05 | 06 | 2023 | Schweiz | 0 | 5592 |
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Auf Spinntour im Dreiländereck
Die Region Basel ist die wahrscheinlich vielfältigste Fischereigegend der Schweiz. Ob Hecht, Egli, Zander, Rapfen, Wels oder Forelle: Hier ist fast alles möglich.
Basel, sechs Uhr: Philipp Engler, Teamfischer bei fischen.ch, holt mich zuhause ab. Wir starten früh, denn schon Mitte Juli ist die Hitze tagsüber fast unerträglich. Entsprechend schwierig gestalten sich die Bedingungen: Klares Wasser und tiefe Pegelstände begeistern Philipp nicht besonders, obschon er aus der Region Basel stammt und die hiesigen Gewässer wie seine Westentasche kennt. Versuchen wollen wir es trotzdem. Bis an die Zähne bewaffnet mit Ködern, Ruten, Rollen und Schnüren gehts los. Das Ziel: Philipp will mir zeigen, was die Region Basel in Bezug aufs Spinnfischen zu bieten hat; und wie man es am besten angeht. Bisher kenne ich in der Region vor allem das Forellenfischen an der Laufentaler Birs, das aber bei den herrschenden Temperaturen in weite Ferne rückt. Am Stadtbasler Rhein habe ich mich bereits mit Spinnfischen versucht, bin aber kläglich gescheitert.
Nach einem kurzen Umweg über eine Tankstelle, an der wir uns mit einem Zmorge stärken, fahren wir die ersten Spots oberhalb des Birsfelder Auhafens an. Zielsicher schreitet Philipp auf die dichtbewachsenen Angelstellen zu. Wir starten mit einem chartreusen Chatterbait. Schnell fällt auf, dass Philipp kaum in Richtung Flussmitte wirft. «Völlig unnötig», erklärt er, denn die meisten Räuber stünden direkt am Rand. Ob am Rand oder nicht, Anklang findet der Chatterbait vorerst nicht. Also wechselt Philipp auf einen Pointer von Lucky Craft in 10 Zentimeter Länge. Doch auch dieser findet keinen Abnehmer. Wir schreiten das Ufer flussabwärts ab, werfen, wechseln regelmässig zwischen Chatterbait und Pointer. Doch die Jahreszeit und die Wassertemperaturen scheinen nicht zu passen. Den gesamten Morgen über lässt sich kein Fisch blicken. Gegen Ende des Morgens erreichen wir den Auhafen. Da zu fischen, mache allerdings keinen Sinn, versichert Philipp: «Hier versuchen wir es abends auf Zander, wenn es dunkel ist.» Also wechseln wir den Spot.
Ein grenzüberschreitender Lebens- und Fischereiraum
Auch beim Fischen wird in diesem Moment eine besondere Eigenschaft der Region Basel deutlich: Ihre Internationalität. Denn der nächste Spot, den wir anfahren, liegt auf der gegenüberliegenden Uferseite des Rheins – und damit in Grenzach, das in Deutschland liegt. Wir versuchen es mit einem Gummifisch an einer Schiffsanlegestelle. Und wieder wird klar, wie gut Philipp die Gewässer kennt: «Wegen der Schiffe wird hier laufend ausgebaggert, es ist darum sehr tief da.» Immer wieder lässt er seinen silberblauen Gummifisch in der Kehrströmung über den Grund hüpfen. Doch abermals scheint kein Räuber am Platz zu sein oder ein Interesse zu haben.
Erneuter Spot- und zweifacher Landeswechsel. Wir fahren an das Stauwehr ins elsässische Kembs, wo sich der Rhein in den Hauptrhein, den Rheinseitenkanal und den Alten Rhein aufteilt. Auf der deutschen Seite parkieren wir und montieren Wathosen. Anschliessend Marsch auf die breite Insel, die sich zwischen Rheinkanal und dem Hauptrhein erstreckt und die den Lauf des Alten Rheins beherbergt. Wir befinden uns nun im Naturschutzgebiet «L’ile du Rhin» – ein wundervolles Stück Natur. Nur die zahlreichen Mücken müssten aus unserer Sicht nicht sein. Und schliesslich sehe ich, warum Philipp meinte, dass ich die Wathosen brauchen werde: Wir waten von der grossen auf eine kleinere Insel im Hauptrhein. Schon von weitem ist klar, auf welche Fischart es Philipp an deren Spitze abgesehen hat: Wenige Meter unterhalb des Stauwehrs fliesst Wasser mit starker Strömung aus dem Rheinkanal in den Altrhein. Ein perfekter Spot für Rapfen.
