Eine Frage der Tiefe
18 | 12 | 2012 PraxisText: Daniel Luther 15641
18 | 12 | 2012 Praxis
Text: Daniel Luther 1 5641

Eine Frage der Tiefe

Erfolgreiches Schleppfischen auf Seeforellen ist von vielen Faktoren abhängig, nicht zuletzt von Zufall und Glück. Doch die Verteilung der Fänge zeigt, dass die erfahrenen Kapitäne einige Dinge «irgendwie» besser im Griff haben. Dazu gehört eindeutig die Lauftiefe ihrer Köder. Daniel Luther erklärt, wie Sie die fängige Tiefe für Ihre Schleppköder finden.

Sie haben natürlich recht! Nur ein Köder im Wasser fängt! Doch ein Raubfisch muss unseren Köder zuerst einmal wahrnehmen, um überhaupt darauf reagieren zu können.

In einem Bach oder einem flachen Weiher ist das nur bei trübem Wasser eine Herausforderung. Unser Täuschungsversuch ist mehr oder weniger unübersehbar!

Je grösser und tiefer das Gewässer, desto anspruchsvoller wird die Aufgabe. Nicht zuletzt, weil auch für Seebewohner die ökologische Grundregel gilt: 80 Prozent der Lebewesen konzentrieren sich auf 20 Prozent des Lebensraums.


Die Kunst der Suche

Selbst eine effiziente Suchstrategie wie das Schleppfischen mit dem Seehund, bei der man über ein Dutzend Köder gleichzeitig in unterschiedlichen Tiefen anbieten kann, garantiert keinen Fangerfolg, wenn man nicht genügend Information über das aktuelle Verhalten seiner Zielfische hat oder es nicht schafft diese Information mit seinen fischereilichen Möglichkeiten erfolgreich zu nützen.

Im Gegensatz zur Hegenenfischerei auf Egli und Felchen, wo man seine anvisierte Beute mit dem Echolot aufspüren kann, ist man beim Seeforellenschleppen entweder auf ein verlässliches Netzwerk von erfolgreichen und ehrlichen Schleppkollegen angewiesen oder man muss lernen die Fische selber systematisch zu suchen.

Erinnern wir uns an eine uralte Fischerweisheit. Fische sind Opportunisten. Sie bewegen sich nur so viel wie nötig und halten sich dort auf, wo sie sich sicher fühlen und ausreichend Nahrung finden.


Aus Seeforellensicht

Am aktivsten ist die Seeforelle bei Wassertemperaturen zwischen 5 und 15 Grad. Sie jagt mit Vorliebe Schwarmfische bis etwa 25 Zentimeter Länge, insbesondere kranke und verletzte Exemplare, denn das ist einfacher. Als Jäger mit lichtstarken Augen nutzt sie bewusst Bedingungen, die es für ihre Beute schwer machen ihren Fressfeind rechtzeitig vor einer Attacke zu entdecken.

Zu ihrer eigenen Sicherheit wagt sich die Seeforelle nur an die Oberfläche oder in flaches Wasser, wenn sie sich sicher fühlt. Das ist nachts und in der Dämmerung der Fall oder wenn Wind und Wellen das Wasser in Bewegung bringen oder es sogar eintrüben.

Zusammengefasst: Seeforellen suchen aktiv jene «Komfortzone», wo ihnen Temperatur, Sauerstoffgehalt, Lichtintensität und Futterangebot am besten zusagen und sie sich sicher fühlen. Noch eine kleine Hürde: Wie stark sich diese Faktoren im Einzelfall auswirken, hängt immer auch vom Stoffwechsel des Fischs ab. Ist die Forelle beispielsweise sehr hungrig, wird sie ihre «Komfortzone» auch für längere Zeit verlassen und beispielsweise in wärmeres Wasser vordringen, wenn dort dafür das Beuteangebot deutlich besser ist.

Der Faktor Tiefe

Es gibt zwar Tage, da sind die Räuber aggressiv und die Sicht so gut, dass jeder halbwegs attraktiv laufende Köder bemerkt wird und Bisse bringt. Viel häufiger ist allerdings der Wirkungsradius unseres Köders mehr oder weniger stark eingeschränkt.

Die Seeforelle jagt oft aus der Bewegung heraus. Sie patrouilliert entlang interessanter Gebiete und beobachtet ihre Beutefische von unten. Wenn immer möglich nutzt sie dafür die Übergangszone als Tarnung. Das ist jene Zone, wo die Helligkeit des ins Wasser eindringenden Sonnenlichts rasch abnimmt.

Die Klarheit des Wassers und die Helligkeit des einfallenden Lichts beeinflussen wie weit und genau das Seeforellenauge sieht. Unter optimalen Verhältnissen registriert das Gehirn des Räubers Beutesignale aus bis zu 30 Meter Distanz. In solchen Fällen spielt die Lauftiefe verständlicherweise keine grosse Rolle, es sei denn man fischt zu tief.

Sobald das Licht der Sonne aber schwächer wird (Tageszeit, Bewölkung) und das Wasser an Durchsichtigkeit einbüsst, (Trübung, Wellen) verringert sich die Reichweite der Augen rasch auf wenige Meter. Auch wichtig zu wissen: Eine unruhige Wasseroberfläche verringert die Helligkeit darunter, weil das Licht in diversen Winkeln reflektiert wird – ideale Voraussetzungen für die Jagd der Seeforelle. Schleppfischer wissen daher, dass sie bei Wellengang eher mit einem Seeforellenbiss rechnen dürfen.

