Light Metal – Seeforellen mit Blechlöffeln
15 | 01 | 2018 PraxisText & Fotos: Peter Schenk 05598
15 | 01 | 2018 Praxis
Text & Fotos: Peter Schenk 0 5598

Light Metal – Seeforellen mit Blechlöffeln

Eine garstige April-Bise wühlt den See auf. Unser Schleppboot kämpft sich, vom Autopiloten gesteuert, durch die eiskalten Wogen. Auf der Steuerbordseite bieten wir Köderfisch-Systeme an, backbordseitig kommen leichte Blechlöffel in diversen Farben zum Einsatz. Welche Köder werden wohl den Biss bringen?

Kein anderes Boot ist zu sehen, wir haben den ganzen See für uns... Eine Stunde später verzeichnet mein Bootspartner einen Biss und kann eine kräftige 71er-Seeforelle zum Feumer dirigieren. Bald schon wiederholt sich das Schauspiel: eine fast 70 cm lange, makellose Forelle hat sich für den Löffel meines Kollegen interessiert. Meine Köderfische finden immer noch keinen Anklang... Als mein Mitangler den dritten Biss – einen heftigen Fehlbiss – verzeichnet, beginne ich die Systeme durch Löffel zu ersetzen. Und siehe da: Der Fischkontakt lässt nicht lange auf sich warten. Ich erbeute eine schöne 69er. Der Fall scheint klar: an diesem Tag ist Löffel Trumpf. Die Seeforellen lassen sich durch das verführerische Spiel des Metalls verleiten und Naturköder bleiben unbeachtet. Wir beenden diese Schlepptour mit sieben gelandeten Forellen, alle zwischen 65 und 76 Zentimeter lang. Bei entsprechenden Bedingungen können Blechlöffel richtig gut fangen!


Fängige Seeforellen-Löffel

Das Jahr 2015 werde ich als sehr gutes Seeforellen-Jahr in Erinnerung behalten! Zahlreiche schöne Fische liessen sich mit Blech überlisten. Was macht eigentlich einen Löffel für die Forellen so attraktiv? Wieso beissen sie auf diesen künstlichen Köder, der anders als ein Wobbler weder vom Erscheinungsbild noch von der Farbe eine natürliche Nahrung imitiert? Ein Seeforellenlöffel scheint durch seine extreme Reizwirkung den Beissreflex auszulösen. Löffel taumeln, flattern und blitzen unregelmässig auf, sie funkeln mit ihrem Dekor und produzieren deutliche Druckwellen. Genau das Richtige für kaltes Wasser! Wirklich gute Erfahrungen habe ich persönlich mit folgenden Modellen gemacht, welche eigentlich allesamt Köder für Lachse und Grossfische sind: Diamond King, Coyote, Pirate, Indilure und Kuusamo Professor. In der Original-Version sind dies alles bewährte Produkte, welche ich klar empfehlen kann. Jeder dieser Löffel hat wieder ein anderes Laufverhalten. Die dickblechigen Kuusamos taumeln langsam, die viel dünneren Diamond King, Coyotes und Pirates spielen einiges nervöser. Von diesen fünf Typen bewegen sich die Indilures am heftigsten. Sie können bei Bedarf sehr langsam geführt werden. Leider werden die Diamond Kings nicht mehr produziert. Mit etwas Glück findet man bei den Händlern noch Restbestände. Je nach Zielfischgrösse, Gewässer und Jahreszeit kommen Löffel mit 7-12 Zentimeter Blechlänge in Frage. Meine persönliche Vorliebe gilt den grösseren Modellen, welche auch eher die grossen Fische anziehen. Die erwähnte Marken-Palette ist nicht vollständig. Doch es muss festgehalten werden: Längst nicht jeder als Seeforellen-Köder verkaufte Löffel bringt Erfolg. Es wird wahrlich viel Schrott angeboten – teurer Schrott! Zahlreiche Modelle fangen Fischer, aber kaum Fische.


