22 | 01 | 2013 | Reisen | 0 | 4969 |
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Lac de la Moselotte – Winter-Asyl für Fliegenfischer
Die «Flyfishingcracks» sind eine grenzübergreifende Truppe passionierter Fliegenfischer aus dem Dreiländereck Basel – Lörrach – St. Louis. Mitglied Markus Jenni stellt ein Gewässer im nahen Lothringen vor, wo sich eine allzu lange Winterpause stilvoll abkürzen lässt.
Normalerweise freue ich mich auf die abwechslungsreiche Fahrt von Basel nach Saulxures-sur-Moselotte und seinem See. Die 95 Kilometer bis ins Herz der Vogesen sind landschaftlich schön!
Doch nicht an diesem nasskalten Novembermorgen. Auf dem ganzen Weg regnet es in Strömen. Leise Zweifel kommen auf. Hätte ich nicht besser den Wecker abstellen und mich im warmen Bett umdrehen sollen?
Laubteppiche verwandeln den Asphalt in eine schmierige Rutschbahn und auf der Passstrasse zwischen Kruth und Cornimont liegen sogar frische Felsbrocken. Nach anderthalb Stunden konzentrierter Fahrt komme ich endlich am Lac de la Moselotte an. Auch hier Dauerregen
Hauptsache Fischen!
Meine Kumpels sind schon alle da. Die einen pumpen noch ihre Bellyboote auf, die andern fischen bereits in voller Watmontur konzentriert vom Ufer.Endlich bin auch ich bereit und paddle mit dem Bellyboot auf den See hinaus.
Ich knüpfe einen kleinen Streamer an, den ich massgeschneidert für diesen Tag am «Lac» gebunden habe. Der Test beginnt viel versprechend! Nach vier Würfen habe ich den ersten Fischkontakt. Leider verschlafe ich meine erste Chance. Kurz darauf der nächste Biss, doch ich verliere die temperamentvolle Rainbow im Drill. Auch mein Kollege Felix hat diverse Fischkontakte.
Der starke Regen scheint die Fische zu meiner Überraschung nicht zu stören. Sie sind im Gegenteil auffällig aktiv und beissen knapp unter der Oberfläche. Am besten funktioniert die Schwimmschnur und ein etwa zwei Meter langes 0,22er-Fluorocarbon-Vorfach. Ich stelle bald fest, dass die Bisse bei schnellem Strippen viel vehementer ausfallen als bei langsamer, subtiler Präsentation.
Auch am Ufer wird gedrillt: Kay, Georg und Patrick fangen alle schöne «arc-en-ciel». Felix und ich haben jedoch mit dem Bellyboot mehr Fischkontakte. Bis zur Mittagspause fange ich sechs Regenbogenforellen, allesamt wehrhafte, makellose Fische mit prächtiger Färbung. Weitere Bisse kann ich nicht verwerten oder verliere die Fische nach akrobatischen Sprüngen. Auch schön!
Genuss im Regenguss
Beim gemeinsamen Mittagessen fehlt es wie gewohnt an nichts! Patrick hat den Gasgrill mitgenommen, Fleisch, Würste, Wein, Kaffee und Kuchen – alles ist da und schmeckt herrlich an der frischen Luft! Im gedeckten Aussenbereich des Seerestaurants sind wir geschützt vom pausenlosen Regen und wärmen uns rund um den grossen Grill auf.
Es wird eine ausgedehnte Mittagspause, bis wir wieder die Energie haben in unsere nassen Watjacken zu schlüpfen und noch einmal den Elementen zu trotzen. Tatsächlich lassen sich noch mehrere Forellen überlisten. Weiterhin sind schnell unter der Oberfläche geführte Streamer die erfolgreichste Taktik. Für diese Jahreszeit eher ungewöhnlich.
Das vielfach ergiebige Trockenfliegenfischen ist an diesem Tag hingegen komplett wirkungslos. An Tagen mit ruhigem, sonnigem Wetter steigen die Fische oft erfreulich ausdauernd. Auch mitten im Winter. In solchen Steigphasen sind kleine CDC-Eintagsfliegenmuster bis Nr. 20 oder im Oberflächenfilm gezogene Imitationen von Zuckmückenlarven (Buzzer) fängig.