Es ist klar, dass bei schlechteren Sichtverhältnissen die Tiefe des Köders viel genauer mit der bevorzugten Tiefe des Räubers übereinstimmen muss, weil dieser sonst das Angebot gar nicht erst zu sehen bekommt. Je trüber das Wasser und je schwächer das Licht, desto wichtiger wird die richtige Tiefe.


Was hat Einfluss auf die Schlepptiefe?

Es gibt also Situationen, wo die fängige Tiefe zu einer fast schon hoffnungslos engen Schicht zusammenschrumpft. Wollen wir diesen Bereich finden und gezielt befischen, folgt die nächste Herausforderung. Wie schaffen wir es unsere Köder dort anzubieten?

Wie tief ein Köder läuft, hat vor allem mit physikalischen Gesetzen zu tun, mit Kräften, Reibung, Gewichten und Dichten. Aber keine Angst, man kann auch Forellen fangen ohne Formelbuch. Betrachten wir die entscheidenden Grössen also möglichst praktisch:

Geschwindigkeit

Die Schleppgeschwindigkeit hat einen grossen Einfluss auf die Lauftiefe des Köders. Je schneller man fährt, desto näher an der Oberfläche bewegt er sich. Grundsätzlich schleppt man auf Seeforellen mit drei bis sechs Kilometer pro Stunde. Die meisten Schleppköder laufen aber nur fängig in einem deutlich engeren Bereich. Daher ist es in der Regel so, dass man sich auf eine bestimmte Geschwindigkeit festlegt (z. B. 4 km/h) und diese versucht den ganzen Schlepptag über zu halten.

Schnur

Je länger und dünner die Schnur, desto tiefer läuft der Köder. Diese Faustregel stimmt nur bis zu einer Schnurlänge von etwa 50 Meter. Darüber wird der Wasserwiderstand der Schnur immer wichtiger und es entsteht Auftrieb. Auf jeden Fall lohnt es sich zu Beginn der Saison einheitliche Zügellängen und -dicken festzulegen, um gezielt Erfahrungen zu sammeln.

Fischt man mit der Rute, sollte man die Schnur, auch um Verwicklungen zu verhindern, bei ausgeschalteter Rücklaufsperre mit Rückwärtskurbeln ausbringen. Anhand der Anzahl Kurbelumdrehungen kann man dabei die Schnurlänge bestimmen. Hierzu ein Rechenbeispiel: Bei einem 4000er-Rollenmodell (Fassungsvermögen: 180 Meter 0,30er-Monofil) werden bei einer Kurbelumdrehung etwa 80 Zentimeter auf- bzw. abgespult. Als braucht es 50 Umdrehungen, um den Köder 40 Meter weit rauszulassen.

Köder

Gewicht, Fläche und Form sind die drei wichtigen Grössen in Bezug auf die Lauftiefe eines Schlepplöffels. Der grösste Einfluss hat das Gewicht – je schwerer desto tiefer läuft er. Bei der Fläche gilt: Ein schmales Modell wie z. B. der Möresilda sinkt tiefer als ein breiter Löffel wie der DAM Effzett.

Einen weiteren Einfluss hat die Löffelform: Stark gebogene Bleche haben ein ausladendes Spiel und laufen höher. Modelle mit wenig Krümmung schwänzeln dagegen nur ein wenig und laufen tiefer. Bei Wobblern und Köderfischsystemen beeinflusst vor allem die Fläche und Neigung der Tauchschaufel, wie tief der Köder läuft.

Beschwerung

Wie stark der Einfluss einer zusätzlichen Beschwerung ist, hängt ab vom Gewicht, der Form und der Positionierung (siehe Grafik). Für Bereiche unterhalb von zwanzig Metern stösst diese Methode an ihre Grenzen. Dafür braucht es schnell einmal Bleigewichte von 500 Gramm und mehr. Für das systematische Schleppen in der Tiefe sind Tiefsee-Schleike, Unterwasserhund oder Downrigger die deutlich praktischere Lösung.

In der Regel sollte das Gewicht nicht näher als fünf Meter vor dem Köder befestigt sein, um den Lauf nicht zu beeinträchtigen oder die Fische zu vergrämen. Viele Schleppfischer montieren prinzipiell ein leichtes «Putzblei», das feines Treibgut abfängt und den Köder recht effektiv abschirmt.


Die Herausforderung annehmen

Angesichts der vielfach verknüpften Zusammenhänge könnte man etwas den Mut verlieren. Der gekonnte Umgang mit dem Faktor Schlepptiefe ist zweifellos anspruchsvoll. Er verlangt Erfahrung und Geschick. Etwas Systematik und gute Notizen helfen auf diesem Weg. Dafür gibt es mit der innovativen TrollingPro-App von Indilure neuerdings sogar digitale Unterstützung.

 

1 Kommentare


Zachi

25 | 01 | 2021

Also das ist jetzt mal ein richtig guter und auch für Anfänger im Seeforellenfischen verständlicher Text!
Natürlich braucht es auch einen Haufen an Glück, das man beim Fischen - insbesondere auf die großen Seeforellen - immer haben muss, aber es wird klar auf, wie man die elementarsten Fehler vermeiden kann. Daumen hoch !!!!!!!!


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