28 | 08 | 2014 | Diverses | 0 | 5089 |
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Die Fischerausbildung in der Schweiz ab 2015
Lange wurde insbesondere von Tierschutzorganisationen gefordert, dass das Verhalten der Fischer beim Umgang mit Fischen verbessert werden müsste. Diese Forderung wurde 2006 in der Revision des Bundesgesetzes über die Fischerei aufgenommen und seit dem Jahr 2009 müssen alle Fischer, die ein Patent erwerben wollen, über eine Grundausbildung und den sogenannten Sachkunde-Nachweis (SaNa) Fischerei verfügen.
Die gute Zusammenarbeit zwischen Behörden, Fischereiverbänden und Lernmittel-produzenten machte es möglich, innerhalb von nur zwei Jahren eine schweizweit anerkannte Ausbildung auf die Beine zu stellen. Bund, Kantone, SFV und «Petri-Heil» schlossen sich im Netzwerk Anglerausbildung zusammen, welchem die Ausweiserstellung für die gesamte Schweiz übertragen wurde.
Insgesamt wurden seit der Einführung der Ausbildungspflicht im Jahr 2009 vom Netzwerk Anglerausbildung bereits 105 000 SaNa-Ausweise ausgestellt.
Der Blick in die Statistik ist interessant:
- Das erste Jahr war geprägt von einer grossen Anzahl ausgestellter Übergangslösungen (rund 40 000). Dies waren Angler, die in den Jahren zuvor bereits ein Langzeitpatent erworben hatten und sich somit über genügend Kenntnisse ausweisen konnten.
- In den darauf folgenden «Normaljahren» wurden seither jährlich zwischen 8000 und 9000 Ausweise ausgestellt.
- Die grosse Arbeitsbelastung auf der Geschäftsstelle ist saisonbedingt immer im Frühling, vor Beginn der Fischerei, wenn ein Grossteil der neuen Patentbezüger ihren Ausweis erlangen möchte.
- Erfreulich ist auch die Zunahme der Fischerinnen. Prozentual hat sich ihr Anteil seit Einführung der Ausbildung bereits verdoppelt.
- Interessant auch der Blick auf das Lernmittel, das als Grundlage für die Kurse und die anschliessende Erfolgskontrolle verwendet wird. Erstaunlicherweise wählt die Mehrheit der Fischer für die Ausbildung freiwillig das anspruchsvollere Schweizer Sportfischer Brevet und nicht etwa die einfachere Lösung mit der SaNa-Standard-Broschüre. Fischer sind somit alles andere als Minimalisten.
Föderalismus – auch in der Anglerausbildung
Für die Fischerausbildung in der Schweiz sind grundsätzlich die Kantone zuständig. Als Basis für eine einheitliche Ausbildung in der Schweiz hatte der Bund mit der Einführung der Ausbildungspflicht selber ein eigenes Lernmittel, die SaNa-Broschüre (blaues Büchlein), geschaffen. Diese orientiert sich an den minimalen gesetzlichen Vorgaben.
Gesamtschweizerisch betrachtet bietet die SaNa-Ausbildung heute leider ein relativ uneinheitliches Bild. Dies führt zu einem unbefriedigenden Zustand bei den kantonalen Fachstellen, den Fischern und letztendlich auch beim Netzwerk Anglerausbildung.
In vielen Kantonen dient die SaNa-Broschüre des Bunds als Grundlage für die Anglerausbildung. Einige Kantone verlangen für ihre Angelfischer aber eine über diesen Standard hinausgehende Ausbildung und Prüfung. Deren Ausbildungsunterlagen basieren auf eigenen Lernmitteln (GR, TI, SH) oder auf den Unterlagen privater Anbieter (Schweizer Sportfischer Brevet, IG DNF), welche wiederum teilweise durch spezifische «kantonale Teile» (AG, ZH) ergänzt werden. Die Situation betreffend Ausbildungsniveau ist in der Schweiz damit unübersichtlich und verwirrend. Die anfänglich gut funktionierende, automatische gegenseitige Anerkennung ist aufgrund dieser Unterschiede nur noch teilweise gewährleistet und wird von einigen Kantonen in Frage gestellt.
Weitere Folgen der uneinheitlichen Ausbildung sind ein zusätzlicher administrativer Aufwand für die Geschäftsstelle des Netzwerks (unterschiedliche Prüfungen, Korrekturen). Aber auch die fehlende gegenseitige Anerkennung, oder Anerkennungsvorbehalte, seitens der Patentausgabestellen im In- wie auch im Ausland. So wird die Übergangslösung (gesamtschweizerisch bis heute immerhin fast 50 000 Ausweise) bereits heute von den Kantonen AG, FR, LU, NW, SH, TI und ZG für Gastfischer nicht mehr akzeptiert.
