07 | 09 | 2018 | Schweiz | 0 | 4405 |
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Medienecho – Bundesrat verpasst Chance
In einer Meldung vom 18.06. berichtet die SDA, dass der Bundesrat die Trinkwasserinitiative ohne direkten Gegenentwurf oder indirekten Gegenvorschlag ablehnt. Der Bundesrat nimmt damit die Anliegen der Initianten nicht ernst, was sehr bedenklich ist, zumal die Initiative in Aussicht stellt, die Böden und über ihre Abläufe die Schweizer Fliess- und Stillgewässer sowie letztlich das Grundwasser vor schädlichem Pestizid- und prophylaktischem Antibiotikaeintrag zu schützen. Es ist zwar begrüssenswert, dass der Bundesrat über den Aktionsplan Pflanzenschutzmittel vorschlägt, den maximalen Tierbesatz pro Fläche zu reduzieren, nur noch Pflanzenschutzmittel mit geringem Umweltrisiko zuzulassen und den Verzicht auf Pflanzenschutzmittel mit Direktzahlungen zu fördern; diese Massnahmen dürften allerdings nicht weit genug greifen, weil damit der Zerstörung der Biodiversität zu wenig Einhalt geboten wird, die Entstehung von antibiotikaresistenten Bakterien weiterhin gefördert wird und die Konzentrationen der Pestizidrückstände viel zu langsam unter den gesetzlichen Anforderungswert fallen. Wenn der Bundesrat vorschlägt, dass neu nur noch Pflanzenschutzmittel mit geringem Umweltrisiko zugelassen seien, so ist das zudem im Umkehrschluss ein Eingeständnis, dass bis dato Pestizide mit grösserem Umweltrisiko ungehindert ausgebracht wurden und werden, was die Dringlichkeit der Trinkwasserinitiative nur noch mehr unterstreicht.
Das Ausbringen von Pestiziden bringt zwei Probleme mit sich, die beim jedem Einsatz relevant sind, egal in welcher Konzentration dieser erfolgt: Zum einen treffen die Pestizide nicht nur gezielt den Organismus, den sie zu bekämpfen versprechen, und zum anderen sind sie nach ihrem Einsatz nicht einfach verschwunden, sondern landen über die Ausschwemmung der Böden am Ende teilweise wieder in unserem Grund- und Trinkwasser.
So hat das Konsumentenschutzmagazin SALDO in der Juni-Ausgabe eindrücklich nachweisen können, dass Pflanzenschutzmittel, die in der Schweiz längst verboten sind, noch viele Jahre nach ihrem Verbot im Trinkwasser auftauchen können. In zwei Brunnen, bei je einem in den Städten Bern und Zürich, wurde beispielsweise das seit 2009 verbotene Pestizid Atrazin und in je einem Brunnen der Thurgauer Gemeinden Märstetten und Weinfelden das seit 2012 verbotene Simazin nachgewiesen, wenn auch in sehr geringen Konzentrationen, die laut dem deutschen Bundesamt für Risikobewertung keine gesundheitlichen Gefahren darstellen.
Keine Gefahr für die Gesundheit? Ja, bis eine andere Behörde Jahre später zum Schluss kommt, dass ein bestimmtes Pestizid in einer bestimmten Konzentration eben doch gesundheitsgefährdend sein kann. Atrazin und Simazin wurden seinerzeit ja auch zuerst von einer Behörde zugelassen und für unbedenklich befunden, bis man es Jahre später besser wusste. Hierin liegt die grosse Stärke der Trinkwasserinitiative. Sie verhindert, dass Risiken, die gar nicht zuverlässig eingeschätzt werden können, überhaupt erst eingegangen werden. Vorsorgen ist besser als heilen. Schade, dass der Bundesrat die Initiative ohne Gegenvorschlag abgelehnt und diese Chance damit verpasst hat. Wenn der Bundesrat sich da nur nicht verschätzt hat: Eine erste Umfrage, von Tamedia am 09.07. veröffentlicht, hat ergeben, dass 68 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer die Trinkwasserinitiative mit einem «Ja» oder «eher Ja» unterstützen. Gut so.
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