Bergseen – Es taut!
30 | 05 | 2023 Schweiz | PraxisText & Fotos: Nick Hagenbuch 02468
30 | 05 | 2023 Schweiz | Praxis
Text & Fotos: Nick Hagenbuch 0 2468

Bergseen – Es taut!

So langsam aber sicher schwindet der Schnee auch in höheren Lagen und das Eis auf den Bergseen beginnt zu schmelzen. Bevor dieses ganz verschwunden ist, kann sich ein Besuch in den Alpen besonders lohnen! 


Während an einigen Bergseen die Fischereisaison schon begonnen hat, steht diese in anderen Kantonen kurz bevor. So langsam aber sicher wird es also Zeit, die Montagen für die Fischerei am Bergsee wieder aus dem Keller hervorzuholen. Viele Fischerinnen und Fischer starten allerdings erst in die Bergsee-Saison, wenn der Hochsommer auch in den Bergen Einzug gehalten hat – den Start etwas vorzuschieben kann aber einige Vorteile mit sich bringen.

 Ein «Eisrand-Saibling» aus dem Murgsee.

Ein «Eisrand-Saibling» aus dem Murgsee.


Die Salmoniden haben Hunger

Das Fischleben in einem hochalpinen Bergsee stelle ich mir nicht einfach vor: Oftmals wenig Nahrung und dann noch ein halbes Jahr lang absolute Dunkelheit, wenn der gesamte See von einer Eisdecke überzogen ist. Während bei uns Menschen nach dem überstandenen Winter biologisch bedingt Frühlings­gefühle aufkeimen, muss dies bei den Fischen im Bergsee ähnlich sein – endlich wieder Licht! Obs nun daran liegt oder andere Gründe zum Tragen kommen, auf jeden Fall habe ich die Erfahrung gemacht, dass die Fische mit einsetzender Eisschmelze hungrig sind. Sehr hungrig. Oftmals genügt es, wenn nur eine ganz kleine Fläche des Sees eisfrei ist, um Biss auf Biss zu bekommen. 

 Das Eis beginnt zu bröckeln. Bevor es ganz weg ist, sind die Fangaussichten besonders gut.

Das Eis beginnt zu bröckeln. Bevor es ganz weg ist, sind die Fangaussichten besonders gut.


Bergseefischen wie im Lotto

Wenn man gezielt an Bergseen fischen möchte, bei denen die Eisschmelze gerade begonnen hat, ist dies ein wenig wie Lotto spielen: Manchmal hat man Glück, manchmal Pech. Ich habe auch schon die Wanderschuhe geschnürt, bin 500 Höhenmeter zu einem See aufgestiegen, um enttäuscht festzustellen, dass dieser noch komplett mit Eis bedeckt ist. Das Gute jedoch ist, dass das Eis an den Uferregionen zuerst zu schmelzen beginnt. Wenn die Eisschmelze also an einem See begonnen hat, kann man auch fischen. Und in diesem Fall können wahre Sternstunden auf Herrn und Frau Fischer warten. Es gilt also, den richtigen Zeitpunkt zu erwischen. Denn oftmals dauert die Phase, wo erst die Uferregionen eisfrei sind bis hin zum komplett eisfreien Bergsee, nur wenige Tage. Dies ist natürlich auch abhängig von der Grösse des Sees und den klimatischen Bedingungen während dieser Zeitspanne. 

 Meinen grössten Namaycush konnte ich unter einer Eisscholle im Tannensee überlisten.

Meinen grössten Namaycush konnte ich unter einer Eisscholle im Tannensee überlisten.


Webcams und Instagram als Hilfsmittel

Im Zeitalter der Digitalisierung gibt es einige Tools, die einem bei der Suche nach tauenden Bergseen helfen können. Gefühlt auf jedem zweiten Gipfel hängt heutzutage eine Webcam – wieso also nicht im Internet schauen, ob diese den gewünschten See einfängt? Oder dann postet natürlich jeder Radfahrer, Wanderer, Autoliebhaber oder Sonntagsausflügler seinen Abstecher zu allen möglichen Orten auf Social Media – vielleicht waren er oder sie ja auch bei Deinem gewünschten Gewässer? Dann einfach dem Hashtag oder Standort des Gewässers auf Instagram folgen und schon kriegt man regelmässig Fotos in seinen Feed geliefert, die einen über die aktuelle Situation vor Ort informieren. Oftmals hilft natürlich aber auch alle Technik nichts, dann bleibt nur noch der Old School-Weg: selbst losmarschieren und hoffen. 

