entgegen und dies, obwohl es vier Uhr in der Früh ist. Bei Gaby erscheint man pünktlich und vorbereitet, alleine schon damit einem nachher genug Zeit bleibt fürs Schwatzen und Berichten. Zuerst gibt es einen Kaffee an der Bar beim Fischergeschäft. Natürlich will Gaby wissen, wie es geht, was so läuft und passiert bei uns auf der Redaktion. Beim Lesen unserer Berichte bleibt ihr kein Fehler verborgen, da muss man ihr gar nichts vormachen wollen. Gaby ist dem «Petri-Heil» freundschaftlich verbunden geblieben, die letzten Ausgaben sind an prominentester Stelle an der Theke platziert.
Fischen mit Guide
Guide Stephan Deuber begleitet uns auf den See, er wirkt frisch und motiviert an diesem Morgen. Es ist eine erstaunlich heitere Stimmung auf dem Boot, ich bin vorfreudig wie schon lange nicht mehr. Wir haben extra so früh abgemacht, damit wir noch eine Chance haben, einen der begehrten Sihlsee-Zander zu erwischen. Auch wenn es genug Theorien gibt, die behaupten, dass man Zander auch tagsüber fängt, ist dies am Sihlsee momentan nicht der Fall. Die Randstunden des Tages sind Zanderzeit, eigentlich kann es gar nicht dunkel genug sein. Mit dem «Bassboot» von Sihlsee-Fisch machen wir uns in der Dunkelheit los, um die Zanderplätze anzusteuern. Stephans Fischer-Plan tönt vielversprechend für diesen Morgen. Zuerst einen Versuch auf Zander wagen, dann schauen, was die Egli so machen, und schliesslich auf die immer munteren Hechte unser Glück versuchen. Ein ganz gutes Rahmenprogramm für ein «Fischen mit …». An diesem Morgen merkt man, dass der Sihlsee auf 900 Meter über Meer liegt. Es geht ein frischer Wind und obwohl es die letzten Tage freundlich war und auch für diesen Tag schönes Wetter angesagt ist, ist es deutlich unter 10 Grad und über dem oberen Seeteil werden Nebelschwaden von den Talwinden aufgeweht und auf dem See heruntergetrieben. Gaby meint, sie sei eben ein «Gfrörli». Da nützt der Milchkaffee, den ihr ihre Lebenspartnerin Irene eingepackt hat, auch nicht viel.
Am Sihlsee zuhause
Zum Glück geht die Sonne Mitte Juni ja früh auf und nach zwei Stunden können wir endlich in die ersten Sonnenstrahlen blinzeln. Wir fischen jetzt quasi direkt vor Gabys Haustür. Der Grossbach, der direkt an ihrem Haus vorbeiführt, mündet an dieser Stelle in den Sihlsee. Welche Gewalt dieser Bach entfalten kann, zeigen die riesigen Steinblöcke, die auf der Seite aufgetürmt liegen. Bei starken Unwettern höre man es «bollen» im Bach, weiss Gaby, und dann liegen am nächsten Morgen neue Steine von bis zu hundert Kilo Gewicht im See.
Der Sihlsee ist seit einigen Jahren ihre Heimat geworden, hier hat sie ihr Zuhause gefunden und fühlt sich sichtlich wohl. Aufgewachsen ist sie in Brunnen SZ und schon als «Meitli» ging sie lieber fischen als so richtige Mädchensachen zu machen. Seither ist Gaby dem Fischen treu geblieben und im Laufe der Jahre hat sie vor allem in Kanada, Alaska und Skandinavien ihre Fischerferien verbracht. Und in der Schweiz, in Deutschland und in Österreich natürlich. Hier sind es besonders die Salmonidengewässer, die es ihr angetan haben. Dabei muss es nicht immer die Fliegenrute sein. So ist sie im Winter eine leidenschaftliche Eisfischerin, die es regelmässig auf die Frutt zieht.
Grosser Fisch-Palmarès
Mancher Fischer kann sich nur mit grosser Mühe zurückhalten, wenn es um das eigene fischereiliche Können geht, Gaby hingegen ist – trotz ihrer kommunikativen Art – eher eine stille Geniesserin ihrer Fänge. Die besten davon zieren immer noch einen ganzen Schrank an ihrem alten Arbeitsplatz bei uns auf der Redaktion. Es ist eine beeindruckende Sammlung von Fotos mit grossen und schönen Fischen. Königs-, Silber- und Rotlachse aus Alaska, Seeforellen und Brown Trouts aus dem Vänernsee, grosse Egli, Saiblinge, Regenbogenforellen, Äschen, Zander, Hecht, Pollack, Köhler und Dorsch und eine «Burbot», eine kanadische Trüsche von imposanten Ausmassen. Diese vielfältige Fischerei hat natürlich auch materialtechnisch ihre Spuren hinterlassen. Sie hat schon die eine oder andere Rute weiterverkauft, weil es einfach zu viele wurden: Über 60 Ruten habe sie mal gezählt.