Manchmal muss man aber ein, zwei Etagen tiefer fischen. Dann sind kleine, unscheinbare Nymphen und lange feine Vorfächer das Erfolgsrezept. Eine spannende Herausforderung für jeden passionierten Fliegenfischer.
Doch als die frühe Dämmerung hereinbricht und es rasch kälter wird, fällt es für einmal nicht allzu schwer den Fischertag abzuschliessen. Wir sind uns einig, dass dieser Tag in die Kategorie Hardcore gehört. Das erfreuliche Fazit dieser Grenzerfahrung im doppelten Wortsinn: Selbst bei diesen misslichen Bedingungen war es für alle ein wunderbarer Fischertag. Kein Zweifel, wir werden bald wieder einen Ausflug über die Grenze unternehmen, bevor uns die lange Winterpause zu sehr aufs Gemüt schlägt
Gesunde, kampfstarke Fische
Der Lac de la Moselotte ist ein neun Hektar grosser Natursee umgeben von Wäldern und Hügeln. An seiner tiefsten Stelle ist das Gewässer über 20 Meter tief. Im sauberen, zumeist klaren Wasser gedeiht ein reiches Insektenleben. Im See leben ursprünglich diverse Weissfischarten. Deren Nachwuchs trägt stark zum raschen Wachstum der Forellen bei.
Die vorwiegend französischen Gäste – darunter exzellente Stillwasser-Experten – schätzen den Lac de la Moselotte wegen der schönen und teilweise kapitalen Regenbogen- und Goldforellen. Der erfahrene Bewirtschafter legt, wie seine anspruchsvolle Kundschaft, grossen Wert auf gesunde Besatzfische mit intakten Flossen. Die Tageskarte ist angesichts dieser attraktiven Aussichten günstig. Sie kostet 27 Euro. Die Karten sind im Restaurant direkt am See erhältlich (siehe Info am Schluss des Artikels).
Lange Saison
Die Saison am Lac de la Moselotte dauert von Mitte September bis Mitte Juni. Es wird in dieser Zeit ausschliesslich mit der Fliegenrute gefischt. Eine Forelle bis maximal 50 Zentimeter darf entnommen werden, ansonsten gilt «catch & release». Im Juli und August ruht die Fischerei, am See herrscht dann oft intensiver Badebetrieb. Am schönsten ist der See ohnehin im Herbst und Winter.
In den meisten Situationen genügt eine Einhandrute der Klasse 5 bis 6 mit passender Schwimmschnur sowie Vorfachmaterial zwischen 0,16 mm und 0,22 mm. Gerät man an ein kapitales Exemplar – was hier gar nicht so selten vorkommt – ist man um jeden Zehntel Reserve froh! In die Fliegenbox gehören beschwerte und unbeschwerte Streamer in den Grössen 4 bis 8, dunkle CDC-Trockenfliegen in den Grössen 16 bis 20, Zuckmückenlarven (Buzzers) sowie unscheinbare, schlanke Nymphen (Nr. 12 bis 18).
Lac de la Moselotte
Die landschaftlich reizvolle Fahrt von der Schweizer Grenze bei Basel führt über Mulhouse nach Thann ins Vallée de la Thur. Bei der Ortschaft Kruth zweigt man ab und gelangt über den Passübergang Col d‘Oderen (890 m ü. M.) in das Département Vosges.
In Cornimont biegt man links in Richtung Epinal ab und erreicht nach kurzer Fahrt Saulxures-sur-Moselotte und den See. Gesamthaft dauert die Fahrt rund anderthalb Stunden. Aus dem nahen Flüsschen Moselotte wird übrigens die Moselle, die als Mosel bei Koblenz in den Rhein mündet.
Direkt am See können Ruderboote und gemütliche Chalets gemietet werden. Mehr Information unter www.lac-moselotte.fr
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