Drei Lieblingsfliegen
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Drei Lieblingsfliegen
09 | 04 | 2015 | Schweiz | 0 | 18269 |
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Alle Lebewesen haben im Verlauf ihrer Evolution einen Lebenszyklus entwickelt, der ihnen erlaubt, mit vorherrschenden Umweltbedingungen möglichst gut zurechtzukommen. Der Lebenszyklus der Forelle ist eher kompliziert, weil sich unterschiedliche Strategien entwickelt haben, die nebeneinander in derselben Population vorkommen können.
In fast allen unseren Forellenpopulationen verbleibt ein Teil der Tiere, die sogenannten Bachforellen, ihr ganzes Leben im Geburtsgewässer. Aber in zahlreichen Populationen wandert ein Teil der Tiere vor der Geschlechtsreife aus den Geburtsgewässern ab, um einen Lebensabschnitt in einem grösseren Gewässer zu verbringen. Diese Wanderung kann kurz oder lang sein: Flussforellen wandern in grössere Flüsse, Seeforellen wandern in Seen, und früher wanderten Meerforellen sogar bis ins Meer und zurück. Sie sind heute in der Schweiz ausgestorben.
Schweizer Forellen laichen von Oktober bis Januar, in seltenen Fällen sogar im Februar, in Flüssen und Bächen. Dabei werden die Eier von den Weibchen in lockerem Kies auf dem Gewässergrund vergraben. Nach mehreren Monaten schlüpfen die Brütlinge im Frühjahr; die Entwicklungsdauer variiert dabei je nach Wassertemperatur. Das Kieslückensystem dient der frisch geschlüpften Forellenbrut in ihren ersten Lebenswochen als Kinderstube. Da sie grelles Licht meiden, dringen die Brütlinge nach dem Schlupf noch tiefer in den Kies ein. Erst kurz bevor sie ihren Dottersack aufgebraucht haben, steigen sie als sogenannte Larven aus dem Kiesbett auf (Emergenz), um mit der aktiven Nahrungsaufnahme zu beginnen.
Nach der Emergenz bleiben die jungen Forellen in der Nähe ihres Geburtsortes. Schon mit dem Beginn der aktiven Nahrungsaufnahme besetzen die Jungfische Territorien, die sie gegenüber ihren Artgenossen hartnäckig verteidigen. Weil es nicht für alle jungen Forellen geeignete Territorien gibt, wird während ein bis zwei Monaten eine sehr hohe, dichteabhängige Sterblichkeit beobachtet. Ideale Larventerritorien sind in gut strukturierten, strömungsarmen Flachwasserzonen zu finden.
Erst mit zunehmendem Alter suchen die Forellen tiefere Stellen im Gewässer auf. Gewässerstrukturen wie unterspülte Ufer, tiefe Kolke, Totholz und überhängende Vegetation werden von Forellen bevorzugt als Unterstand genutzt. In der Regel werden die besten Standplätze von den älteren und grösseren Tieren besetzt. Im Alter von ein bis zwei Jahren wandert ein Teil der Forellen in den See ab. Die Abwanderung ereignet sich meist im Frühling. Warum manche Individuen in den See abwandern, während andere im Bach bleiben, ist nicht abschliessend geklärt. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass in den meisten Populationen eine Wechselwirkung zwischen genetischen Eigenschaften eines Fisches und Umwelteinflüssen bestimmt, ob er in den See abwandert oder im Bach bleibt.
Wie viele Tiere abwandern, ist von Population zu Population sehr unterschiedlich: Während in einigen Gewässern fast sämtliche Forellen abwandern, gibt es Bäche, in denen die gesamte Population standorttreu bleibt. Wie gross der Anteil abwandernder Tiere ist, hängt auch davon ab, wie profitabel der Verbleib im Fliessgewässer im Verhältnis zur Wanderung in den See ist. Ein nahrungsreiches, gut strukturiertes Fliessgewässer bietet sowohl jungen als auch adulten Forellen einen geeigneten Lebensraum und ideale Wachstumsbedingungen. Hat ein Bach hingegen viel lockeren Kies, aber wenig Futter und kaum Versteckmöglichkeiten für adulte Fische, eignet er sich in erster Linie als Fortpflanzungs- und Jungfischhabitat und weniger als permanenten Lebensraum.
Wie profitabel der Aufenthalt in einem Lebensraum ist, hängt auch von der Fischdichte ab: Je mehr Artgenossen sich für dieselbe Strategie (Bleiben oder Wandern) entscheiden, umso stärker wird die Konkurrenz zwischen ihnen sein, wodurch die alternative Strategie attraktiver wird. Nach einer ausgeprägten Wachstumsphase steigen die Seeforellen nach mindestens einem Sommer im See in ihre Geburtsbäche auf. Flussforellen steigen von grösseren Flüssen in kleinere Gewässer auf, während sich standorttreue Forellen die anstrengende Laichwanderung sparen können. Wenn die Tage kürzer und die Temperaturen kälter werden, wird erneut gelaicht, und eine neue Generation Forellen beginnt ihren Lebenszyklus.
Die Fähigkeit «zu wandern oder zu bleiben» ist schon fast ein universelles Merkmal der Salmoniden (Familie der Lachsfische) und wird zum Beispiel auch bei pazifischen Lachsen (Gattung Oncorhynchus), bei Saiblingen (Gattung Salvelinus) und beim atlantischen Lachs (Salmo salar) beobachtet. Auch innerhalb der meisten Forellenarten haben sich residente und wandernde Formen gebildet. Die Lebenszyklen dieser Fische sind so variabel, dass sie nur schwer allgemeingültig beschrieben werden können. Neben anderen Eigenschaften des Lebenszyklus unterscheiden sich zum Beispiel das Alter bei der Abwanderung in den See/Fluss oder die Jahreszeit der Abwanderung von Population zu Population.
Normalerweise pflanzen sich See- und Bachforellen regelmässig miteinander fort und gehören deshalb in vielen Fällen zur selben biologischen Art. Diese Schlussfolgerung wurde basierend auf genetischen Studien zum Beispiel bei Forellen vom Thunersee und vom Genfersee gezogen. In seltenen Fällen vermischen sich See- und Bachforellen aber genetisch über längere Zeit nicht mehr, und so entwickeln sie sich zu unterschiedlichen Arten.
Um die komplizierten Lebenszyklen dieser Fische besser zu verstehen sind weitere Untersuchungen notwendig. Ein Projekt, das die Verwandtschaft und das Wanderverhalten der Forellen des Vierwaldstättersees ganz genau unter die Lupe nimmt, wird zur Zeit an der Eawag lanciert. Wir warten schon gespannt auf die Ergebnisse – und hoffen, dass uns in der Zwischenzeit die eine oder andere Forelle an den Haken geht.
Forellen in der Schweiz – Vielfalt, Biologie, Fortpflanzung
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