Netzwerk voller Freundschaften
In ihrer jahrelangen Tätigkeit im Anzeigenverkauf fürs «Petri-Heil» und als Brevetierungsexpertin des Schweizer Sportfischer-Brevets hat Gaby Wolf viele enge und herzliche Freundschaften geknüpft. Eine davon ist Gusti Berchtold von der Frutt, mit dem sie jeweils das «Jungfischercamp» organisierte. Auch mit Rolf Häuptli von «Andino-Reisen», dem Bootsbauer Walter Thoma aus Mühlehorn oder Ernesto Wohlgemuth aus dem Tessin eint sie eine schöne Freundschaft und allen voran natürlich Häs Flury, in welchem sie jetzt auch ihren neuen Arbeitsgeber gefunden hat. Dieses grosse Netzwerk und auch das damit verbundene Insider-Wissen sind in der Fischer-Szene eine willkommene Orientierungshilfe.
Mit ihrer kommunikativen und offenherzigen Art ist sie in der traditionell männerdominierten Fischerbranche immer schon herausgestochen. Auch hat sie ein Gespür für die richtigen Themen und ist immer bereit für einen Schwatz. Sie fragt und hört zu und kann sich auch an den Fängen anderer richtig schön freuen. «Hammerer» findet sie das dann jeweils.
Ein Leben für die Fischerei
Dass sich die Rahmenbedingungen im Schweizerischen Fischereifachhandel grundlegend geändert haben, hat Gaby wie kaum eine Zweite mitbekommen. Noch vor 15 Jahren waren es verglichen mit heute paradiesische Verhältnisse. Mit dem Aufkommen des Internet-Versandhandels sind die Umsätze und Margen deutlich zurückgegangen. Was als einzige Trümpfe noch bleiben, sind der persönliche Kontakt, ein herzlicher Umgang und gute Beratung. Gaby hat sich intensiv in die neue Materie eingearbeitet. Welche Schnur gilt es zu empfehlen, welcher Köder fängt gerade und für welche Fischerei ist welche Rute in welcher Gewichtsklasse die richtige? Das ist denn auch eine weitere herausragende Eigenschaft von Gaby: Es wird akkurat und genau gearbeitet, dokumentiert und geordnet. Das bekommt dem Geschäft natürlich gut. Man merkt es einem Fischer-Laden schon an, wenn eine Frau eingezogen ist, das ist nicht von der Hand zu weisen. Die Bar im «Sihlsee-Fisch» ist für manche Besucher wichtiger als der Ladentisch, die Leute kommen gerne vorbei und wollen einfach einen Kafi oder ein Bier trinken und sehen den Laden als Treffpunkt, wo es etwas zu schwatzen gibt. Man kann ja nicht jedesmal ein Päckli Haken und einen neuen Zapfen kaufen. Und nebenher gesagt ist die Leidenschaft fürs Schwatzen bei den meisten Fischern ja ganz schön ausgeprägt.
Sommer auf dem See
Der Sihlsee zeigt sich an diesem Tag trüb, die Sichtweite beträgt kaum einen halben Meter. Eigentlich ideale Bedingungen für die Zanderfischerei, trotzdem wollen sie nur ganz am Anfang unseres Ausflugs beissen. Schon mit dem ersten Wurf des Morgens bleibt bei mir ein Zander hängen, der den grün-gelben Twister am Texas-Rig komplett eingesaugt hat. Mit seinem dritten Wurf kann auch Stephan Deuber einen Zander zum Boot dirigieren, der auf den besten Gummiköder am Sihlsee einstieg. Welcher Köder das ist, verrät Gaby natürlich gerne direkt vor Ort. Danach können wir noch den einen oder anderen zaghaften Biss verzeichnen, doch auch die besten Sihlsee-Spots wollen keinen Zander mehr hergeben.
Erst mit den ersten Sonnenstrahlen können wir wieder Fischkontakt verzeichnen. Jetzt ist Gaby an der Reihe, im Licht der ersten Sonnenstrahlen präsentiert sie vor der schönsten Kulisse ein «Grashechtli». Der soll ruhig noch wachsen.
Schade nur, dass die Egli an diesem Morgen partout nicht recht beissen wollen. Aber das kennt man ja von den Egli. Manchmal ist ihr Fang ein Kinderspiel und an anderen Tagen quasi ein Ding der Unmöglichkeit, so auch am Sihlsee. In einem der tiefsten Löcher des Sees verpasst Stephan noch einen wirklich schönen Zander-Biss, was den begabten und top-motivierten Team-Fischer und Sihlsee-Guide wirklich wurmt. Mittlerweile steht die Sonne hoch am Himmel und so sind die Chancen auf weitere Aktivitäten ziemlich klein geworden. Trotzdem steigt noch unvermittelt ein Egli beim Dropshot ein, der letzte Fischkontakt des Tages. «Hammerer!», findet Gaby.
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