Philipp versucht sein Glück mit Stickbaits. Und die Fische scheinen tatsächlich am Platz zu sein, mehrere Male sehen wir raubende Rapfen. Doch egal, wie oft probiert wird – an unseren Ködern scheint keiner der silbernen Torpedos Gefallen zu finden. Wir wechseln auf Wobbler und sogar mit einem Propbait versucht es Philipp noch, doch vergebens. Es ist zum Haare Raufen. Die Fische sind da und sie scheinen zu fressen, doch unsere Köder lassen sie links liegen.
Wir versuchen es ein paar Meter weiter flussabwärts. Auch hier ist Fischaktivität auszumachen und ich hoffe insgeheim sogar darauf, dass sich eine Forelle an unsere Köder verirren könnte, doch ebenso hier scheinen die Fische kein Interesse zu haben. Ich frage Philipp, ob er es nicht doch noch einmal mit einem Wobbler versuchen will. Und diesmal zeigt der Wechsel Wirkung. Nur wenige Würfe dauert es, bis die Rute ziemlich krumm ist. Wenige starke Fluchten später liegt ein wunderbarer Rapfen im Kescher, den Wobbler hat er voll genommen, lediglich der Kopf schaut aus dem Maul heraus. Ordentliche 68 Zentimeter Länge zeigt das Massband an. Zufrieden geben wir uns ein High five. Unterdessen ist es Mittag geworden und die Sonne brennt erbarmungslos auf uns runter. Also entscheiden wir uns, eine ausgedehnte Mittagspause zu machen und um 19 Uhr weiterzufischen. «In der Hitze beisst ausser Rapfen eh nichts», meint Philipp, «und den haben wir ja schon.»
Im Dunkeln ist gut Munkeln
Nach einer wunderbar ausgedehnten Mittagspause inklusive Mittagsschlaf holt mich Philipp punkt 18 Uhr zuhause ab. Nach einer kurzen gemeinsamen Stärkung peilen wir den Auhafen in Birsfelden an. Morgens hatten wir die Stelle noch ausgelassen, doch jetzt seien wir hier richtig, erklärt Philipp: «Das Ufer ist wegen der Schifffahrt steil abfallend. Abends ziehen die Zander ins Flache. Tiefes und flaches Wasser sind besonders nahe beieinander, was die Stelle attraktiv macht.» Philipp probiert es zunächst mit einem schwarzen 10 Zentimeter langen Gummifisch am Bleikopf. Und wieder staune ich über die Wurfweite. Locker aus dem Handgelenk wirft er den Köder nicht weiter als 20 bis 30 Meter weit. «Das ist völlig ausreichend», versichert er und erzählt, dass er schon oft Zander direkt vor den Füssen gefangen habe. Auch hier ist wieder Fischaktivität auszumachen, doch es dauert, bis sich etwas tut. Was sich wie ein Kontakt mit einem Stein oder Ast anfühlt, entpuppt sich bei näherer Inspektion des Köders als wahrscheinlicher Zanderbiss: Der Köder weist Spuren von Zähnen auf.
Während wir den Hafen weiter abfischen, wechselt Philipp auf einen chartreusen Gummifisch. Und einige Würfe später passiert es erneut. Wieder weist der Köder Bissspuren auf, doch wieder bleibt der Fisch nicht hängen. Schade. Wir versuchen es noch weiter am Hafen, doch obwohl immer wieder Fischaktivität auszumachen ist und Philipp grosses Vertrauen in die Stelle zu haben scheint, passiert nichts mehr.
Also wechseln wir an einen Spot direkt am Basler Rhein, den ich vorgeschlagen habe. Seit die Novartis das Grossbasler Ufer flussabwärts der Dreirosenbrücke umgebaut hatte, sind hier im Sommer bei neu entstandenen Steinpackungen immer wieder grosse Mengen von Köderfischen zu sehen. Inzwischen ist es fast völlig dunkel geworden und Philipp versucht es auf die Glasaugen mit einem Wobbler, den er ganz langsam einholt. Wieder ist deutliche Fischaktivität auszumachen und wir entdecken viele Köderfische im Schein von Philipps Stirnlampe. Dennoch findet der Köder keinen Abnehmer. «Ich vermute, dass die Beisszeit der Zander erst noch später losgeht, vielleicht sogar erst nach Mitternacht.» Dem Spot, den ich vorgeschlagen habe, traut er aber dennoch ein hohes Potenzial zu: «Hier werde ich es sicher probieren.» Auch ich werde es sicher wieder am Rhein in der Region Basel versuchen. Ob in der Schweiz, in Deutschland oder in Frankreich.
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