Harmonisierung der Ausbildung ab 2015
Der Lenkungsausschuss des Netzwerks Anglerausbildung hat aufgrund der oben beschriebenen Anzeichen beschlossen, das Ausbildungsniveau gesamtschweizerisch wieder zu harmonisieren, um so die gegenseitige Anerkennung langfristig sicherzustellen. Für die Umsetzung bedeutete dies konkret, dass einheitliche Lernziele als Standard festgelegt werden mussten. Dieser Standard soll dann von allen Kantonen akzeptiert werden. In gemeinsamen Workshops mit interessierten Organisationen und Verbänden wurden die erforderlichen Lernziele und die Rahmenbedingungen für die Ausbildungskurse erarbeitet. Das von der Jagd- und Fischereidirektorenkonferenz (JFK) akzeptierte Resultat dieser Arbeiten ist, dass nun ab 2015 alle Kurse bzw. Erfolgskontrollen auf dem Niveau des Schweizer Sportfischer Brevets durchgeführt werden.
Die blaue SaNa-Broschüre verschwindet
Die Harmonisierung wurde aber nicht zum Anlass genommen, heimlich das Niveau der Ausbildung zu erhöhen. Es ist gelungen, Kantone mit einer Minimalausbildung zum Wechsel auf das verbesserte Lernmittel zu bewegen. Es wird somit einzig die Ausbildung auf der Basis der einfachen SaNa-Broschüre eliminiert.
Als Folge dieser Entwicklung haben der Bund und der Lenkungsausschuss beschlossen, die Produktion der SaNa-Broschüre, die den neuen Kursanforderungen nicht mehr genügt, aufzugeben. Der Verkauf dieser Broschüre wird im September dieses Jahres eingestellt, die entsprechende Erfolgskontrolle kann mit einer Übergangsfrist bis Ende Dezember 2014 gemacht werden. Das Netzwerk hat zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht die Absicht ein eigenes Lernmittel herzustellen.
Die neuen (obligatorischen) Lernmittel für die Kurse werden von privaten Anbietern (zum jetzigen Zeitpunkt sind dies Schweizer Sportfischer Brevet und IG DNF) oder den Kantonen produziert und angeboten. Die Vorgaben bezüglich Kursanforderungen, Lernmittel, Fragenkatalog und Erfolgskontrolle gelten auch für Kantone mit eigenständigen Lösungen, sofern sie einen schweizweit anerkannten Ausweis des Netzwerks Anglerausbildung anbieten wollen.
Bis zum heutigen Zeitpunkt haben die folgenden Lernmittel bereits die Zulassung für die Ausbildung mit dem neuen Standard ab Januar 2015:
- Schweizer Sportfischer Brevet, deutsch, 20. Auflage
- Schweizer Sportfischer Brevet, französisch, 3. Auflage
Mehr Praxis dank längerer Kursdauer
Ergebnis der neuen Ausrichtung der Ausbildung soll sein, dass die Kursteilnehmer ein breiteres Grundwissen erlangen. Erreicht werden kann dies dadurch, dass dank der etwas längeren Kursdauer (gesetzliche Minimalvorgabe neu fünf Stunden, bisher drei) mehr Zeit für eine praxisnahe Ausbildung zur Verfügung steht. Praxis heisst in Zusammenhang mit SaNa aber nicht etwa fischereiliche Praxis wie Wurftechnik oder dergleichen, sondern Praxis im Umgang mit dem Fisch. Das tierschutzgerechte Behändigen, das allfällige Töten des Fischs nach dem Fang und auch die Verwertung werden praktisch vermittelt. Auch Themen wie Ökologie, Gewässerschutz und Nutzungskonflikte erhalten in der neuen Kursform mehr Gewicht.
Erfolgskontrolle neu direkt online möglich
Die Erfolgskontrolle soll, trotz oder gerade wegen des besseren Kursniveaus, vereinfacht werden. Im Mittelpunkt der neuen Ausbildung steht die Vermittlung des Grundwissens im Rahmen eines interessanten Kurses und nicht eine erschwerte Prüfung zum Kursabschluss. Der Fragenkatalog ist auch nicht mehr wie bisher Bestandteil des Lernmittels und er wird neu schweizweit einheitlich sein, getreu dem Motto «gleiche Fragen für gleichen Ausweis». Auch sollen die Fragen sprachlich vereinfacht werden, damit sie in jedem Fall klar verständlich sind (keine Fangfragen).
Die digitalen Medien halten auch in der Anglerausbildung Einzug. Ab 2015 wird es möglich sein, am Ende des Kurses die Erfolgskontrolle direkt online zu absolvieren. Voraussetzung ist der Besitz eines entsprechenden Geräts. Wenn eine Internetverbindung über WLAN oder das Telefon besteht, kann die Erfolgskontrolle online abgelegt werden, das Ergebnis liegt unmittelbar nach Abschluss vor. Der Ausweis wird selbstverständlich nach wie vor von der Geschäftsstelle ausgestellt.
Optimismus für den Start
Es bleibt noch viel zu tun, bis die neue Ausbildung umgesetzt ist. Die neuen Kurse sollen praxisorientierter sein. Dazu wird einiges Material, das den rund 250 SaNa-Instruktoren vom Netzwerk Anglerausbildung zur Verfügung gestellt wird, neu erarbeitet. Aber auch die Instruktoren müssen sich für das neue System vorbereiten. Sie müssen im Herbst einen der angebotenen obligatorischen Weiterbildungskurse besuchen.
Die KursteilnehmerInnen, also die zukünftigen Fischer, sollen die Nutzniesser der Anpassung sein. Sie erhalten mit dem neuen System eine fundierte Ausbildung, die den Einstieg ins Hobby leichter macht.
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