Farbenlehre

Schlepplöffel werden in einer riesigen Palette an Farben angeboten. Hier besteht ein reizvoller und kreativer Bereich dieses Köders. Eigentlich sind der Fantasie wenig Grenzen gesetzt, weil «neue» Farben in einem intensiv befischten Gewässer sogar oft besser genommen werden als traditionelle. Wer seinen See genau beobachtet weiss, dass die Wasserfarbe örtlich und zeitlich sehr veränderlich ist. Aber längst nicht jede Löffelfarbe passt zu jedem Wasser. Es gibt ein paar bewährte Grundregeln für Farben: Je kälter das Wasser, umso eher setze man auf Grau, Blau, Türkis, Pink, Violett, Silber und Nickel. Mit steigenden Wassertemperaturen kommen vermehrt Grün, Gelb, Rot, Messing und Gold zum Einsatz. Bei düsteren Lichtverhältnissen bringen Blau-Orange, Violett und Grautöne mehr Bisse. Auf Firetiger setze ich bei Sonnenschein. Ein paar phosphoreszierende Glow-Löffel sollten in der Sammlung auch nicht fehlen. Testen Sie vor dem Einsatz die Wirkung der Löffelfarbe im Wasser! Zur nicht eingefärbten Rückseite des Löffels ist Folgendes anzumerken: Nickel-, Kupfer- und Messingoberflächen sind kostengünstige Rohmaterialien. Versilberte oder vergoldete Varianten sind zwar teurer, aber unter Umständen auch fängiger.


Entscheidendes Tuning

Löffel werden in der Regel angelbereit verkauft. Meiner Meinung nach schenken die Hersteller guter Löffel dem Finish zu wenig Aufmerksamkeit und sparen unverständlicherweise bei Haken und Sprengringen. Die Firmen würden die Bleche besser ohne diese Komponenten verkaufen und die Schlussausstattung dem Kunden überlassen. Robuste Sprengringe und nadelscharfe, stabile Haken der optimalen Grösse sind matchentscheidend im Drill einer grossen Seekönigin! Auf die Frage, ob Einzelhaken oder Drillinge besser sind, habe ich folgende Antwort: Wir haben jahrelang beide Arten von Haken gründlich getestet und keine nenneswerten Unterschiede festgestellt. Wo Widerhaken an Drillingen untersagt sind, würde ich Einzelhaken bevorzugen.

 Löffel mit versilberter Rückseite bringen Silber... Besonders in den kalten Monaten sind Blechlöffel eine gute Wahl.

Löffel mit versilberter Rückseite bringen Silber... Besonders in den kalten Monaten sind Blechlöffel eine gute Wahl.

 Einzelhaken oder Drillinge haben grundsätzlich die gleichen Hakeigenschaften. Gehen häufig kleinere Forellen an den Haken, sind Drillinge die schonendere Variante. Bei dieser elfpfündigen Seekönigin greift der Haken perfekt im Maulwinkel.

Einzelhaken oder Drillinge haben grundsätzlich die gleichen Hakeigenschaften. Gehen häufig kleinere Forellen an den Haken, sind Drillinge die schonendere Variante. Bei dieser elfpfündigen Seekönigin greift der Haken perfekt im Maulwinkel.

 Diamond King» und «Pirate» sind dünnblechige und flink laufende Löffel.

Diamond King» und «Pirate» sind dünnblechige und flink laufende Löffel.

 «Indilure TK»-Löffel laufen quirliger und können auch langsam geschleppt werden. Glow-Löffel gehören ebenfalls in ein komplettes Sortiment.

«Indilure TK»-Löffel laufen quirliger und können auch langsam geschleppt werden. Glow-Löffel gehören ebenfalls in ein komplettes Sortiment.

 Der «Indilure RX» besticht durch sein perlmuttartiges Aussehen.

Der «Indilure RX» besticht durch sein perlmuttartiges Aussehen.

 Der dickblechige «Kuusamo Professor» taumelt langsam.

Der dickblechige «Kuusamo Professor» taumelt langsam.


Auf zur Schlepptour!

