19 | 12 | 2019 | Video | Diverses | 0 | 6931 |
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Europas Flüsse sind verdammt
Massenhaft neue Wasserkraftwerke geplant
Eine neue Studie zeigt das bedrohliche Ausmass der Wasserkraft in ganz Europa: Gegenwärtig sind über 8700 Kraftwerke in Planung. Besonders auf dem Balkan wären die Auswirkungen auf Biodiversität und Gesellschaft verheerend.
Die erste europaweite Bestandsaufnahme bestehender und geplanter Wasserkraftwerke zeigt den immensen Druck, unter dem die Flüsse des gesamten Kontinents stehen. Zu den bisher schon bestehenden 21?387 Wasserkraftwerken sollen hauptsächlich in den Alpen und auf dem Balkan weitere 8779 hinzukommen. Teils unberührte Flüsse – insbesondere auf dem Balkan – würden dadurch zerstört. Über ein Viertel dieser geplanten Kraftwerke (2500) sind zudem in Schutzgebieten vorgesehen, unter anderem in Nationalparks.
Völlig inakzeptabel
Diese Pläne verdeutlichen das Desinteresse inner- und ausserhalb der EU, die Flüsse und deren biologische Vielfalt zu schützen. Zudem belegen sie die offensichtliche Missachtung der EU-Wasserschutzgesetze, insbesondere der Wasserrahmenrichtlinie. «Wir stehen vor dem Ende frei fliessender Flüsse in Europa und vor einem Kollaps der Artenvielfalt, wenn wir diesen Wasserkraftwahn nicht aufhalten. (…) Es ist völlig inakzeptabel, dass wir mit unserer Stromrechnung Wasserkraftinvestoren finanzieren und damit die Zerstörung von Europas Lebensadern bezahlen», sagt Ulrich Eichelmann von Riverwatch. «Die meisten geplanten Wasserkraftprojekte – weit mehr als 3000 – sollen auf dem Balkan entstehen. Die Flüsse dort sind grösstenteils noch intakt, manche sogar in unberührtem Zustand. Sie sind ein europäischer Schatz, den zu verlieren wir uns nicht leisten können», sagt Gabriel Schwaderer, Geschäftsführer von EuroNatur.
Bis zu 30 Fischarten weniger
Staudämme für Wasserkraft zerstören bekanntlich Flüsse und ihre Umgebung und tragen erheblich zum Verlust der Artenvielfalt bei. Sie verändern den natürlichen Fluss, blockieren die Fischwanderung – was sich auf die Fischbestände und das Überleben gefährdeter Arten auswirkt – und fangen Sedimente ab, die Flussufer und Deltas vor Überschwemmungen und dem Anstieg des Meeresspiegels schützen. Überdies erzeugen über 90 Prozent der geplanten Wasserkraftwerke nur geringe Mengen an Strom (weniger als 10 MW), sind also sogenannte Kleinwasserkraftwerke, die bei wenig wirtschaftlichem Nutzen grosse Schäden an der Natur anrichten. Steven Weiss von der Universität Graz betont die verheerenden Effekte von Wasserkraft: «Auf der Grundlage meiner detaillierteren Balkanstudie sowie der Roten Liste der IUCN können wir vorhersagen, dass mindestens 20 und möglicherweise bis zu 30 Süsswasserfischarten aussterben würden, wenn alle diese Pläne ausgeführt würden. Darüber hinaus würde ein grosser Prozentsatz (über 95 Prozent) der südeuropäischen Fischfauna in eine IUCN-Bedrohungskategorie eingestuft. Wir müssen verstehen, dass die ohnehin hohe Nachfrage nach Wasserressourcen, insbesondere in Südeuropa, durch eine solche grossflächige Nutzung der Wasserkraft noch verstärkt wird, was zu einer tödlichen Kombination für die Artenvielfalt des Süsswassers wird.»
Bildgewaltige Doku zum Thema
Die Bekleidungsfirma Patagonia hat nicht nur den im Petri-Heil 6|2019 ausführlich besprochenen Film «Artifishal» über die Lachszuchten realisiert, sondern mit «Blue Heart – The Fight for Europe’s Last Wild Rivers» auch einen aufwühlenden und empfehlenswerten Film über den Kampf der lokalen Bevölkerung gegen Staudammprojekte im Balkan.
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