Namaycush 104 cm | 12.1 Kilo

Basil Leutert aus Zürich

ArtNamaycush
FanggewässerEngstlensee
Länge104 cm
Gewicht12.1 kg
Fangdatum24.06.2020
Fangzeit

Bericht

Ich habe lange überlegt, ob ich diesen fantastischen Fang überhaupt melden soll. Zum einen aus Respekt vor den lokalen Anglern und ihrem Hausgewässer, zum anderen aus Rücksicht auf das Gewässer und die begrenzte Fischpopulation. Bei grossen Fängen ist die Neugierde über das Wo und Wie im Allgemeinen gross. Diese Geschichte ist kein Sommermärchen und dennoch eines. Obwohl mein Begleiter Dario und ich keine Fotos in Umlauf gebracht haben, machte der Fang dennoch rasch die Runde. Ist ja irgendwie auch logisch. Es war Toni Brunner, der bisherige Namaycush-Rekordhalter, der mich schliesslich überzeugte, den Fang zu veröffentlichen. Coronabedingt mussten Dario und ich unsere Pläne anpassen und so gab es statt der Mecklenburger Seenplatte zwei Tage Engstlensee. Am Mittwoch, den 24. Juni – übrigens mein Geburtstag – kamen wir um 19 Uhr beim Hotel Engstlenalp an. Nach einem kurzen Znacht wollten wir unbedingt noch ein paar Würfe vom Ufer aus machen. Also das Nötigste raus und los. Kurz vor acht erreichten wir unseren Spot. Das Ufer liegt hier etwas höher und der Grund des Sees fällt nach einigen Metern an einer Kante rasch ab. Ich montierte eine tote Elritze am Dropshot, dann Rollenbügel auf, Ziel anvisiert, erster Wurf. Nach etwa 20 Metern landete der Köder im spiegelglatten See, aufgrund der Absinkphase dürfte es dort sechs, sieben Meter tief sein; perfekt für die Abenddämmerung. Mit kleinen Sprüngen führe ich die tote Elritze dicht über Grund. Dazwischen baue ich kurze Pausen ein. Ich habe gerade mal knapp zehn Meter eingeholt und setze zum nächsten Hüpfer an, BAMM. Biss, und was für einer! Nach einem kurzen Anhieb gibt es erst mal konstanten Widerstand. Es folgen einige heftige Kopfstösse und der Fisch setzt zur ersten Flucht in die Tiefe an. Die Bremse surrt. Adrenalin pur. Nach der ersten, langen Flucht beginne ich, den Fisch langsam Richtung Ufer zu pumpen. Dazwischen immer wieder heftige Kopfstösse. Ich muss besonnen handeln. 0,12er-Daiwa-Geflochtene als Hauptschnur und 0,25 mm Fluorocarbon als Vorfach, und das auf einer 1000er-Stradic. Die Rute ist auch eher fürs Eglifischen mit Ultralight-Ködern ausgelegt. Kaum habe ich den Namaycush an die Kante gepumpt, folgt die nächste Flucht. Diesmal jagt er ins Freiwasser. Ssssssss…! Unglaublich wie viel Schnur der Fisch in wenigen Sekunden von der Rolle zieht. Irgendwann zeigt sich der Fisch ein erstes Mal an der Oberfläche. Die Schwanzflosse, bzw. das, was wir von ihr sehen können, ist riesig: «Uiuiui, din Feumer isch vill z’chli», ruft Dario. Vorsichtig dirigiere ich den Fisch in den flachen Uferabschnitt. Ein herbeigeeilter Fliegenfischer, versucht den Fisch zu feumern, doch vergeblich. Nur der Kopf und der Kiemenbogen passen ins Netz. Da packt er ihn beherzt am Kiemenbogen und hievt ihn nach acht Minuten Drill an Land! Wir jubeln beide über den ganzen See und wissen, dass dies wahrscheinlich der grösste Namaycush sein könnte, der in der Schweiz je gefangen wurde. Der Fisch ist einfach gigantisch. Kaum zu glauben, dass das feine Gerät mitgespielt hat, der Haken ist halb aufgebogen. Als ich ihn zum Wasser trage, um ihn für einige Fangfotos zu waschen, merke ich erst, wie schwer er ist. Wir beginnen zu messen: «Ein Meter sieben?» «Nein, eher ein Meter sechs.» Der schiefe Untergrund verunmöglicht ein genaues Messen, aber eines ist uns klar: Neuer Schweizer Rekord! «Wenn das dä Toni gseh wür», sagt Dario. Als hätte er ihn gerufen, kommt just in diesem Moment kein anderer als Toni Brunner selbst über den Hügel auf uns zugelaufen, seines Zeichens freiwilliger Fischereiaufseher und bis vor ein paar Minuten selbst Namaycush-Rekordhalter. Im Nachhinein denke ich oft, dass es einfach pures Glück war. Zur richtigen Zeit, mit dem richtigen Köder am richtigen Ort. Und dann gleich der Biss beim ersten Wurf. Dass es überhaupt gelang, den Fisch an solch feinem Gerät erfolgreich zu bändigen? Und das erst noch an meinem Geburtstag. Ein Riesengeschenk. Und wer gratulierte mir zum Fang? Kein anderer als Toni Brunner. Eigentlich klingt die ganze Geschichte wie ein Märchen. Mein ganz persönliches, reales Märchen. Damit es wahr werden konnte, haben einige Menschen dazu beigetragen. Mein grösster Dank geht an Dario, meinen guten Freund, Fischer, Helfer, Fotograf und Filmer. Ich freue mich schon auf viele weitere gemeinsame Angelabenteuer. Weiter möchte ich den beiden Berner Fischern danken. Allen voran dem Fliegenfischer und seinem beherzten Kiemengriff bei der Landung. Gros­ser Dank gebührt auch dem Personal des Hotels, das wegen uns einiges an Extra­aufwand in Kauf genommen hat. Und zuletzt: Danke, dass du angebissen hast, Traumfisch!

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