 Nur wenige Würfe nach meinem 65er-Namycush biss ein zweiter dieser Grösse auf Olivias Köder.

Nur wenige Würfe nach meinem 65er-Namycush biss ein zweiter dieser Grösse auf Olivias Köder.


Alle Köder führen zum Erfolg

Ein weiterer Vorteil beim Fischen an einem halb gefrorenen Bergsee: Die Fische haben noch nicht viele Köder gesehen und sind derzeit nicht so misstrauisch wie vielleicht später im Jahr. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es so ziemlich egal ist, was man für einen Köder ins Wasser wirft. Wichtiger scheint mir, dass der Fischer und die Fischerin selbst Vertrauen in den Köder haben. Dann beisst früher oder später auch eine Forelle, ein Namaycush oder ein Saibling. Wenn schon etwas mehr vom See offen ist, fische­ ich in der Regel direkt unter den Eiskanten. Dies erfordert ein einigermassen gutes Wurfgefühl: Ein zu weit geworfener Löffel mit Dreifachhaken ist nur schwer wieder aus der Eisscholle herauszuoperieren. Dafür wird man für das Risiko oftmals mit schönen Fischen belohnt: Meine zwei grössten Namaycush konnte ich genau unter der Kante im Schatten des Eises fangen. 

 Fast wie in Grönland: Eisschollen machen das Fischen zum speziellen Erlebnis.

Fast wie in Grönland: Eisschollen machen das Fischen zum speziellen Erlebnis.


2800 Meter ist nicht gleich 1800 Meter

Natürlich gilt es für diese Art der Fischerei, die Höhe der Bergseen miteinzukalkulieren. Es bringt nichts, Ende Mai an einen Bergsee zu wandern, der auf 2800 Metern über Meer liegt. Denn dieser wird ganz sicher noch komplett mit Eis bedeckt sein. Andersherum kann man aber auch gezielt diese Form der Bergseefischerei über längere Zeit ausüben: Ende Mai kann man sich auf tiefer gelegene Seen konzentrieren und wenn diese dann komplett eisfrei sind, auf höher gelegene Seen ausweichen. Theoretisch könnte man so also von Mai bis Juli an teilweise mit Eis überzogenen Bergseen fischen. Man muss die Seen nur finden!

 Idyllisches Zeltplätzchen am halb gefrorenen Bergsee. Für die Kälte in der Nacht wurde ich mit einigen schönen Regenbogenforellen belohnt.

Idyllisches Zeltplätzchen am halb gefrorenen Bergsee. Für die Kälte in der Nacht wurde ich mit einigen schönen Regenbogenforellen belohnt.


Achtung vor Gefahren

Wenn die Bergseen noch zum Teil mit Eis bedeckt sind, liegt in der Regel auch noch  Schnee in der Nähe; Wanderwege können noch mit Schnee bedeckt sein. Dies bringt auch einige Gefahren mit sich, die es zu beachten gilt: Nebst der Gefahr des Ausrutschens kann es auch vorkommen, dass man durch eine Schneedecke einbricht. Deshalb am besten nie allein losgehen, gutes Schuhwerk tragen und immer mit Stöcken wandern, die einem über Schneefelder helfen können. Wenn man sich nicht wohl fühlt, sollte man auf sein Gefühl hören und umkehren. Am Bergsee selbst ist besondere Vorsicht an jenen Uferregionen geboten, wo Schnee und Eis noch in den See ragen. Der Uferrand kann oftmals nicht klar erkannt werden und somit besteht auch hier die Gefahr des Einbrechens. Um ein unfreiwilliges Bad im sehr kalten Nass zu vermeiden, sollte man also nie exakt auf der Uferkante unterwegs sein. 

 

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