Seeforellenfischen mit Schlepplöffeln vereint diverse Vorteile: Löffel sind wesentlich kostengünstiger als Qualitätswobbler, stehen jederzeit zur Verfügung, laufen schon werkseitig vorbereitet problemlos und fangen – wenn richtig eingesetzt – Fische. Beim Einholen bieten sie wenig Wasserwiderstand – ein Pluspunkt bei häufigem Köderwechsel. Zudem sind sie viel «tempo-elastischer» als andere Köder. Wenn Perlmutterspangen eine eng begrenzte optimale Geschwindigkeitsspanne haben, spielen die Blechköder auch bei zu langsamer oder zu schneller Fahrt noch recht akzeptabel. Als anzustrebende Schleppgeschwindigkeit würde ich 3,5 Stundenkilometer empfehlen. Ob die Löffel letztendlich per Seehund, Rutenhund oder Downrigger dem Fisch präsentiert werden, ist eine Frage der individuellen Vorliebe. Das Hauptthema beim Seeforellenfischen ist die Suche der Fische. Als Einzelgängerin durchstreift sie die Weiten des Sees auf der Suche nach Futterfischen und kann jederzeit überall und nirgends sein... Diese Tatsache gilt nicht nur für die Koordinaten der horizontalen Ebene sondern auch für die Vertikale. Ich habe Seeforellen in jedem Monat des Jahrs an der Seeoberfläche wahrgenommen. Eine Stunde später kann derselbe Fisch auch wieder in 40 oder 60 Meter Wassertiefe unterwegs sein. Unsere Löffel müssen dementsprechend am richtigen Ort angeboten werden! Ein anderes grosses Thema bei den Seeforellen können Fehlbisse und Aussteiger sein. Gerade kapitale Exemplare nähern sich einem Kunstköder in aller Regel mit Skepsis und schwimmen dem Köder bisweilen minutenlang hinterher, um ihn zu inspizieren und sachte anzustupsen. Testfahrten mit Unterwasserkameras belegen diese Tatsache eindeutig. Entsprechend vorsichtig können die Bisse ausfallen. Ein am Löffel gehakter Fisch hebelt sich bisweilen auch aus: Wenn die Forelle den Kopf hin und her schüttelt, baut der Löffel mit seiner Fläche entsprechenden Widerstand im Wasser auf. Besonders heikel wird es bei springenden Exemplaren, da die Kontrolle über die Leine nicht immer gelingt. Zwei Sprengringe zwischen Blech und Haken geschaltet und ein konstanter, wohldosierter Zug im Drill können Verluste vermeiden. Wenn die Forellen zaghaft beissen sind diejenigen Präsentationsmethoden klar im Vorteil, welche gehakte Fische von Anfang an mit einer Rute drillen lassen.


Hege und Schutz

Die Blechlöffel-Saison beginnt ab Eröffnungstermin und verläuft bis in den April. Später im Jahr fängt man mit anderen Ködern besser. Allerdings sind im kalten Wasser Anfangs Saison gerade die kleinen Schwebforellen in Oberflächennähe unterwegs. Sie sind gierig und gehen von Dezember bis März recht häufig an den Haken. In bestimmten Gewässern attackieren sie selbst grosse Löffel. Für untermassige Fische können Einzelhaken problematisch sein, da diese gerne die Augen verletzen. Dann lieber mit Drillingen fischen! Es ist ein Fehlmanagement, bei einer potenziell gefährdeten Fischart wie der Seeforelle, die Mindestmasse derart tief unter der Erstlaichgrösse anzusetzen. Das rasche Wachstum der Seeforellen würde die 40-50 Zentimeter-Fische schnell in einen Bereich bringen, wo sie als Erstlaicher für Nachwuchs sorgen könnten. Dann wären sie auch für uns Fischer attraktiver. Es wäre weise, auf Schlepptouren gänzlich zu verzichten, wenn die jungen Lacustris gehäuft beissen. Der Kanton Bern zum Beispiel gewährt den Seeforellen eine mustergültig lange Schonzeit, was sich vorteilhaft auf den Bestand auswirkt. Es wäre zu begrüssen, wenn andere Kantone dasselbe täten. Einen besonders nachhaltigen Effekt hätte die Verschiebung der Eröffnung nach hinten: Die wertvollen Jungfische würden geschont und die abgelaichten und kulinarisch uninteressanten «Kelts» hätten mehr Zeit für die Erholung. Ich plädiere für einen wirklich nachhaltigen Umgang mit dieser wunderbaren Fischart, so dass wir uns auch in Zukunft an der edlen Seekönigin erfreuen können.

 

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