14 | 06 | 2021 | Schweiz | Diverses | 0 | 9037 |
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Futterkörbe | Lebensraum schaffen für Kleintiere
Stefan Baur hat sich der Fertigung von Futterkörben für Fliessgewässer verschrieben. «Petri-Heil» hat den Tüftler und begeisterten Fliegenfischer in Safenwil besucht.
Werden die Feinsedimente in einem Fliessgewässer nicht regelmässig fortgespült, setzen sie sich in der Bachsohle fest und verhärten den Gewässergrund. Dies erschwert es den Makrozoobenthos wie Bachflohkrebs, Köcherfliege, Steinfliege einen geeigneten Lebensraum zu finden. Und wo die Makrozoobenthos zurückgehen, fehlt den Fischen eine eminent wichtige Nahrungsgrundlage. Dieser Verhärtungsvorgang, in der Fachsprache Kolmatierung oder Kolmation genannt, ist ein zunehmendes Phänomen in unseren Fliessgewässern. Dies nicht nur, weil Verbauungen die Dynamik der Sedimente unterbrechen, sondern auch, weil die Niederschläge in den letzten Jahren vielerorts merklich zurückgegangen sind und damit die Selbstreinigungskraft der Bäche und kleineren Flüsse eingeschränkt wurde. Findige Aargauer Fischer experimentieren seit einigen Jahren mit einem ursprünglich in Schweden entwickelten Verfahren, um die negativen Effekte der Kolmatierung abzuschwächen.
Stroh als Nahrungsgrundlage
Vor allem Bachflohkrebse ernähren sich überwiegend von abgestorbenem, organischem Material, sogenanntem Detritus. Sie sind damit quasi die Hausabwarte der Bäche und Flüsse. So wird beispielsweise das Falllaub, welches im Herbst auf den Gewässergrund sinkt, von diesen Kleintieren zersetzt. Wo viel Futter vorhanden ist (und die Wasserqualität stimmt) vermehren sich diese prächtig und davon wiederum profitieren die Fische in allen Altersklassen. Nebst dem Futter braucht es aber auch den geeigneten Lebensraum für diese Tiere. Stroh in Futterkörben leistet dafür optimale Dienste im doppelten Sinn: Die hohlen Strohhalme lassen sich von den Larven und Bachflohkrebsen bestens besiedeln und bieten eine üppige Nahrungsgrundlage. Gleichzeitig halten die langen Halme gut im Gitterkorb und werden nicht rausgespült. So ist ein richtig platzierter Futterkorb mit der richtigen Maschengrösse ein perfektes Habitat für die Makrozoobenthos. Ein weiterer Vorteil ist, dass Stroh aus Strohballen dicht gepresst ist und es somit eine ganze Weile dauert, bis so ein Korb geleert ist. Die Kleinlebewesen fühlen sich offensichtlich wohl im Stroh, bei Kontrollen in den Futterkörben «wusle» es, und nach rund vier Monaten sei so ein Korb leergefressen und könne wieder frisch befüllt werden, sagt Baur.
Schrittweise zum Erfolg
Nach einigen Versuchen haben stabile, aus Stahl konstruierte, wieder befüllbare Futterkörbe mit einer Maschenweite von zwei bis drei Zentimeter die besten Resultate gebracht. Experimente mit Jute- oder Kartoffelsäcken waren hingegen deutlich weniger erfolgreich, doch noch immer sind die Fischer am Experimentieren. Wichtiger aber als die Maschenweite oder das Material sei der Standort, betont Baur. So braucht es erstens genügend Strömung und zweitens eine ausreichende Wassertiefe, damit der Korb möglichst ganzjährig vollständig unter Wasser ist. Die Körbe, die Stefan Baur in Zusammenarbeit mit den Gartenbauern der Firma Lehnert AG in Wöschnau herstellt, haben eine genug grosse Maschenweite, damit sich im Innenraum auch Jungfische einfinden können. Diese nehmen die willkommene Futterquelle instinktiv an, so finde man Jungforellen, Groppen und andere kleinere Fische, aber auch Libellenlarven und räuberische Köcherfliegenlarven direkt in den Futterkörben; selbst die in der Bünz eingesetzten Junglachse bedienten sich am reichhaltigen Buffet der Makrozoobentos. Zudem sind die Körbe für die kleinen Fische ein optimaler Versteckplatz vor Prädatoren jeglicher Art. Der Zuwachs an Nährtieren bleibt auch nicht auf die unmittelbare Umgebung der Körbe beschränkt. Futtertiere werden immer wieder mit der Strömung verfrachtet und bilden eine willkommene Nahrungsquelle für die weiter abwärts stehenden Forellen.
Ertragsverdoppelung möglich
Stefan Baur ist noch immer erstaunt, wie durchschlagend erfolgreich das Futterkorb-Konzept ist. «Dass dank den Körben eine Verdoppelung der Forellenerträge möglich ist, hätten wir anfänglich nicht für möglich gehalten. Mittlerweile können wir dies bei sachgemässer Einbringung der Körbe garantieren.» Wie genau die Körbe verankert werden und welche Korbgrösse gewählt werden soll, und in welchen Abständen an welchen Stellen die Körbe schliesslich platziert werden, ist von Gewässer zu Gewässer unterschiedlich. «Wenn Sauerstoff, Futter und Unterstände ausreichend vorhanden sind, sind auch heute im Mittelland noch gute Bachforellenbestände möglich», ist Baur überzeugt und verweist auf die aargauischen Gewässer, in welchen er Pachtmitglied ist.
Info
Stefan Baur bietet die Futterkörbe zum Verkauf an und hilft gerne bei der Beratung und Umsetzung. Interessierte Vereine oder Pächter können sich bei ihm telefonisch oder per Mail melden: stefanbaur@gmx.ch, 079 404 24 62.
Weitere Informationen zum Thema Makrozoobenthos und Futterkörbe finden sich im neu erschienenen «Das grosse Revitalisierungsbuch» von Roland Herrigel.
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