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18 | 12 | 2020 | Diverses | 0 | 6559 |
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Schlendern tun wir in gemächlicher Geschwindigkeit. Dieses Tempo wird meinen Sinnen gerecht und würde für die meisten Wege im Alltag eigentlich ausreichen. Ideal um alles Nötige zu erfassen und einzuordnen, so ist man ruhig und zufrieden. Falls nicht, ist oft der Takt zu schnell.
Ich bin nicht für schnelle Takte geschaffen. Ich spüre alte Gene in mir, von den zahllosen Generationen von Bergbauern in meiner Ahnenlinie. Das war wohl ein Leben mit karger Kost und wenig Abwechslung ausser dem Wechsel der Jahreszeiten – auf alle Fälle kein schneller Takt.
Wohl deshalb kommt mir das Felchenfischen so gelegen. An einem kühlen Februarmorgen die Nymphen in die Tiefe eines Voralpensees sinken lassen, dann ein laaangsames Auf und Ab voller Ruhe und Konzentration, stets bereit, jede noch so kleine Unregelmässigkeit mit einem Anhieb zu quittieren. Ich denke, das liegt mir in den Genen. Aber woher diese Erkenntnis?
An mit Terminen vollgestopften Tagen brauche ich Zeit, mich einzustimmen. Bevor irgendwas erledigt wird, brauche ich erst mal eine saubere Auflistung. Dann schön von einem Punkt der Liste zum nächsten, nichts überspringen. Oft genug wünsche ich mich dabei fort von allem. Ab in die Natur, ins Grüne, an oder auf ein Gewässer.
Beim Essen nehme ich meine alten Gene besonders deutlich wahr. Auch wenn beispielsweise Kimchi, dieses «koreanische Sauerkraut», wirklich grossartig sein soll, sind die Hungersignale meines Magens oftmals grundsätzlich anderer Natur. Eine grob geblitzte Bratwurst oder Eglifilets à la meunière oder einfach Kartoffeln und Butter. Seit ich denken kann, ziehe ich das fast allem anderen vor. Da nützt es nichts, dass Kimchi so weltanschaulich perfekt ist und es erst noch Freude macht, ihn zuzubereiten; zuerst den Kohl schneiden und salzen, dann die Marinade mit Knoblauch, Ingwer, Chili und was weiss ich was allem … Trotzdem – mein Hunger drängt viel eher nach Schweinefleisch, Süsswasserfisch, Kartoffeln und Käse und nur höchst selten nach Kimchi.
Die Generation meiner Eltern scheint die These mit den alten Genen allerdings zu widerlegen. Gut, das war auch eine andere Zeit. Nach dem Krieg herrschte ein Wirtschaftswachstum ohnegleichen, da hatte man keine Zeit, um sich mit Genpools auseinanderzusetzen. Zwar so ganz unbeschadet haben diese dynamische Zeit ja auch nicht alle überstanden. Die alten Gene liessen also doch einige ob dem hohen Rhythmus stolpern.
Regelmässiges Heben und Senken einer Gambe entschleunigt einen hektischen Rhythmus perfekt. Diese Rückbesinnung hat aber seinen Preis. Es kostet Zeit, und Zeit ist Geld. Aber es hält mich gesund. Und so kam mir eine Idee: Ich kontaktierte meine Krankenversicherung, erhielt dann bald eine charmante schriftliche Antwort auf meine Anfrage. Darin anerkannten sie einen möglichen Zusammenhang zwischen meiner physischen und psychischen Robustheit und meinen kleinen Fluchten in die Natur. An meinen Bootskosten beteiligen wollen sie sich aber trotzdem nicht. Die Finanzierung genannter Präventivmassnahmen läge leider ausserhalb ihres Leistungskatalogs.
Schade – aber vielleicht spendieren sie mir ja mal eine Bratwurst.
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